Satellite
Show on map
  • Day 66

    Flucht aus Tokyo

    October 16, 2019 in Japan ⋅ ☀️ 22 °C

    Wie heisst es so schön: das Leben ist das was passiert, während man Pläne macht. Und genau das ist uns passiert. Am Donnerstagabend hatten wir unser Hotel in Tokyo bis am Samstag verlängert und am Freitagmorgen kam die Hiobsbotschaft...

    Per Reise App, von Google Maps und von meiner Schwester noch per WhatsApp bekamen wir die Warnung vor dem mega Taifun „Hagibis“. Ohhh was für ein Sch**** und je länger wir uns informierten, desto schlimmer erschien es uns. Der Taifun sollte der schlimmste seit 60 Jahren werden und steuerte direkt auf Tokyo zu. Wir haben nicht lange gezögert und uns entschieden so schnell wie möglich nach Nagoya zu verschwinden, da dies die erste grössere Ortschaft ist, welche nicht in der Gefahrenzone lag. Das Hotel hat unsere Stornierung anstandslos entgegengenommen und wir mussten nicht einmal eine Gebühren bezahlen und so vergingen nicht einmal 2h bis wir, bereit zur Abfahrt, am Hauptbahnhof standen.

    Anscheinend hatten auch noch viele andere Touristen die gleiche Idee und so herrschte am Bahnhof bereits ein leicht panisches Chaos. Alle die zuerst noch ein Ticket kaufen mussten, mussten sich zuerst für mehr als eine Stunde in die Warteschlange stellen. Zum guten Glück hatten wir noch unseren Railway Pass und konnten einfach direkt zum Gleis gehen.

    In der zweistündigen Zugfahrt nach Nagoya haben wir uns ein Hotel für die nächsten Nächte rausgesucht und waren somit bereit den Taifun auszusitzen. Gleich bei der Ankunft im Hotel haben wir jedoch gemerkt, dass das Zimmer zwar top modern und sauber ist, aber auch so ringhörig, dass man von vor der Türe gehört hätte, wenn Alex sich am „Füdli“ gekratzt hätte. Daraufhin habe ich in der Lobby darum gebeten, unsere Buchung auf eine Nacht zu verkürzen, da ich viel zu laut sei und sie ansonsten nur Reklamationen von anderen Gästen erhalten würden. So hatten wir am Abend noch ein weiteres Hotel gebucht, bevor wir in einem tollen Running Sushi zu Abend gegessen haben.

    Der nächste Morgen kam dann so ganz anders als erwartet, denn irgendwie war die letzte Zeit für meinen Körper wohl einfach zu viel. Ich bin aufgewacht weil ich fast gar nicht mehr atmen konnte, meine Luftröhre war so zu geschwollen, dass ich wie Darth Vader geklungen habe. Auch meine Stimme war fast gänzlich weg, was für mich eine absolute Katastrophe war. Alex ist sofort runter zur Rezeption um zu fragen wo das nächste Spital sei. Fast eine Stunde hat er zusammen mit einem jungen Herr von der Rezeption versucht ein Krankenhaus zu finden, welches mich als Patientin an nimmt. Keines wollte mich, da ich kein Japanisch kann und da sie in den Spitälern kein Englisch können wäre es ihnen zu kompliziert gewesen. Sie waren schon kurz davor mir, als letzte Lösung, die Ambulanz zu rufen, als ein Spital einwilligte mich aufzunehmen, aber nur wenn der junge Mann von der Rezeptionist mitkam. Was für ein Theater!

    Um die ganze Geschichte ein wenig abzukürzen, ich musste mehrere Tests machen, unter anderem äusserst schmerzvolles Blut nehmen aus der Leiste. Die ganze Zeit wurde ich nicht nur von Alex mitleidig angeschaut, sondern auch vom Rezeptionisten, welcher immer wieder betont hat, dass dies viel besser sei als im Hotel hinter dem Tresen zu stehen.
    Nach dem ich für ein Weilchen an einer Dampfpfeife inhaliert hatte und Medikamente bekommen hatte, waren wir CHF 300.- leichter und ich wurde wieder entlassen. Ach ja und von wo das ganze kam war auch nicht so ganz klar, vermutet wurde aber eine verschleppte Erkältung von welcher sich die Luftröhre entzündete.

    Zwischenzeitlich hat es bereits angefangen zu Regnen und es waren fast alle Geschäfte, Restaurants usw. geschlossen, Nagoya war wie eine Geisterstadt. Wir checkten aus und nahmen ein Taxi zum anderen Hotel wo ich mich mit Fieber gleich wieder ins Bett legte. Alex wollte einige Vorräte einkaufen, damit wir das Zimmer für den Rest des Tages nicht mehr verlassen mussten. Wegen des Sturms sahen das viele andere auch so und die wenigen Shops welche noch offen waren, waren wie leer gefegt und in den Regalen gab es nur noch vereinzelte Produkte zu kaufen. Aber Alex hatte Glück und konnte uns Wasser so wie Suppen, Salat, Kekse usw. ergattern. Es war absolut die richtige Entscheidung von uns, vor dem Taifun nach Nagoya zu flüchten, denn bei uns hatten wir „Hagibis“ fast gar nicht gespürt, dafür waren die Bilder in den Nachrichten aus Tokyo und den anderen betroffenen Regionen sehr schlimm und auch beängstigend.

    Obwohl wir die letzten paar Tage zum Erholen und auskurieren genutzt hatten, mussten wir gestern noch einmal notfallmässig in eine Klinik gehen, denn meine Luftröhre war wieder komplett zu geschwollen. Diesmal wussten wir aber schon, wo es eine Klink für Ausländer und Touristen gibt. Zusammen mit Händen und Füssen sowie Google Translate wurde ich erneut untersuch und mir wurde Antibiotika und ein Asthma Spray für die nächsten 30 Tage verschrieben. Irgendetwas von wegen, Asthma und Bronchitis sowie einem entzündeten Kehlkopf war dieses Mal die Aussage. Mir war es ehh egal, Hauptsache ich bekam Medikamente die wirkten und ich konnte wieder ins Bett und mich schlafen legen.

    Danke mein geliebter Schatz für die so liebevolle und fürsorgliche Pflege. Alex hat mich wo er nur konnte verwöhnt und gepflegt, ich bekam die ganze Zeit frischen Tee, Essen ans Bett geliefert, eine Plüschkatze und und und. Er hat es so gut gemacht, dass ich mich heute bereit fühle wieder in einen Flieger zu steigen. Ach stimmt, das habe ich ja noch gar nicht erzählt; wir sitzen gerade am Flughafen und warten auf unseren Flieger. Wohin, haha wir fliegen ins Paradies, wir fliegen nach... Hawai‘i!!!!!
    Read more