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  • Day 19

    Des Korbes Delicti

    September 11, 2020 in Germany ⋅ 🌙 16 °C

    Da steht er und schaut mich an. Frech grinsend in der Morgensonne, etwas Ketchup an der einen und ein Klecks Brei an der anderen Seite. Oben drauf eine Fliege. Sie, also die Fliege, ist ruhig, weil sie weiß, dass ihr nichts passiert. Kein Flügelschlag auf ihrer Seite, keine Handbewegung auf meiner. Wir, also der Gegenstand des Verbrechens und ich, wir haben die letzten drei Wochen öfter zusammen gebadet. Dass er komplett nass wird, ist Natur der Sache, dass ich ich es werde, das ist ungeschickt. Immer wenn wir uns begegnen ist klar, dass er am Ende verliert, dass er am Ende blitzt und die Dinge, die in ihm stehen nach Aloe Vera riechen. Der Abwaschkorb und ich, wir stellten in den letzten drei Wochen fest, dass es nichts gibt, das mehr Zeit frisst als das Warten darauf, dass es endlich einer tut. Abwaschen. So drehen wir also vor dem eigentlichen Waschgang noch unsere Runden, vorbei an den Waschmaschinen (DingsiDongsi) und den Kochplatten und den Chemietoilettenentleerungslöchern. Das ist auch son Ding. Das ist die furchtbarste Sache der Welt. Toiletten auskippen. Da stehen die Leute Schlange, um ihre Pipi und Kaka zu entsorgen. Dinge, die schon einmal auf einer Toilette entsorgt wurden, um nie wieder aufzutauchen bekommen da ihren ganz großen Auftritt. Wuuuuusch...rein ins Becken. Flatsch...runter ins Toilettenloch. Kinder, da wasch ich lieber tausende Male das Geschirr. Heute hat’s Gesa übrigens gemacht.
    Im Grunde ist es übrigens hier, das Deutsche Eck: Chemietoilettenentleerungslöcher und Waschmaschinen. Hier trifft sich die Gesellschaft, hier wird „gecornert“. Da gibt’s den Austausch über die richtigen Zusätze für die Toilette und die passenden Münzen für das DingsiDongsiGerät. Das hier ist Rhein und Mosel. Das vermeintlich echte Deutsche Eck im acht Kilometer entfernten Koblenz ist aber auch nicht schlecht. Auch da steht direkt eine Toilette neben dem Denkmal, das übrigens imposant und auch ein wenig aus der Zeit gefallen wirkt. Dieser dicke Ritter aus Kaisers Zeiten. Und trotzdem, auch das ist Deutschland. Wir haben so langsam einige Bundesländer durch und man spürt, dass es etwas gibt zwischen Ost und West, das sich nicht wegeinheitlichen lässt. 30 Jahre sind wir ein Land. Im Osten sehe ich keinen dicken Kaiser in Bronze. Im Westen sehe ich keine Straße mit dem Namen „Straße der Freundschaft“. Ich muss mich glaub ich ernsthaft mal damit auseinandersetzen, was das ist, diese Sache mit der Einheit.
    Marthe hat übrigens den Campingplatz geentert. Mit ihrem Lächeln und Pupsgeräuschen. Dem einzigen Geräusch, das jeder Altersklasse ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
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