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  • Day 61

    Erkenntnis unserer Pilgerreise

    November 12, 2021 in Germany ⋅ ⛅ 3 °C

    55 Tage waren wir unterwegs , 55 Tage ohne Freunde größtenteils ohne Familie, 55 Tage voller Erfahrungen und ungewohnten Situationen, 55 Tage mit vielen Bekanntschaften und tollen Gesprächen.
    Die 55 Tage haben uns auf ganz unterschiedliche Weise geprägt!

    Für uns war der Jacobsweg eine Erfahrung der besonderen Art.
    Janine war schon viel auf der Welt, ich hingegen eher weniger, doch überall gab es Höhepunkte, aber all das ist kein Vergleich zu einer Pilgerreise.

    Der Jacobsweg sollte mir das -Jetzt-zeigen.
    Denn das ist eine Sache welche mir in Alltag tatsächlich schwer fällt, denn ich bin gedanklich schon immer drei Schritte voraus.
    Ich will alles sofort, am liebsten schon gestern .
    Oft merke ich erst im Nachhinein, das ich so beschäftigt mit dem - danach- bin, das ich das -jetzt- regelrecht ausblende.

    Janine nahm alles ganz bewusster und intensiver wahr, jeden Moment, jedes Gespräch!
    Sie ließ sich nicht wie daheim gleich aus der Ruhe bringen und stresste sich somit selber.
    Das ist etwas, was wir sowohl für die Arbeit als auch im privaten Bereich mitnehmen wollen!
    Es ist der Moment der zählt, nicht mit den Kopf schon wieder Schritte voraus zu sein.

    Wir brauchten nichts zu tun außer den gelben Pfeilen und den Muscheln zu folgen, und dabei den einen Fuß vor dem anderen zu setzen.
    So wie im richtigen Leben, step by step, alles nacheinander.
    Keine Verpflichtungen für den Tag zu haben, einfach nur zu laufen zu laufen zu laufen.
    Keinen Zeitdruck zu haben, denn es geht nicht darum zuerst bei der nächsten Etappe anzukommen oder zu überholen. Naja zumindest wenn man sein Bett im Vorfeld reserviert hat und nicht überfüllte Alberguen befürchten muss.
    Diese Einfachheit und Klarheit machte für uns die Faszination des Pilgern aus.

    Manchmal fühlte sich das Pilgern für uns wie eine Schnitzeljagd an.
    Besonders wenn man lang lief, schon fürchtete sich verlaufen zu haben, und endlich einen gelben Pfeil entdeckte.

    Ich muss ganz ehrlich gestehen, das die Alberguen meine größte Sorge waren.
    Wenn ich müde und erschöpft war, mit so viele Menschen einen Schlafraum zu teilen. Nachts im vollen Bettensaal im -Schlafpeter - auf die Toilette zu gehen, die Geräusche und Gerüche der anderen!

    Ich habe es mir schlimmer vorgestellt als es wirklich war.

    An den permanenten Geruch nach Fuß gewöhnst du dich bald,und wenn du Ohrenstöpsel hast nimmst du Geräusche auch nicht mehr wahr .
    Wenn im Bett über dir dein Kind sich dreht und wendet, und du meinst du wärst auf einen Schiff, belächelt man das irgendwann einfach nur noch,
    Auch wenn man jeden Morgen eine neue Beule am Kopf hatte, da man sich wieder einmal dem Kopf angeschlagen hatte am Hochbett.

    Viele Situationen welche wir auf unseren Weg erfahren durften, sind tief in unseren Erinnerungen verankert .
    Zum einen das Kennenlernen der unterschiedlichsten Menschen die Gespräche, die Hilfsbereitschaft und die Verbundenheit mit Fremden.

    Wie weit man gehen kann um an seine eigenen Grenzen zu gelangen und auf seinen eigenen Körper zu hören.
    Das Zusammenleben mit anderen.

    Dieser Weg macht irgendwie süchtig, und jeder der ihn schon einmal gegangen ist, wird uns das bestätigen.
    Unterwegs haben wir sehr viele Menschen getroffen, die den Camino schon mehrmals gelaufen sind.

    Auch wir werden auf jedenfall irgendwann wieder unsere Wanderschuhe schnüren, den Rucksack anziehen und wieder ein Camino laufen .
    Da sind wir uns ganz sicher .
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