• Carnaval de Oruro

    March 1 in Bolivia ⋅ ⛅ 17 °C

    In aller Herrgottsfrühe machen wir uns auf mit unserem Fahrer Daniel und Freunden im Schlepptau in die vier Autostunden entfernte Carnavalshochburg Oruro.

    Dieses Spektakel muss man einmal selbst erlebt haben: Zu Tausenden ziehen die bunt gekleideten Tänzerinnen, Tänzer und Bandas durch die Straßen, die Tribünen sind vollgestopft mit Zuschauern und die Stimmung kocht.

    Es werden zahlreiche traditionelle Tänze aus verschiedenen Regionen Boliviens dargeboten, die allesamt ihre eigene Geschichte erzählen:

    Beim Tinku liefern sich zwei verfeindete Dörfer einen verbitterten Kampf, bis die Frauen diesem blutigen Treiben Einhalt gebieten, der Saya Afroboliviana entstand unter der afrobolivianischen Bevölkerung während der Sklaverei in der Kolonialzeit, es gibt Llamahirten (la Llamerada), Stiere (Waca Waca) und Teufelinnen (la Daiblada).

    Besonderer Beliebtheit erfreuen sich die Osos (Bären), die lautstark von der Menge angefeuert werden. Im Bedarfsfall wird der Ruf "OSO, OSO!" auch mal schnell in "BESO, BESO!" abgewandelt, nämlich dann, wenn besonders attraktive Tänzerinnen und Tänzer vorbeiziehen. Wie praktisch.

    Der Carporales erhält einen besonderen Status: Er wird vornehmlich von großgewachsenen, hellhäutigen Angehörigen der Mittel- und Oberschicht getanzt. Der Tanz repräsentiert den Vorarbeiter (Corporal), der seine schwarzen Untergebenen mit Stiefeln und Peitsche vorantreibt. In Anbetracht der kolonialistischen Vergangenheit Boliviens und der noch immer vorherrschenden tiefen Kluft in der Klassengesellschaft kommt man beim Anblick der energiegeladenen Sprünge der Tänzerinnen und Tänzerinnen doch ein wenig ins Grübeln.

    Und noch etwas erstaunt: Jeder Tänzer und jede Tänzerinnen bezahlen bis zu 1500 Dollar, um beim Carnaval ihr Können unter Beweis zu stellen - im von Inflation und Wirtschaftskrise gebeutelten Bolivien eine schier unvorstellbare Summe! Warum nur, fragt man sich?

    Zunächst einmal werden die Kostüme handgefertigt, die Proben kosten Geld und auch die Banda will bezahlt sein. Da kommt schon etwas zusammen. Es ist eine große Ehre, beim Carnaval tanzen zu dürfen. Aber die Hauptmotivation ist religiöser Art: Nach vollbrachter Teilnahme am Spektakel ist man in der Vorzugsposition, die Virgen de Socavón, Schutzheilige der Minenarbeiter (Mineros), um einen Gefallen zu bitten. Die dürfte nach Carnaval ganz schön viel zu tun haben...
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