• Wismar - Kopfstein, Koggen, Kirmesklang

    15 Juni, Jerman ⋅ ☀️ 24 °C

    Die Hansestadt Wismar lag nur einen Steinwurf – oder 40 Autominuten – von Bad Doberan entfernt, und der Gedanke an ein Hafenfest zum Abschluss der Reise klang nach einem runden Finale. Margriet und ich rollten also an einem sonnenschwülen Vormittag in die Stadt hinein und fanden direkt am Alten Hafen einen Parkplatz – ein kleines Wunder, das wir mit einem zufriedenen "na also" quittierten.

    Schon von dort aus sahen wir die stolzen Dreimaster im Hafenbecken dümpeln, deren Planken nach Teer und Geschichten dufteten. Es war, als hätten sie kurz angelegt, nur um uns zu verabschieden. Der Wind klapperte in den Wimpeln, ein Akkordeon jammerte in der Ferne, und irgendwo zwischen Fischbrötchenduft und gebrannten Mandeln spielte eine Blaskapelle ihr Bestes gegen das Kreischen des Riesenrads an.

    Doch so richtig zog es uns nicht zum Jahrmarkt. Wir nickten uns nur wortlos zu – Kirmesstimmung war nicht der Abschied, den wir suchten. Also ließen wir die Zuckerwatte links liegen und bogen stattdessen ab in Richtung Altstadt.

    Wismar ist UNESCO-Weltkulturerbe, und das nicht ohne Grund. Backsteinromantik soweit das Auge reicht, Häuser, die sich leicht zueinander neigen, als würden sie sich im Flüsterton Geschichten aus der Hansezeit erzählen. Wir schlenderten durch das alte Wassertor, wo eine unscheinbare Gedenktafel uns mit einem „Ach was!“ innehalten ließ: Nosferatu – eine Symphonie des Grauens, dieser berühmte Stummfilm von 1922, war hier gedreht worden. Margriet sah mich an, ich sah sie an – keiner von uns wusste das. Aber plötzlich passte alles zusammen: die etwas schiefe Gasse, das dämmrige Licht, die Ahnung von Geschichte in den Mauern.

    Wir folgten dem Kopfsteinpflaster durch die Gassen, machten hier und da ein Foto, atmeten Backstein, Ostseeluft und ein wenig Wehmut. Es wurde drückend warm, ein schweißtreibender letzter Gruß des Nordens. Und wir wussten: Jetzt war es Zeit.

    Zeit, die Küste hinter uns zu lassen, die Hanse zu verabschieden und Kurs auf Süden zu nehmen. 600 Kilometer bis nach Hause. Die Straße rief – oder vielleicht war es doch nur das Navi.

    Wir stiegen ein, fuhren los. Und als wir Wismar langsam hinter uns ließen, schien das Meer in der Rückspiegelsonne noch einmal kurz aufzuleuchten. Ein letztes, glitzerndes „Macht’s gut“...
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