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- Day 3
- Tuesday, June 10, 2025 at 6:19 AM
- ☁️ 14 °C
- Altitude: 9 m
GermanySellin54°21’54” N 13°40’47” E
Putbus: Kein Schloss, kein Kaffee...

Der Dienstag begann mit einem Blick aus dem Fenster und einem Seufzer: Regen. Den ganzen Tag. Eigentlich stand heute das Wandern am Kap Arkona auf dem Plan, aber die Vorstellung, dass uns der Wind den Regen ins Gesicht peitscht, während wir mit nassen Hosen durch die Steilküste stapfen, ließ mich schon im Bett umdisponieren.
Plan B kam mir zwischen Kopfkissen und Kaffeedurst: die historische Schulstunde in Middelhagen am Vormittag – und danach nach Stralsund ins frisch wiedereröffnete Meereskundemuseum, Margriets großer Wunsch. Wandern kann warten. Haie und Historie nicht.
Margriet war erstaunlich gut drauf – ein bisschen hölzern beim Aufstehen, aber mit einem Lächeln:
„Ich habe Schlimmeres erwartet, ehrlich. Ich fühl mich gut.“
Womit sie eindeutig fitter war als so manche 60-Jährige nach einem Spa-Tag.
Also los, auf die größte Insel Deutschlands. Rügen. Erste Station: Putbus, wo wir frühstücken wollten und ich Margriet danach den wunderschönen Schlosspark zeigen wollte.
Wir steuerten das vertraute Café an – doch eine Angestellte mit scharfem, polnischen Akzent ließ uns wissen:
„Wir öffnen neun Uhr. Kaffeemaschine noch nicht an.“
Ich fragte höflich, ob man nicht wenigstens schon mal einen Kaffee bekommen könne.
„Das dauert 15 Minuten.“
Wir setzten uns und warteten. Nach etwa 20 Minuten kam sie zurück.
„Sie geht nicht. Chef sagt, sie geht. Ich krieg sie aber nicht an. Vielleicht doch morgen kommen. Oder auch nicht – ist nicht schlimm.“
Mit dieser professionellen Unverbindlichkeit wurden wir verabschiedet – oder entlassen.
Putbus fiel damit – wie sein einstiges Schloss – dem Rückbau zum Opfer.
Stattdessen entdeckte ich ein kleines Radlercafé, nur zehn Minuten von Middelhagen entfernt. Wir bekamen dort doch noch unser Frühstück – umgeben von einer etwas schrägen Geräuschkulisse:
Eine Türklingel, schrill wie ein Feuermelder.
Jedes Mal, wenn jemand die Bäckerei betrat oder verließ, riss es uns aus dem Brötchen und leckeren selbstgemachten Kuchen. Erst schreckten wir auf, dann verdrehten wir die Augen – und irgendwann fingen wir an, die Klingel zu imitieren.
"TRRRRRING-DING!!!"
Wir lachten. Vielleicht war es der beste Moment des Morgens.
Ich erzähle Margriet beim Frühstück von Putbus’ bewegter Geschichte. Dass hier einst ein prachtvolles Schloss stand – und dass es heute nicht mehr existiert.
„Ein richtiges Märchenschloss, weiß und klassizistisch - wurde 1964 abgerissen – zu teuer, zu adelig, zu prunkvoll für die DDR. Man hatte kein Geld übrig für den Erhalt, und noch weniger Sympathie für Fürstenarchitektur.
Putbus wurde im frühen 19. Jahrhundert vom Fürsten Wilhelm Malte zu Putbus als Residenzstadt gegründet – geplant im klassizistischen Stil, mit weiß getünchten Gebäuden und strenger Symmetrie. Das Schloss war ihr Herzstück.
Nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet, wurde es in der DDR aus ideologischen und praktischen Gründen dem Verfall überlassen. Der Abriss 1964 gilt heute als einer der schmerzlichsten Kulturverluste Ostdeutschlands.)
Aber wir hatten keine Zeit für Nostalgie – zumindest nicht im barocken Stil.
Ab in die Vergangenheit – aber auf ganz andere Art. Die Schulglocke in Middelhagen wartet...Read more