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  • Day 14

    Cirque de Navacelles

    August 12, 2022 in France ⋅ ☀️ 22 °C

    Landschaftlich außergewöhnliche Orte bekommen in diesem Land ein ganz besonderes Label: Le Grand Sites de France.

    Ein solches Gütesiegel zu tragen scheint Segen und Fluch zugleich. Zuerst mal insbesondere für die Einwohner solcher Orte, die sich auf prosperierende Touristen-und damit Umsatzzahlen freuen dürfen, die aber auch reichlich Nebefeffekte, wie Müll, Lärm und eben reichlich Menschen befürchten müssen. Für die Touristen wiederum gilt das in gewisser Weise ähnlich. Wo ich da lieber nicht "die Touristen" verallgemeiner. Sie erscheinen zwar als homogene Gruppe, vor Ort hat das Individuum Tourist allerhöchstens die im selben Auto Mitreisenden gemein. Vor Ort heisst es denn eher: ab hier jeder für sich und mir das Meiste. Das Meiste, das Beste, ... Begriffe, die eigentlich synonym anwendbar sind. Na gut, nicht alle sind so, zugegeben.
    Eigentlich wollte ich darauf hinaus, dass Frankreich m.E. etwas mehr als 30 dieser Grand Sites ausgewiesen hat. Etwas angeberisch möchte ich hier anmerken, dass rund ein halbes dutzend davon in unserer unmittelbaren Umgebung schnell erreichbar sind. Den Lac Salagou hatten wir ja bereits umrundet.

    Gestern jedenfalls, Frau und Kind bevorzugten den nachmittaglichen Pool, ich die Idee mal eben nach Saint Guilhem Le Désert. Praktischerweise gleich in nächster Nähe und auf dem Weg: Gorges de l'Hérault, ponte Diabolo und noch irgendwas. In gut gelaunter Aussicht auf schöne Motive mache ich mich auf. Es ist Nachmittag. Um es kurz zu machen: Von Teufelsbrücke und irgendwas kann ich gleich absehen und weiterfahren. Kein einziger smartfortwo hätte hier irgendwo zwischengepasst. Inzwischen befahre ich bereits die straße in der Schlucht. Rechts wie links nur Blech. Dann Abschnitte an den an Halten, an denen sogar das gegeseitige Passieren fragwürdig erscheint. 3 kilomter weiter - ich komme nach Saint Guilhem. Der Ort hat die Besonderheit, dass er seinerseits abseits der Gorge sozusagen in einer eigenen Gorge liegt, sprich vom heiöigen Wilhelm iist eigentlich nichts zu sehen. Und als hätte man's geahnt - bereits am Orteingang sind mögliche Parkplätze außer Reichweite- Einfahrten mit Ketten versperrt. Teils halbnackte Menschen kreuzen wie in trance die Strasse, um entweder vom Fluss ins Dorf oder andersherum vom Dorf zum Fluss die Schlucht hinabzusteigen. Verkehr nehmen sie (nicht mehr) wahr. Fahre verzweifeltaus dem Ort. Leicht gereizt. Ist auch heiss. 2 kilomter keine Möglichkeit, die Karre abzustellen. Dann endlich ein etwas größerer Parkplatz. Dauercamper füllen ihn zur Hälfte. Ich ergattere einen sonnigen Stellplatz. Mühevoll trete ich in die Hitze und begebe mich in die Schlucht Ri htung Wasser. Stelle aber fest, dass ein Verweilen nicht lohnt. Schön. Ja, schön ist's. Aber Lust auf Baden habe ich jetzt nicht und fremde badende Familien sind auch nicht gerade Pulitzermotive. Mache auf dem Hacken kehrt und fahre mit erhobener Nase und ersichtlichen Blick auch an Saint Guilhem vorbei. Grand Site de France - das ging mal in die Hose.

    Heute aber soll alles anders werden. Frau und Kind - immernoch auf Pool geeicht - lassen mir freie Hand.
    Ich entscheide mich für die Grand Site "Cirque de Navacelles". Zum einen war's der wärmste Tipp von Kevin, dem Hauswirt, zum anderen die wirklich einzige namhafte deutschsprachigen Broschüre der hiesigen Touriinfo - dann kann es ja nur gut sein. Beschließe, mich um punkt 8 Uhr auf die Strecke zu begeben, um rechtzeitig dort zu sein. Ohne jetzt ganz große geologische Entstehungsgeschichte aus dem Hut zu zaubern, ein kleiner Exkurs, was zu erwarten ist: Die Cirque de Navacelles ist, wer hätt's gedacht, eine tiefe Schlucht mit unten Fluss, kleines Dörfchen. Hatten wir das nicht schon?, denkt jetzt der aufmerksame Leser. Ja. Hatten wir schon, richtig. Jetzt in Navacelles aber anders, größer, tiefer, schöner, spektkulärer und hopefully nicht voller. Kevin sprach davon, dass es einen kleinen Parkplatz unten im Dorf gebe, er aber schnell überfüllt sei. Die Authorities würden dann die Zufahrt zum Dorf in die Schlucht schließen. Hinab käme man dann nur zu fuss oder mit der Buslinie, die im Dorf oberhalb der Schlucht an einem weiteren Parkplatz eine Haltestelle bediene.
    Mein Plan, früh zu fahren geht gut auf. Während Frau und Kind vielleicht gerade den Kaffegeruch wahrnehmen, bin ich schon auf dem Weg in die Berge dem Hochplateau entgegen. Kurve rechts, Kurve links den Serpentinen folgend immer weiter in ... den dichten Nebel. Nanu. Sicht kilometerweit gerade mal 100 Meter. Werde langsam nervös und frage mich, ob das mit Schluchten, Dörfern, Flüssen vielleicht so etwas wie schlechtes Karma für mich ist. Fahre unbeirrt weiter. Schließlich klart es fast vollends auf und schon stehe ich vor meinem ersten Ziel. Der Halt, um vom höchsten Punkt des Plateaus hinunter nach Navacelles zu blicken. Sightseeingpunkt mit großem Lokal. Alles totenstill, keiner zu sehen in der Frühe. Ich gehe zur Mauer an den Rand der Schlucht. Wahrlich ein Augenöffner. Etwa 300 Meter tiefer liegt das Dorf noch im Halbschatten von Plateau und dem eigenen Hügel der es in zwei Teile teilt. Der Hügel selbst sieht von oben aus, als hätte ein rieges Fabelwesen in grauer Urzeit dort sein Ei verwahrt und vergessen. Ich erspähe nur noch das versteinerte Relikt. Erkenne von hier oben aber auch, daß auf der Spitze des Hügels/Eis ein Denkmal steht. Bestimmt Maria, denke ich.

    Mach mich runter auf den Weg, bevor noch weitere Autos auftauchen 12% Gefälle. Die Abfahrt ist eng und kurvenreich. Vorm Dorf noch 138 Sekunde auf grün warten, dann ab zum Parkplatz. Da stehen zwar schon 5 weitere Fahrzeuge, ich fühle mich dennoch als Gewinner. Entgegen meiner Erwartung, befindet sich noch alles im Dornröschenschlaf. Ich gehe zum Fluss. Glasklar rauscht er sachte unter den dichten Platanen in einem Kiesbett. Ich gehe schnurstracks Richtung Wasserfall. In mehreren Kaskaden fällt das Wasser erwa 15 - 20 Meter hinunter. Die Kaskaden sind teilweise gut begehbar und so mache ich mich auf den Weg sie zu erkunden. Zwei Männer springen schon munter von einer unteren Stufe aus etwa 3 meter Höhe in das untere Becken. Das schließe ich für mich aus. Habe beim Kreuzen des Flusses - bin in etwa Oberschenkelhöhe durchgewatet - kurz vorher festgestellt, daß er sich eher für Kneippbehandlungen, denn zum Planschen eignet. 12 Grad, wie das Gefälle vorher. Macht nix. Ich sage alles auf, grüsse jeden freundlich mit einem inzwischen bombensicheren "bon jour", bewundere das aus feldsteonen errichtete Dorf und erklimme mit meinen Flipflops den steinigen steilen Pfad zur Jungfrau auf dem Drachenei. Herrlich. Und fast niemand zu sehen. Unter Marias Schoss hat man allerdings eine gute Rundumsicht (wusste jetzt auch nicht wie das eleganter vormulieren sollte) und so entgeht mir nicht, dass Autos wie Perlen an einer Schnur ins Tal fahren. Ich setze meine Wanderung fort und erkunde noch den zweiten Teil des Dorfes. Nach knapp 1 1/2 Stunden zurück am Fluss, die Grußhäufigkeit ist schon recht hoch, fällt mir auf, wie eine ältere Frau vom Parkplatz kommt. In der Hand große Polyethyleneinkaufstasche, aus der ein dickes Brot lugt. Klarer Fall, jetzt kommen die Art von Besuchern, die meinen gedtrigen besuchsversuch (ok, an anderer Stelle) haben scheitern lassen. Ich entscheide ich mich, noch einen anderen Spot anzufahren. Eine Wassermühle mit Wasserfällen erwa 6 kilomter von hier.
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