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  • Thailands König kämpft ums Überleben

    August 17, 2023 in Germany ⋅ ☁️ 20 °C

    Es regt sich was im Unterholz in Siam! Der heutige Artikel von Matthias Müller in der Neuen Zürcher Zeitung - diesmal aus Singapur - bringt es auf den Punkt. Der Stoff wäre seinerseits nun wieder ein ideales Futter für die Yellow Press, wenn man es genau betrachtet.

    Es ist fatal: der gegenwärtige König Vajiralongkorn (Rama X) ist im Lande unbeliebt, wie selten ein thailändischer Monarch vor ihm. Der lange Schatten seines verehrten Vaters Bumiphol verdeckt ihn völlig. Das äonenalte lèse-majesté-Gesetz (Mißachtung des Königshauses) hängt der Thai-Monarchie wie eine Fessel am Bein. Die Progressiven haben sich dessen Abschaffung längst auf die Fahnen geschrieben.

    Andererseits zögern die Konservativen im Lande bei dessen Aufhebung. Das trägt - wie man leicht nachvollziehen kann - nicht unmittelbar zur Popularitätssteigerung der regierenden Chakri-Dynastie bei.

    THAILANDS KÖNIG KÄMPFT UMS ÜBERLEBEN - DOCH DANN TRETEN PLÖTZLICH ZWEI VERSTOSSENE SÖHNE AUF

    Erstmals seit 27 Jahren besuchen zwei entfremdete Söhne des thailändischen Königs Maha Vajiralongkorn wieder ihr Geburtsland. Die Medien berichteten ausführlich. Die Thailänder fragen sich: Was hat der Monarch vor?

    Der Besuch kann kein Zufall gewesen sein: Erstmals seit ihrer Verbannung vor 27 Jahren haben zwei Söhne aus zweiter Ehe des thailändischen Königs Maha Vajiralongkorn wieder ihr Geburtsland besucht. Das Königshaus nahm dazu zwar keine Stellung.

    Und auch zu dem 91. Geburtstag von Sirikit, der Mutter des Monarchen, am Samstag vergangener Woche waren der 42-jährige Vacharaesorn Vivacharawongse sowie sein zwei Jahre jüngerer Bruder Chakriwat nicht eingeladen worden.

    Die thailändischen Medien berichteten jedoch ausführlich über den Besuch der Brüder, die zuvor in der thailändischen Öffentlichkeit offiziell nicht existiert hatten. Und für diese mediale Aufbereitung müssen Thailands Medienhäuser das Okay vom Königshaus erhalten haben.

    Sie laufen sonst Gefahr, gegen Artikel 112 des Strafgesetzbuches zu verstossen, der angebliche Beleidigungen der Monarchie mit bis zu 15 Jahren Gefängnis büsst.

    DAS KONSERVATIVE ESTABLISHMENT IN NOT

    Vacharaesorn und Chakriwat, die mit ihrer Mutter und zwei Brüdern 1996 aus dem Land gejagt worden waren und alle königlichen Titel verloren, kehren während einer politisch turbulenten Zeit zurück. Thailand wartet seit den Parlamentswahlen am 14. Mai auf eine neue Regierung.

    Das Machtvakuum zeigt, wie nervös das konservative Establishment von Königshaus und Militär ist, denn aus den Wahlen ging die progressive Partei Move Forward überraschend als Siegerin hervor. Sie errang 151 von 500 Parlamentssitzen. Regieren darf sie dennoch nicht, denn ihre Programmatik hat es in sich. Im Gegensatz zu den anderen Parteien fordert Move Forward eine Reform des berüchtigten Artikels 112.

    Der Erfolg von Move Forward zeigt, wie unzufrieden viele Thailänderinnen und Thailänder mit dem Königshaus und dem Militär sind. Selbst Unmutsäusserungen über König Vajiralongkorn, der seit annähernd sieben Jahren auf dem Thron sitzt, sind inzwischen allgegenwärtig. Unter König Bhumibol, dem Vater des jetzigen Monarchen, war dies noch undenkbar.

    Auch im eigenen Haus hat der 71-jährige König Vajiralongkorn mit Problemen zu kämpfen. Er ist zwar in vierter Ehe mit Königin Suthida verheiratet. Ein gemeinsames Kind hat das Paar jedoch nicht. Aus den drei vorangegangenen Ehen stammen acht Kinder.

    Aber nur drei von ihnen tragen hoheitliche Titel und kommen deshalb als Thronfolger infrage: Aus der ersten Ehe stammt Prinzessin Bajrakitiyabha, die 1978 auf die Welt kam und als Nachfolgerin aufgebaut worden war. Allerdings liegt sie seit Dezember vergangenen Jahres in einem Spital. Es heisst, dass sie nie wieder genesen wird und damit als Königin ausscheidet.

    Aus der zweiten Ehe von König Vajiralongkorn sind zwar vier Söhne, etwa Vacharaesorn und Chakriwat, sowie Prinzessin Sirivannavari hervorgegangen. Bis auf die Prinzessin, die in Thailand lebt, haben jedoch alle 1996 das südostasiatische Land verlassen müssen. Seitdem leben sie in den Vereinigten Staaten.

    Prinzessin Sirivannavari scheidet als Thronfolgerin aus, denn sie gilt als zu entrückt von der thailändischen Bevölkerung. So benannte sie eine Insel, die es ihr wegen der weissen Strände und des kristallklaren Wassers angetan hatte, um: Statt Tachai heisst diese nun Sirivannavari.

    BESSER DEUTSCH ALS THAILÄNDISCH

    Damit bleibt nur noch ein Thronfolger übrig. Der 18-jährige Prinz Dipangkorn stammt aus der dritten Ehe von König Vajiralongkorn mit Srirasmi Suwadee. Auch sie traf der Bannstrahl des Königs. Er verstiess sie 2014. Seitdem lebt sie zurückgezogen ausserhalb von Bangkok. Und seit jener Zeit soll sie ihren Sohn nicht mehr gesehen haben.

    Über Prinz Dipangkorn ist nur wenig bekannt. Er soll viele Jahre in Bayern, wo sein Vater meist residierte, auf die Schule gegangen sein und besser Deutsch mit bayrischem Akzent als Thailändisch sprechen. Zudem soll er Autist sein. Bestätigt hat das Königshaus solche Spekulationen nie. Ein Lebenszeichen gab es zu seinem 18. Geburtstag Ende April.

    Thailands Behörde für Öffentlichkeitsarbeit stellte auf Youtube ein Video des Prinzen online, das ihn bei der Krönung seines Vaters und bei der Ausübung königlicher Pflichten zeigt.

    Derzeit läuft alles auf Prinz Dipangkorn hinaus, wenn sein Vater in vierter Ehe nicht doch noch einen Nachfolger zeugen sollte. Der Prinz könnte zum König ernannt werden und so die Dynastie retten.

    Ihm fiele wegen seiner Erkrankung jedoch die Rolle einer Marionette zu. Sein Halbbruder Vacharaesorn könnte im Hintergrund die Amtsgeschäfte führen, lautet ein Gedankenspiel. Dafür müsste der König ihn jedoch rehabilitieren.

    Vacharaesorn liess während seines Aufenthalts in Thailand nichts ungenutzt, um in der Öffentlichkeit zu punkten. Er gab sich volksnah. Vacharaesorn nutzte die Metro, besuchte Tempel sowie Spitäler und nahm sich Zeit, bei einer Tagesstätte für Kinder aus armen Familien, die das Königshaus finanziell unterstützt, vorbeizuschauen.

    Dahinter könnte ein Kalkül stecken, wie der einstige Diplomat und Thailand-Analytiker Craig Keating schreibt: Der Besuch der entfremdeten Söhne könne ein pragmatischer Weg sein, die Unterstützung der Öffentlichkeit zu testen, bevor sich König Vajiralongkorn offiziell an die Verstossenen wendet.

    In einem nächsten Schritt könnte er seine Söhne anerkennen und ihnen alles Gute für ihr Leben in den Vereinigten Staaten als «nicht arbeitende» Royals wünschen. Dies würde Raum für diverse Optionen für die Zukunft bieten und König Vajiralongkorn als fürsorglich sowie mitfühlend erscheinen lassen – Eigenschaften, die dem unbeliebten Monarchen bis anhin nicht nachgesagt werden.
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