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  • Die gegenwärtige politische Lage

    August 17, 2023 in Germany ⋅ ☁️ 20 °C

    Wie es gegenwärtig in Thailand aussieht, gibt sehr gut der Kommentar der Neuen Zürcher Zeitung vom 23.07.2023 wieder. Autor ist Matthias Müller/Bangkok:

    THAILANDS KÖNIG UND DEM MILITÄR IST DAS EIGENE VOLK EGAL

    Wie weit sich das Königshaus und das Militär vom thailändischen Volk entfernt haben, zeigte sich jetzt im Parlament: Statt den Wahlsieger Pita Limjaroenrat zum neuen Regierungschef zu wählen, verhinderten die Konservativen den politischen Neuanfang.

    Die Szenerie vor dem thailändischen Parlament in Bangkok hatte Symbolkraft. Lange vor der Debatte über die Wahl des neuen Regierungschefs fanden sich am Donnerstagmorgen Anhänger von Pita Limjaroenrat ein, der mit seiner Partei Move Forward die Parlamentswahlen am 14. Mai gewonnen hatte.

    Viele trugen orangefarbene Shirts, die Farbe der Partei. Sie wollten mit ihrer Präsenz den Parlamentariern und Senatoren noch einmal ins Gedächtnis rufen, dass der thailändische Souverän vor zwei Monaten für den Wandel gestimmt hatte.

    Während die Anhänger Pitas friedlich miteinander schwatzten, riegelte die Polizei das Gelände um das Parlament weiträumig ab. Sie verlegte Stacheldraht, um den Zugang zu verhindern. Und mit Sichtschutz versperrte sie den Blick auf das Parlament.

    Auch Wasserwerfer fuhren auf. Die Sicherheitskräfte handelten in vorauseilendem Gehorsam, denn Stunden später verhinderten vom Militär ernannte Senatoren die – aus demokratischer Sicht eigentlich zwingende – Wahl von Pita zu Thailands 30. Regierungschef.

    NIEMAND WEISS, WANN DAS PULVERFASS EXPLODIERT

    In Bangkok blieb es nach dem unwürdigen Schauspiel zwar zunächst ruhig. Es wettet in Thailand jedoch niemand darauf, dass es so bleiben wird. Zu gross ist der Unmut über das Militär, das seit dem Putsch vor neun Jahren das Land nicht vorangebracht hat. Und König Vajiralongkorn, der sich auf die Streitkräfte stützt, ist wegen seines ausschweifenden Lebenswandels in weiten Teilen der thailändischen Gesellschaft unbeliebt.

    Kritik am Königshaus war vor wenigen Jahren in Thailand noch ein Sakrileg. Heute ist sie allgegenwärtig, obwohl man dafür verurteilt werden kann. Die Thailänder sitzen auf einem Pulverfass, von dem niemand weiss, wann es explodiert.

    Mit der Pita zugefügten Niederlage im Parlament spielen die Konservativen auf Zeit. Sie setzen darauf, dass das Verfassungsgericht den Chef von Move Forward möglicherweise bereits kommende Woche wegen angeblicher Verstösse gegen das Wahlgesetz disqualifiziert.

    Dann wäre der Weg für einen Kandidaten von Pheu Thai für den zweiten Wahlgang am 19. Juli frei; die Partei stellt 141 Abgeordnete im neuen Parlament und ist damit die zweitstärkste Kraft nach Move Forward.

    Pheu Thai könnte mit dem Immobilienunternehmer Srettha Tavisin einen Kandidaten aufstellen, der auch die Stimmen der Konservativen erhalten dürfte. Diese wiederum könnten in einer Koalition mit Pheu Thai trotz dem erlittenen Wahldebakel an der Macht bleiben und Reformen verhindern.

    Für Pheu Thai wäre es zwar ein Verrat an den eigenen Idealen, denn eigentlich setzt sich die Partei für den politischen Wandel ein. Sie dürfte nun aber die Chance wittern, an die Macht zu gelangen und damit auch ihren Gründer, den einstigen Regierungschef Thaksin Shinawatra, aus dem Exil in Dubai zurück nach Thailand zu holen.

    Thaksin hat immer wieder den Wunsch geäussert, zurückkehren zu dürfen, obwohl ihm in seiner Heimat eine Gefängnisstrafe droht. Aber auch dafür dürfte mit Pheu Thai an der Macht eine Lösung gefunden werden.

    Das konservative Establishment sichert sich die Geldquellen
    Pheu Thai läuft bei solch einem Schachzug Gefahr, politischen Selbstmord zu begehen. Die Wahlen am 14. Mai waren ein klares Votum für einen politischen Neuanfang. Move Forward mit dem charismatischen Pita hat nicht länger nur Anhänger unter den jungen Thailänderinnen und Thailändern. Die Partei ist heute in allen Bevölkerungsgruppen populär.

    In Bangkok errang sie 32 von 33 Direktmandaten. Und selbst im Norden Thailands, der Hochburg von Pheu Thai, holte sie viele Stimmen. In dem südostasiatischen Königreich ist der Wunsch nach einem Machtwechsel allerorts zu spüren.

    Der König und das Militär klammern sich jedoch an die Macht. Dem Monarchen und der Militärjunta geht es allein darum, sich den Zugang zu Ämtern, Posten und Geldquellen zu sichern. Das Schicksal des eigenen Volkes ist ihnen dagegen egal. Im Parlament zeigte das konservative Establishment jetzt einmal mehr seine hässliche Fratze.
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