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  • Day 130

    Plastik - Plastik, überall Plastik!

    March 6 in Thailand ⋅ ⛅ 30 °C

    Wir hatten bereits mehrfach unsere Beobachtungen zu diesem Thema geschildert. Einmal, daß wir das Gefühl haben, in Thailand von allen Seiten mit Plastik zugeschmissen zu werden und man sich dessen nur schwer erwehren kann und zum Zweiten, daß es in Thailand offenbar keine Umwelt gibt.

    Doch, es gibt sie schon, doch achtet niemand groß auf sie und nimmt entsprechend Rücksicht, und deshalb wird sie überall über das Erträgliche hinaus strapaziert. Seltsam, dabei dominiert doch im Land der Buddhismus als Religion, der lehrt, daß man jedes Lebewesen der Schöpfung achten und respektieren muß und es möglichst nicht tötet.

    Doch da ist dann ebenfalls die kontraproduktive Aussicht auf eine unvermeidliche Wiedergeburt nach dem Tode. Und das fördert natürlich die Wurstigkeit in eigenen Haltung. Ich kann ohnehin nichts ändern, also warum soll ich mich in meinem jetzigen Leben noch groß darum kümmern?

    Es genügt, daß man ab und zu in den Tempel geht, einige Räucherstäbchen abbrennt, Lotusknospen darbringt, eine gewisse Zeit den Pali-Rezitationen der Mönche lauscht, Mönchen frühmorgendliche Essenspenden austeilt - aber das war's dann auch schon zur Förderung des eigenen Karmas.

    Dazu kommt dann noch das durchgehend warme Klima ohne durchgreifende jahreszeitliche Schwankungen - und fertig ist eine gewisse Basis-Lethargie.............

    Was das Thema Plastik angeht, damit befaßte sich jüngst ein Artikel, der ab dem 03. März 2024 im "Spiegel" online zugänglich wurde und der anschließend in ganzer Länge zitiert zu werden lohnt:

    BEGINN DES ZITATS

    "Verschmutzung in Thailand - Plastikhölle im Paradies

    Viele Thailänder lieben Plastik. Kunststoffmüll wird sogar aus dem
    Ausland importiert. Tüten und Verpackungen landen später im Meer, Tiere
    verenden elendig. Doch einige junge Menschen wollen das nicht mehr
    hinnehmen.

    Der Spiegel / Maria Stöhr, Bangkok 02.03.2024

    Wenn man in Thailand einen Kaffee bestellt, dann sieht das so aus: Der
    Cappuccino wird im Einwegbecher gereicht, darum eine
    Plastikmanschette, damit man sich nicht die Finger verbrennt; das Ganze
    kommt in eine Plastiktüte, damit beim Transport nichts ausläuft. Die
    wiederum wird in eine größere Henkeltasche gesteckt, inklusive
    Plastikstrohhalm.

    Die Henkeltasche, ebenfalls aus Plastik, kann man dann außen an den Lenker des Motorrollers hängen und ins Büro fahren. Thailand ist ein Plastikparadies – oder eher: eine Plastikhölle. Das südostasiatische Land gehört zu den größten Verbrauchern von Plastik weltweit. Bis zu 3000 Einwegtüten verwendet eine Thailänderin oder ein Thailänder im Jahr. Die Plastiktüte ist in Thailand ein zentrales Mittel, um den Alltag zu organisieren.

    Im Supermarkt werden Äpfel, Avocados, Bananen einzeln in Plastikfolie gewickelt. Brot kommt erst in die Papier-, dann in die Plastiktasche. Wer Joghurt kauft, bekommt ungefragt kleine Plastiklöffelchen dazu. Wer sich Supermarktbestellungen nach Hause liefern lässt, sitzt hinterher auf einem riesigen Wust Plastikverpackung. Auf dem Markt füllen Frauen grünes Curry, Hühnersuppen, milchige Süßspeisen gekonnt in Plastiktütchen ab.

    »Wir Thais lieben Plastiksachen, wir sind verrückt danach. Ich glaube, für uns ist es ein Zeichen von Zivilisation, von Fortschritt und Hygiene«, sagt Chompupischaya Saiboonyadis, die alle Sa nennen. »Plastik ist so praktisch, so billig!« Sa ist 23 Jahre alt, studiert Wirtschaft und gehört zu den Vertreterinnen einer jungen Generation von Thais, die genau dieses alte Denken ändern wollen – und für eine saubere Heimat kämpfen.

    Thailand galt lange als »die Müllkippe der Welt«. Zusätzlich zum eigenen Verbrauch importierte es Müll aus westlichen Industriestaaten, wurde zum Großabnehmer, nachdem China 2018 quasi über Nacht den Import von Plastik- und Elektroschrott gestoppt hatte. Plastik aus den USA, Japan oder Europa verschmutzte fortan die Küsten. Immerhin damit soll jetzt nach einer Übergangsfrist Schluss sein: Ab 2025 will Thailand keinen Plastikschrott aus anderen Ländern mehr annehmen.

    »Das ist ein wichtiger Schritt«, sagt die Studentin Sa. »Aber wir müssen vor allem bei den Leuten ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Plastik ein Problem ist.« Das ist gar nicht so einfach. Selbst Sas Freunde schauen sie oft noch schräg an, wenn sie auf der Straße mal wieder Müll aufsammelt. »In der Schule lernen wir jungen Thais kaum irgendetwas zum Thema Umweltverschmutzung«, erklärt sie bei einem Zoom-Call. »Dabei hat das Problem nichts Abstraktes, es betrifft uns alle.«

    Sa tritt inzwischen bei Podiumsdiskussionen auf, versucht mit Gleichgesinnten auf der Straße und in Workshops darüber zu sprechen, wie die thailändische Gesellschaft mit ihrem Plastikkonsum die Natur schädigt. Sie nutzten die sozialen Medien, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen – und entwickeln Ideen, wie sich etwa die Verpackungen von Damenbinden als kleine Täschchen wiederverwenden lassen oder wie man dort zumindest Botschaften zum Plastikmüll unterbringen kann. »Denn die wenigsten wissen, wie Recycling oder Mülltrennung funktionieren«, sagt sie.

    Nach Angaben des Pollution Control Departments wurden in Thailand innerhalb der vergangenen zehn Jahre jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen Kunststoffabfälle erzeugt, aber nur ein Viertel dieser Menge, also rund 500.000 Tonnen, wird ordnungsgemäß gesammelt und recycelt. 50.000 Tonnen Plastik landen auf Mülldeponien und in Flüssen und dem Meer. Rund 20 Prozent des Plastikmülls stammen aus der Hauptstadt Bangkok. Das meiste Plastik aber, das in Thailands Gewässern schwimmt, stammt laut Weltbank aus kleineren Ortschaften, wo es weniger Müllabfuhren und kein richtiges Abfallsystem gebe.

    Aufgerüttelt wurde die thailändische Gesellschaft vor fünf Jahren durch zwei tote Tiere: In einem Nationalpark bei Nan im Norden des Landes verendete ein Hirsch an sieben Kilo Plastiktüten, die sich in seinem Magen befanden. Kurz davor fand man ein Baby-Dugong, eine Gabelschwanzseekuh, schwer krank nahe der thailändischen Insel Koh Libong. Ihr Magen war voll mit Plastiktüten und entzündet. In den sozialen Medien bangten viele mit dem Tier. Sie tauften es Mariam. Mariam starb.

    Und auch für den Menschen werden die schädlichen Auswirkungen des Plastiks in Thailand immer offensichtlicher: Anwohner, die neben Wiederaufbereitungsanlagen von Plastik leben, berichten von beißendem Geruch, Hautausschlägen, Atemproblemen. Menschenrechtler monieren, dass dort beim Verbrennen oder Schmelzen von Plastik giftige Gase entstünden, es kaum Kontrollen gebe.

    Plastik ist überall auf der Erde ein großes Problem. Zwischen 1950 und 2015 wurden weltweit insgesamt etwa 8300 Millionen Tonnen hergestellt – das ist fast das Vierfache der Biomasse aller heute lebenden Tiere. Und weil Kunststoffmoleküle zumeist stabil und nicht biologisch abbaubar sind, existiert der größte Teil dieses Plastiks noch heute. China, die Philippinen, Thailand, Vietnam und Indonesien kippten, zu dem Schluss kam eine Studie der Organisation Ocean Conservancy vor ein paar Jahren, mehr Plastikmüll in die Meere als der Rest der Welt zusammen.

    Die thailändische Regierung will das Problem immerhin angehen: Das Kabinett beschloss im Jahr 2019 eine »Roadmap«, eine Art Masterplan: Bis zum Jahr 2030 soll Plastikmüll reduziert werden – und zu 100 Prozent recycelt. Einem geplanten Abkommen der Vereinten Nationen, das die Plastikvermüllung auf der Erde stoppen soll, will Thailand zustimmen. Bis 2025 könnte das rechtlich verbindliche Dokument unterschriftsfertig sein.

    Die weltweite Debatte zeigt durchaus Wirkung: Die Supermarktkette 7-Eleven etwa, die es in Thailand an fast jeder Straßenecke gibt, kündigte bereits den Stopp von Gratis-Plastiktüten an.

    Umweltschützern geht das aber nicht schnell genug: »Die Regierung muss endlich Gesetze erlassen, an die sich Konsumenten und Unternehmen dann halten müssen«, sagt Penchom Saetoang von der Organisation Ecological Alert and Recovery Thailand. Es müsse Verbote beim Einwegplastik geben, eine Verpflichtung zur Mülltrennung. Freiwilligkeit allein nütze nichts."

    ENDE DES ZITATS

    Und dabei ist Thailand noch nicht einmal der größte Erzeuger für das weltweit im Ozean landende Plastik. Wie die beigehefteten Schaubilder zeigen, wird es dabei von Ländern wie den Philippinen, Indien, Malaysia, China, Indonesien etc. bei weitem übertroffen. Diese Darstellung basiert auf den Zahlen, die in dem Artikel "More than 1000 rivers account for 80% of global riverine plastic emissions into the ocean" von MEIJER et al. aus dem Jahr 2021 ( https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.aaz5803), der sich auf statistischer Basis vor allem mit dem fluviatilen (über die Flüsse) Eintrag von Kunststoffen in marine Systeme beschäftigt.
    Leider ist die Darstellung des Schaubildes etwas unscharf (was an meiner zur Verfügung stehenden Quelle liegt), jedoch optisch dennoch recht gut erkennbar.

    Als der schlimmste Fluß weltweit, was den Kunststoffeintrag in die Weltmeere betrifft, hat sich dabei der Pasig auf der Philippinen-Insel Luzon herausgestellt. Er ist eigentlich nur 25 km lang, jedoch liegt sein gesamtes System mit den Tributären (Nebenflüssen) innerhalb der Grenzen der Landeshauptstadt Manila.
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