• Bergdörfertour

    5 maj, Italien ⋅ ☁️ 13 °C

    Heute mal keine Wanderung, stattdessen Quartierwechsel und Rundfahrt zu einigen Bergdörfern. Zuerst ging es nach Orgosolo. Diese Ortschaft ist weltweit für ihre beeindruckenden Wandmalereien bekannt. Sie erzählen von Politik und Kultur, Uneinigkeit und Volksaufständen, Unmut und sozialer Gerechtigkeit, Alltag und Hirtenbräuchen. In einem Souvenirshop wurden ich zuerst gefragt, wohin es noch gehen soll. Meine Antwort suggerierte offenbar Nachhilfebedarf in der Geographie Sardiniens. Ich wurde an eine Karte zitiert, auf der ich mit einem Zeigestock über die "richtigen" Reiseziele belehrt wurde. Als der Oberlehrer sich einem Kunden zuwenden musste, ergriff ich die Flucht.
    Weiter ging es nach Mamoiada. Die Ortschaft ist wegen ihrer traditionellen, urtümlichen Karnevalsmasken bekannt, die von den sogenannten "Mamuthones" und "Issohadores" getragen werden. Im Maskenmuseum waren wir die einzigen Gäste. Anschließend kurz in einer Maskenwerkstatt vorbeigeschaut. Weiter ging es nach Gavoi, einem der schönsten Dörfer der Barbagia und dann nach Fonni, dem höchstgelegenen Bergdorf Sardiniens. Auf der ganzen Strecke waren viele Biker als Kurvensammler unterwegs. Weiter dann vorbei an einem Stausee zum heutigen Ziel, Villagrande Strisaili. Dieses Dorf gehört zu einer von fünf sogenannten Blue Zones. Die erste wurde hier in der Barbagia entdeckt. In diesen Gebieten leben besonders viele Menschen, die über 100 Jahre alt und noch aktiv sind. Das Besondere auf Sardinien ist, dass das hier auch auf Männer zutrifft. Die weiteren blauen Zonen sind Okinawa (Japan), Nicoya Halbinsel (Costa Rica), Loma Linda (Kalifornien) und Ikaria (Griechenland). Auf Ikaria war ich sogar schon zweimal, habe ich damals gar nicht gewusst, vielleicht war das damals auch noch gar nicht bekannt. Der Begriff Blue Zone ist einem blauen Textmarker geschuldet, den der sardische Biologe Gianni Pes zufällig bei sich trug, als er vor rund 25 Jahren statistisch auffällige Orte auf der Landkarte einzeichnete.
    Die Menschen in den Blauen Zonen haben gemeinsame Lebensstil-Merkmale, die zu ihrer Langlebigkeit beitragen: Familie ist wichtiger als andere Anliegen, nicht rauchen, pflanzenbasierte Ernährung mit vielen Hülsenfrüchten, ständige moderate körperliche Aktivität, soziales Engagement. Auf Sardinien kommt noch der Genuss des kräftigen, regionalen Rotweins Cannonau dazu, der zwei- bis dreimal so viele arterienreinigende Flavonoide wie andere Weine enthält. Kleine Dosen dieses antioxidantienreichen Getränks über den Tag verteilt könnten die geringere Anzahl an Herzinfarkten und Stress bei Männern in dieser Region erklären. Es kann wohl nicht schaden, wenn auch ich jeden Tag ein Glässchen Cannonau trinke. Die Gassen hier im Ort sind steil und eng, aber letztlich erreichten wir doch die Pension. Der Ausblick vom Balkon ist grandios und die Herbergsmutter supernett, aber ohne jegliche Englischkenntnisse. Dafür war die Pizza in ihrer Pizzeria unschlagbar gut.

    PS ❓Wusstest du, dass Sardinien seit 1946 den Status einer autonomen Region mit Sonderstatut und damit die volle Gesetzgebungskompetenz u. a. in den Bereich Tourismus, Landwirtschaft, Fischfang und die Finanzhoheit über die eigenen Steuereinnahmen hat❓
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