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  • Day 4

    Wanderung Tejeda zum Cruz de Timagada

    February 22, 2023 in Spain ⋅ ☁️ 12 °C

    Inmitten des Gipfelgebietes starten wir nach dem Frühstück ab unserem Hotel in Tejeda auf ca. 1.050 m bei wolkenverhangenen Himmel die heutige, sehr denkwürdige Wanderung. Den Roque Bentayga im Blick, erklimmen wir zunächst die ersten 100 Höhenmeter und stellen fest: es ist ganz schön rutschig heute. Joe rutsch gleich dreimal nacheinander aus, landet einmal sogar auf dem Hosenboden, doch Umkehren kommt für uns nicht in Frage. Wir kommen vorbei am Instagram Hotspot „La Cesta“, wo man durch einen übergroßen Metallkorb den Roque Bentayga im Blick hat, gleichzeitig ein schöner Ausgangspunkt für Wanderungen und Spaziergänge. z. B. zu einem wunderbaren Wasserfall ganz in der Nähe. Zugleich ist der Ort auch eine Gedenkstätte für die Opfer eines schweren Unwetters im Jahr 1946.

    Nun folgt ein steiler Aufstieg, vorbei an beeindruckenden Felsformationen und Mandelbäumen bis zum Cruz de Timagada auf 1.285 m. Zwischendurch überlegen wir kurz, ob wir nicht lieber umkehren sollen, denn es beginnt zu nieseln - darauf sind wir nicht wirklich vorbereitet. Zwei Engländer, denen wir unterwegs immer wieder begegnet sind, ermutigen uns jedoch durchzuhalten. Die Bergwacht sei hier sehr zuverlässig und wir müssten uns keine Sorgen machen…. wenn die wüssten.

    Am Cruz de Timagada können wir den spektakulären Ausblick und auch einen kleinen Regenbogen genießen, bevor wir weiter nach La Culata wandern, da soll es ein nettes Café geben, hatten uns die Engländer versprochen. Tatsächlich wartet man dort schon auf Gäste und wir treffen unseren Tischnachbarn vom Frühstück heute Morgen wieder, der auf seine wanderfreudige Kollegin wartet, die offensichtlich besser zu Fuß ist als er. Wir fragen ihn, ob er sich ein bisschen zu uns setzen möchte, um die Wartezeit zu überbrücken. Es stellt sich heraus, dass beide Reiseleiter sind, die bei Wikinger arbeiten und sich auf Zypern bei gemeinsame Touren kennengelernt haben. Sie ist Deutsche, er ein echter Zypriot, der in der Schweiz studiert hat und daher sehr gut Deutsch spricht. Wir unterhalten uns sehr nett und bekommen Lust, Zypern als Reiseziel ins Auge zu fassen. Es ist urig und gemütlich hier oben in diesem ansonsten ziemlich ausgestorbenen Dorf. Wir trinken einen Cappuccino, teilen uns einen Salat und die typischen kanarischen Kartoffeln mit Mojo rojo, sehr lecker!

    So machen wir uns frisch gestärkt und aufgewärmt auf den Rückweg und kaum haben wir die Fahrstraße zum Abstieg verlassen, knicke ich mit dem linken Knöchel um. Autsch! Das tut weh. Also erst einmal durchatmen, vielleicht ist es ja nur eine Kleinigkeit. Das ist leider nicht der Fall, so wird sehr schnell klar, dass zumindest für mich an den Abstieg nicht mehr zu denken ist. Also zurück zur Hauptstraße und auf der weiter Richtung Tejeda. Die zwei einzigen Busse des Tages sind längst durch und so versuchen wir zu Trampen. Keine Chance. Wir sind wohl nicht vertrauenswürdig oder woran mag es sonst liegen? Als wir schon gute vier Kilometer gelaufen waren, zweigt links eine Abkürzung nach Tejeda ab. Wir beschließen folgendes: Joe nimmt die Abkürzung, holt den Roller und bringt mich damit zurück in unsere Pension.

    Kaum ist Joe weg, hält auch schon das nächste Auto, ein winziger Mietwagen mit einem sehr jungen und sehr sympathischen walisischen Pärchen. Sie hatten Erbarmen mit mir und so war ich noch vor Joe zurück. Jetzt merkte ich erst, welche Schmerzen ich hatte.

    Die Apotheke hatte schon Mittagspause, so hat mich Joe ganz liebevoll umsorgt mit Tee und einem kalten Wickel um meinen Knöchel. Was für ein Tag! Joe hatte sich beim Mittagessen an einer kleinen Olive übrigens ein kleines Stück vom Schneidezahn ausgebissen und der Waliser hatte auch ein blutiges Knie von einem Ausrutscher! Weder die Engländer, noch die Waliser, noch wir hatten mit Regen auf der Insel gerechnet, in keiner Wetter-App war vor unserer Abreise Regen angekündigt worden…

    Um 16 Uhr haben wir dann den örtlichen Apotheker konsultiert, er hat mir ein Ibuprophen-Gel und einen Kompressionsstrumpf empfohlen. Das scheint jedenfalls schon ein bisschen zu wirken.

    Wer noch ein bisschen mehr über die Region hier erfahren mag, darf gerne noch ein bisschen weiterlesen: Aufgrund der tiefen Schluchten und der steilen Hänge mussten sich die die Bauern schon immer der Landschaft anpassen und die Landschaftsform ändern. Deshalb waren die Geröllablagerungen und Kolluvialböden praktisch die einzigen Bereiche, in denen Äcker bestellt werden konnten. Es mussten Trockensteinmauern errichtet und die Berghänge zu Terrassenfeldern verwandelt werden, die wir bei unserer Wanderung leicht erkennen können.

    In den heute noch vorhandene zweistöckigen Häusern, befanden sich früher im Obergeschoss, verbunden mit einer äußeren Galerie, die Küche, ein Wohn-Esszimmer und die Schlafzimmer. Im Untergeschoss waren neben dem Bad auch andere Räume für den täglichen Gebrauch, wie Lager, Käserei und Gehege oder Stall für die Tiere. Normalerweise gab es in der Nähe des Hauses auch einen Ofen zum Brot backen. Selbstverständlich sind viele dieser früheren Wohnhäuser umgebaut worden, aber sie haben nach wie vor ihr äußeres Erscheinungsbild bewahrt.

    Die Kirche in La Culata ist der Virgen de Fátima gewidmet, die der mündlichen Überlieferung nach von dem Priester von San Mateo in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf den Schultern hierher gebracht wurde. In La Culata befand sich am rechten Rand der Schlucht von Tejeda, in dem Gebiet namens „Barranco del Tión", die mit über 200 Jahren älteste Mühle von Tejeda.

    Aufgrund der vorhandenen Quellen ist La Culata zweifellos einer der Ortsteile von Tejeda, die sich am besten für die Landwirtschaft eignen. Hier werden vor allem Kartoffeln, Mais, Bohnen, Obst- und Mandelbäume angebaut. Diese blühen im Winter und geben der Landschaft ihre spezielle Farbe. Am Ende des Sommers können dann die Mandeln geerntet werden. Dazu schlagen die Männer mit einem Rohrstock gegen die Äste, sodass die Mandeln herunterfallen. Danach werden sie von Frauen und Kindern aufgesammelt.

    Der Fruchtkern, den man eigentlich als Mandel kennt, muss vor Weihnachten aus der Schale genommen werden. Deshalb organisierte man Gruppen in der Nachbarschaft, die dafür zuständig waren, die Schalen der Mandeln zu entfernen und den Kern herauszunehmen. Aus diesem Fruchtkern werden viele verschiedene Konditoreiwaren hergestellt - Bienmesabe, Marzipan, Turrón, Buttergebäck usw., die überall auf den Kanaren berühmt sind.

    Die Viehzucht mit Schafen und Ziegen hat als Ergänzung zur Landwirtschaft eine gewisse Bedeutung, vor allem in der Nähe der Örtchen Las Casas del Lomo und Timagada.
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