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  • Day 115

    Im Kühlschrank des Drogendealers

    June 3, 2020 in New Zealand ⋅ ☁️ 14 °C

    Wir kommen leicht verspätet in Athol an 🕰 Kein Problem für unseren auch nicht so schnellen neuen Gastgeber Conal. Etwas verplant steht er in der Tür und empfängt uns freundlich 🙋🏻‍♂️ Wir haben unser eigenes kleines Zimmer, was allerdings bei unserer Ankunft unter 10 Grad kalt ist 🌡 Eine kleine Elektroheizung müht sich ab, die Temperatur halbwegs erträglich zu erwärmen.

    Conal hat Curry zum Abendbrot gemacht, was wir zusammen verspeisen 🥘 Er ernährt sich sehr gesund, wie er meint; er kauft seit kurzer Zeit nur noch Bio-Lebensmittel, am liebsten von Bauern in der näheren Umgebung. Allerdings sind so gar nicht nachhaltige Milch, Käse, Hühnchen und Eier auch in seinem Kühlschrank 🤔 Wir reden noch lange an diesem Abend, im ähnlich kalten Wohnzimmer, über Gott und die Welt. Das Gespräch zieht sich auch in die Länge, da Conal nicht der schnellste bei seinen Ausführungen ist 😴 Es ist trotzdem ein schöner Empfang. Allerdings freuen wir uns so gar nicht auf die eisige Nacht. Beim ins Bett gehen entdecken wir jedoch die elektrischen Heizdecken, die anscheinend jeder Neuseeländer kennt und vor allem im Winter benutzt 😅 Die Häuser sind großteils aus Holz, nicht gedämmt, einfach verglast und die Heizung ist meistens nur ein Kamin in der Wohnstube. Die guten (k)alten Tage... 🥶

    Wir schlafen in seinem Airbnb-Zimmer, das aktuell (dank Corona) nicht vermietet ist. Am nächsten Morgen nehmen wir das Haus und das Grundstück näher in Augenschein 🧐 Es liegen massig Blätter in der Wohnung (wahrscheinlich mehr als draußen), viel Zeug liegt da, wo es jemand einfach hingelegt oder fallengelassen hat. Eine richtige Junggesellenbude und die Hölle für Jessys Ordnungstick 🤯 Es ist ein über 100-jähriges Haus, dass sich Conal mit der finanziellen Unterstützung seiner Eltern vor ein paar Jahren geleistet hat. Jetzt will er es auf Vordermann bringen, verkaufen und selbst nach Nelson ziehen, das wir als das Kalifornien Neuseelands schon kennengelernt haben 😎

    Conal hat noch einen Mieter/ Mitbewohner: Reagan, ein Kette-kiffender Maori/Kiwi Anfang 30, der der Arbeit wegen nach Athol gezogen ist 🙋🏽‍♂️ Seine Frau und sein Sohn wohnen in Invercargill, ein Stück weiter südlich. Aktuell ist auf Reagans Arbeit der Traktor kaputt, weshalb er viel Freizeit hat. Als wir Conal nach 2 Tagen fragen, wie sein Mitbewohner heißt, kann er uns das auch nicht sagen. Wir finden seinen Namen einen Tag später raus. 🤣

    Die Arbeit startet mit Holz für den Kamin zurechtsägen, sodass die Bude auch im zweistelligen Grad-Bereich bleibt 🔥 Draußen ist es frostig. Athol liegt in einem Tal, im Schatten eines Berges, weshalb hier recht spät die Sonne auftaucht und dann auch recht früh wieder weg ist 🌅 Wir schleifen Fensterrahmen ab und streichen sie, sobald die Temperatur nicht mehr zu frostig ist das die Farbe wieder abplatzt 🖌
    2 kleine Baby-Katzen von den Nachbarn kommen täglich neugierig vorbei und wollen spielen 🐱 Mittlerweile finden Katzen gar nicht mal so schlecht, solange sie vorrangig außerhalb des Hauses rumtigern, mal zum Spielen oder Kraulen vorbeikommen und fleißig Mäuse fangen Letzteres hoffentlich nur im Haus, denn nicht selten genug kommt eine Katze mit einer Trophäe in Form einer Maus, eines Vogels oder Kaninchens nach Hause 😩🏆
    Am Nachmittag spazieren wir mit Conal und einer Nachbarin durch die Querstraßen von Athol. Das Haus wird langsam warm, da wir regelmäßig Holz nachpacken. Unser Zimmer, die Toilette und das Bad sind trotzdem arschkalt und die Stube wird the place to be 😌

    Am nächsten Tag will sich Reagan mit einem Luftbett/ Schlafmatratze den kleinen Fluss heruntertreiben lassen, wohlgemerkt bei einstelligen Temperaturen und total stoned 🙄 Das Projekt wird umgesetzt. Wir fahren mit flatternder Matratze auf dem Dach gen Fluss 🚙 Jeder hat eine Hand an der Matratze, dass sie auf der Landstraße (Autobahn) nicht wegsegelt. Reagan ist mit Stock, Handtuch und Gras bewaffnet und steigt in die Fluten. Er schippert langsam davon 🚣‍♂️ Wir hätten gedacht, dass er schnell untergehen würde, aber er hält sich wacker auf der Doppelmatratze und genießt es sichtlich 🥴 Wir spazieren am Ufer entlang, ein Auge auf Reagan, ein Auge auf den waldigen Boden. Conal möchte nämlich gerne Magic Mushrooms finden, unter dessen Einfluss er übrigens auch stand, als wir am ersten Abend bei ihm ankamen. 🍄

    Da wir nicht vorhaben noch weiter gen Süden zu fahren, buchen wir noch am Abend unsere Tour nach Milford Sounds. Dies ist die Fjordlandschaft Neuseelands und sehr mit Norwegen zu vergleichen 🏞 Dank Corona gibt es kräftig Rabatt 🤑 Im Dunkeln aufgebrochen, entwickelt sich die Fahrt dorthin schon als Erlebnis. Vor Ort ist der Besucherparkplatz nur zu einem Bruchteil gefüllt. Die Sonne kämpft sich durch und wir haben auf dem Ausflugsschiff tolle Möglichkeiten für Fotos 🌄 🛳

    2 Tage später will uns Conal für eine seiner Leidenschaften begeistern: das (Offroad-)Wandern 🚶🏼‍♀️🚶🏼🚶‍♂️ Wir sind sofort dabei und planen mit ihm eine 2-Tages-Wanderung mit Übernachtung in einer Hütte. Wir stapfen morgens motiviert los. Die Überflutungen im Frühjahr haben den Wanderweg gehörig verändert 🌧 Diese Abwechslung inklusive Flussdurchquerung reichen uns eigentlich vom Erlebnisgrad 😬 Nach der Mittagspause geht es aber Offroad weiter und zwar stundenlang. Es geht durch dichtes Gestrüpp, steile/rutschige Felshänge kontinuierlich den Berg hoch 🧗🏼‍♂️ Wir treffen andere Offroad-Wanderer, die leicht verrückt scheinen; wer weiß was die an Pilzen gefunden haben 🤪 Dieser Menschenschlag findet sowas also toll. Als wären die Zweige im Gesicht, das Abrutschen von Steinen und das Umknicken auf morschen Stämmen nicht genug, haben wir auch noch jeder 10-15kg Gepäck dabei mit Schlafsäcken, Decken, Kissen, Kocher, Töpfen, Dosen, Fressalien etc. 🎒 Wir können diesem Abenteuer auf vielen Offroad-Abschnitten immer weniger abgewinnen. Nach 4 Stunden sind wir hochgradig entnervt aber glücklich auf dem Bergkamm angekommen und bestreiten die letzen 1-2km auf einem steinigen Weg 😃 Als wir die Hütte erreichen, geht die Sonne gerade unter. Was ein Panorama! 🌅
    Die Küche mit Feuerstelle nehmen wir in Beschlag, machen Feuer und bereiten das Essen zu. Die Hütte wird langsam richtig warm. Essen schmeckt (mit von Conal hausgemachtem CBD-Öl verfeinert) hervorragend, dann wird eine Runde Scrabble gespielt 🧩 Wir schauen noch die Sterne an und geistern belustigt durch die nahe Umgebung. So wenig Lichtverschmutzung gibt es selten 🌟 Wir entschließen uns, alle 3 in der kamin-beheizten Küche zu schlafen. In der Nachbarhütte gibt es zwar insgesamt 8 Betten, aber keinen Kamin 🥶 Zu spät stellen wir leider fest, dass auch ein Rudel Mäuse die Küche bevorzugt. Wir kriegen kaum ein Auge zu während die windigen Biester sich versuchen an unseren Vorräten zu laben und über unsere Matratzen rennen 🐁 Jessy schreckt bei einer Maus in ihrem Nacken hoch und Philipp wacht regelmäßig vom Rascheln der Mäuse hinter dem Kamin auf 😫 Eine Nacho-Packung hatten wir im Rucksack vergessen 🍟 Die Mäuse haben sie gefunden und die ganze Nacht eine Fiesta Mexicana darin gefeiert...

    Auf dem Rückweg am nächsten Tag stapfen wir übermüdet auf dem Wanderweg den Berg weiter hinab. Wir haben dabei sehr tiefsinnige und ernste Gespräche mit Conal. Neben gerechter Weltpolitik 🌍 und Sinneswandel der Menschen zum Positiven, sprechen wir auch über Familie 👨‍👩‍👧‍👦 Er erzählt dabei, dass seine recht wohlhabende Familie fast alles Geld durch den Verkauf von Drogen erwirtschaftet hat 😳 Damit wurden mehrere Häuser gekauft und sich ein schönes Leben gemacht. Conal arbeitet auch nicht seit der Uni und sein Taschengeld verdient er mit dem regelmäßigen Grasanbau und -verkauf. Schon in der Schulzeit war er Anlaufpunkt Nummer 1 innerhalb der Schülerschaft und zu jeder Orts eingeladen 😮
    Nachdem wir wieder Offroad unterwegs waren, an kilometerlangen Weidezäunen eines Farmers vorbeigelaufen sind, einen Fluss barfuß durchquert haben, erreichen wir glücklich und erschöpft das Auto 🤩🚗

    Am nächsten Tag beenden wir noch ein paar Arbeiten im Haus, u.a. saugen wir Staub, was wochenlang nicht passiert sein muss. Ein französisches Pärchen soll am Abend ankommen. Dem wollen wir den Einstieg so leicht wie möglich machen 🧼 😊
    Conal muss nach Queenstown und für die neuen Workawayer einkaufen, was uns gut passt; wir nutzen den Moment um ebenfalls loszukommen. Es ist eine nette Verabschiedung von Conal und Reagan. Nun noch schnell den Babykatzen und der 6 Wochen alten Babyziege der Nachbarinnen tschüss gesagt und los gehts 🚙

    Wir freuen uns auf Lee in Arrowtown und hoffen auf eine sauberere, wärmere Unterbringung und auf besseres Essen. Komischer Weise hat Lee ihr Workaway-Konto direkt abgemeldet, nachdem sie uns gefunden hat. Hoffentlich ist das kein schlechtes Omen ...🤨
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