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  • Day 15

    Horror Show

    September 7, 2018 in Ghana ⋅ ☁️ 24 °C

    Heute fing der Tag an wie jeder andere auch. Wir frühstückten und quatschten entspannt, bevor es ins KH ging. Im KH angekommen, warteten wir wie üblich auf Dr Bassit. Zuerst ging es in die Kinderstation. Dort verteilte Max für die Kinder Kekse, da es traurigerweise sein letzter Tag im KH und generell auf dem Dorf ist. Sonntag geht es ganz zurück in die Heimat. Da es Freitag ist, freuten wir uns schon gedanklich auf das Wochenende und erwarteten nicht mehr viel. Max ging etwa gegen 12 Uhr zurück ins Dorf, um seine Sachen zu packen. Ich blieb und klapperte noch die restlichen Stationen mit Dr Bassit ab. Es ging weiter zur Entbindungsstation. Eine Frau lag bereits in ihren Wehen und hatte hörbare Schmerzen. So wie ich's verstanden habe, musste Dr Bassit schauen wie weit der Muttermund schon geöffnet war. Er zog sich Gummi-Handschuhe über seine Hände und griff unten mit einer Hand rein und mit der anderen Hand tastete er ihren Bauch ab. Er erklärte mir einige Sachen dazu. Aufgrund der vielen Fachbegriffe verstehe ich nicht alles, aber im Groben und Ganzen weiß ich immer, worum es geht. 

    Ich war froh, als es vorbei war, da ich es überhaupt nicht ertragen kann, andere aufgrund von Schmerzen so leiden zu sehen/hören - und das war eigentlich gar nichts. Wir schlenderten danach zur Mutter-Kind-Station, worauf ich mich schon freute. Gestern wurden drei kleine Babys geboren. Ich habe noch nie so frische, süße, kleine Würmchen gesehen. :) Ich war also total auf sie fixiert und merkte nicht, dass es einer anderen Frau im gleichen Zimmer gar nicht gut ging. Erst als der Arzt eine Sichtschutz-Wand an ihrem Bett aufstellte, kam ich mit rüber. Genau in dem Moment platzte ihre Fruchtblase, einige Sekunden später floss so viel Blut nach, sodass das ganze Bett und der ganze Boden nass waren und es hörte einfach nicht auf. Der Arzt griff unten rein und versuchte irgendwas von innen zu ertasten - dachte ich zumindest!!! Ich stand da also total nervös rum, guckte ab und zu weg, da mir der Anblick zu viel wurde. Der Arzt fuchtelte teilweise so unvorsichtig mit seinen Armen herum, dass ich Angst bekam Blutspritzer abzukriegen. 

    Bevor ich überhaupt schalten konnte was er da tat, hielt er plötzlich schon den leblosen Fötus in seinen Händen. Er befand sich im 5. Monat und war etwa 20 cm klein. Dr Bassit betrachtete das kleine, friedliche Wesen auf seiner Hand, was schon wirklich aussah wie ein Mensch in Miniaturform. Finger, Zehen etc. waren schon richtig ausgebildet. Währenddessen konnte ich nicht glauben was ich sah. Da alles so schnell ging und keine Krankenschwester in der Nähe war und Dr Bassit Tücher zum Abwischen brauchte, musste ich ihm helfen. Also schnappte ich panisch meine Klorolle und meine Nasstücher aus meinem Jutebeutel, den ich immer dabei habe für den Fall aller Fälle, und reichte ihm diese. Ich hoffte, dass er mich mit seinen blutigen Händen nicht berührte. Die Krankengeschichte der Frau kannte man immerhin nicht. Es war noch nicht vorbei. Die Frau blutete sehr viel nach, da die Plazenta noch drin war. Solange diese sich noch im Körper befindet, hört es nicht auf zu bluten. Also ging er mit ihr eine Etage weiter nach unten in den OP-Saal, um alle Reste auszusaugen. Da stand ich nun alleine und reglos neben dem toten Baby und wusste nicht, was ich machen sollte. Es lag da ganz friedlich in Löffelstellung im blutigen Bett als würde es schlafen und vergessen worden sein. Ich betrachtete es mit etwas Abstand und sah wie es noch 1-2 Mal den Mund öffnete. "Zum Glück" holte mich Dr Bassit irgendwann ab. Was er mir als nächstes zeigte, wusste ich nicht. Allerdings wusste ich ganz genau, wo wir lang mussten, da die Frau durch das gesamte KH eine fette Blutspur hinterließ. Anscheinend transportierte man sie mit solchen Schmerzen nicht in einem Rollstuhl. Richtig verrückt! Ich kam mir vor wie in einem Horrorfilm. Im Saal angekommen, erfolgte die restliche schmerzhafte Prozedur. Die Frau saß breitbeinig auf dem "berühmten" Stuhl und alles, was sich noch darin befand, wurde mit einer Zange herausgekramt - mal auch mit der Hand oder mit einem Schlauch. Ich stand wieder mal total überfordert in der letzten unblutigen Ecke des Zimmers und kaute auf meinen Nägeln rum, was ich sonst nie mache. Ich war einfach nur froh, als es vorbei war. Danach kam mir alles total unreal vor. Der Arzt fuhr mich ins Dorf zurück, wo Max und David auf mich warteten. Die beiden konnten mich zum Glück gut ablenken. 

    Nicht lange danach sind Max und ich wieder Richtung Accra losgedüst. Wir kamen um ca. 20 Uhr im Haus an, nachdem wir eine Weile im Dunkeln auf dem überfüllten Madina Market unseren Anschluss-Trotro suchten. Für den Abend war eigentlich Party angesagt, da es Max, Annne's und Sophie's letztes WE in Accra ist. Wir gingen auch tatsächlich los. Zuerst ging es in eine Art Bar, wo trotzdem viel getanzt wurde - sogar auf der Straße, wo viele Bars aneinander gereiht sind. Danach wollten wir noch in einen Club. Dort angekommen, stellte ich fest, dass es ein richtiger Schicki-Micki-Laden war. Die Frauen und Männer waren ganz anders gekleidet wie ich es bis jetzt von Ghana kannte. Die Frauen sahen echt am schlimmsten aus. Dicke, richtig schicke Karren fuhren ein und aus. Zum Glück war ich nicht die Einzige, die keine Lust hatte auf diesen Club. Also blieb eine Hälfte, die andere fuhr zu Pizza Inn. Dort gönnten wir uns einen kleinen Mitternachtssnack und kamen um ca. 3 Uhr wieder zu Hause an und waren glücklich über unsere Betten.
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