• 23. Tag

    Nov 7–9, 2024 in Czech Republic ⋅ ⛅ 5 °C

    HEUTE KÖNIGSETAPPE!
    Um es vorwegzunehmen, ich bin stolz wie Bolle - vor vier Wochen hätte ich an eine solche Etappe keinen Gedanken verschwenden brauchen. Aber irgendwie wollte ich es auch mal wissen und habe daher schon gestern ein Hotel reserviert.
    Start leider wieder erst 08:30, die Küche hebt ihr Schiebefenster erst um 8:00. Heute ist "el jefe" da und ist wahnsinnig enttäuscht, dass ich ihm frühmorgens kein Bier abkaufe. Der 8-Uhr-Zug ist mir aber zu zeitig, bloß erklär das mal auf polnisch. Ich kann immerhin mit Karte zahlen, das spart größere "Währungsschwankungen" beim Umrechnen in Euro.
    Es geht los mit 200mH zum Gipfel des Glatzer Schneebergs, mit 1412m schon mal ein Höhepunkt. Den Aussichtsturm lasse ich heute weg, noch stapfe ich ohne Fernsicht vor mich hin. Der Abstieg führt an einer aufgelassenen Hütte vorbei und weiter steil hinab bis auf 900mH. Je steiler die Wege, umso derangierter sind sie, ich komme langsam ins Zentrum der Starkregenfälle.
    Urplötzlich bricht die Sonne durch und erzeugt zauberhafte Stimmungen im Wald. Weg und Gelände sind heute perfekt, zwar häufig auf und ab, aber immer so gemäßigt, dass ich bis zum Schluss den 4km/h- Schnitt halten kann. Da muss man aber schon gaaaanz schön ausschreiten...
    An einem Straßenübergang passiere ich das letzte Mal die Grenze, ab hier bleibts tschechisch. Nach 17km kommt ein prachtvolles Restaurace am oberen Ende eines Skigebiets. Die Sonne scheint, der Ausblick ist außergewöhnlich und ich nehme einen verspäteten 11-Uhr-Zug: Bier, Kofola, Gerstensuppe. Diese Rast euphorisiert mich völlig, also, wenn es ein "Hikers High" gibt, dann erlebe ich es jetzt und schreie meine Freude in den sonnigen Wald, wohl wissend, dass die Hälfte noch lange nicht erreicht ist. EGAL!
    Weiter gehts wieder länger bergab, ein enges Tal mit einem kleinen Bächlein, das im September weiter unten im ersten Ort mächtig gehaust hat. Ich will mir nicht vorstellen, hier wenige Tage nach dem Ereignis durchgewandert zu sein! Selbst jetzt siehts noch grauslig aus, obwohl zumindest die Straße wieder befahrbar ist.
    Kurze Zeit später öffnet sich der Blick auf den ebenfalls 1412m hohen Keprnik, der von einem Pass auf 750m überstiegen sein will. Das wird nochmal ein Kraftakt. Der Gipfel ist nach 32 km und kurz nach Sonnenuntergang erreicht
    Es wird gleich wieder empfindlich kalt, langsam dunkel und noch liegen 7km vor mir. Eher zufällig sehe ich noch eine Frau am Gipfel sitzen mit einem recht großen Rucksack. Ich vermute, sie will hier oben übernachten, und befürchtet, dass ich sie bei diesem Erlebnis "stören" könnte. Die Sorge nehme ich ihr, indem ich flinke Hufe in Richtung Tal mache. Bald muss nun auch die Stirnlampe herhalten, was aber gar kein Problem ist. 1,5h später stehe ich nach 9,5h, 39km, 1450mH im Auf- umd 1655mH im Abstieg vorm Hotel und bin DA! Duschen, Essen, Bier tanken, viel mehr passiert heute nicht mehr - ich werde ganz bestimmt gut schlafen...
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