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  • Day 132

    Fussball spielen auf schwimmenden Inseln

    May 9, 2019 in Peru ⋅ ⛅ 15 °C

    Ich blicke aus dem linken Fenster unseres Ausflugsbootes. Auf einem mehrere Meter hohen Bambusgeflecht befindet sich ein kleiner improvisierter Fussballplatz mitten auf dem Titicaca-See. Die Grenzen des Platzes sind auf natürliche Weise durch den Uferrand der schwimmenden Insel vorgegeben. „Das Spiel muss hier häufig unterbrochen werden...“ informiert uns unser Guide. Nämlich praktisch immer dann, wenn der Ball im aus landet und man den Ball mit einem kleinen Boot wieder aus dem Wasser fischen muss. Ich wundere mich da kaum, dass es Bolivien noch nicht zur Weltmeisterschaft geschafft hat... 😂

    Ich befinde mich wenige Kilometer vor der Küste der peruanischen Hafenstadt Puno auf dem Lake Titicaca. Für heute steht ein Tagesausflug zu den Floating Islands an, die inzwischen den Schutz des UNESCO-Weltkulturerbe genießen. Auf etwa 90 schwimmenden Inseln lebt hier eine peruanische Gemeinschaft von etwa 2000 Einwohnern. Es gibt eine Schule, Kindergarten, ein kleines Krankenhaus, ein paar Werkstätten, ein Verwaltungsgebäude, einen kleinen Marktplatz, usw.. Also praktisch alles, was ein kleines Dorf benötigt um autark zu sein. Die Einwohner haben das Recht, jederzeit ihre Landfläche zu erweitern. Wie wir erfahren, werden hierzu viele Erdblöcke zusammengebunden und mit einer ganzen Menge Bambus aufgestockt, um sowohl den benötigten Auftrieb als auch eine Feuchtigkeitsisolierung zu gewährleisten. In ca. 6 Monaten kann mit dieser Technik dann eine neue schwimmende Insel geschaffen werden, auf der dann primitive Hütten für Familien errichtet werden können.

    Als wir unseren Ausflug im Hafen von Puno starten, merke ich schnell, dass die Floating Islands inzwischen vom Massentourismus überschwemmt werden. Zig Boote schwärmen gleichzeitig zu den Inseln aus, und das im 2-Stunden-Takt. Auf der Insel winkt uns bereits die ansässige Familie freundlich zu und begrüßt uns mit einem traditionellen Lied. Dann erfahren wir die wesentlichen Informationen zur Entstehung der Inseln und zur Lebensweise der Familien und besichtigen ihre kleinen Hütten. Im Anschluss werden dann natürlich einige Tische mit Souvenirs ausgebreitet, mit der Bitte die Familien mit einem Kauf zu unterstützen. Abschließend werden wir dann noch für 10 Minuten in einem traditionellen Reed-Boot chauffiert (natürlich gegen einen extra Obulus) und nach einer knappen Stunde ist das Spektakel dann auch schon vorbei. Auch wenn die Einwohner sehr freundlich und die Floating Islands durchaus auch interessant waren, stehe ich solchen inszenierten Ausflügen etwas skeptisch entgegen. Umso besser, dass wir unseren Ausflug noch auf die Insel Taquile fortsetzen, die ähnlich schön wie die Isla Del Sol ist und abseits des Massentourismus liegt. Neben einem schönen Spaziergang und einem Mittagessen erfahren wir hier einiges über die Sitten und Bräuche der Einwohner. Die Menschen hier verbringen insbesondere viel Zeit mit dem Weben von Mützen und Gürteln. In Erinnerung bleibt mir ein schönes Hochzeitsritual, bei dem die Gürtel von Mann und Frau als Zeichen der Vereinigung vom Ehemann zusammengebunden werden und anschließend von ihm ähnlich wie ein Ehering getragen werden. Übrigens lässt sich auch am Muster der Mützen (die hier jeder Mann trägt) erkennen, ob er noch Single ist. Praktisch, eine etwas andere Form der Partnerbörse. Anscheinend wird hier noch nicht „getindert“ 😂

    Ich bin jedenfalls froh, mich heute für einen Tagesausflug entschieden zu haben, um dem eher hässlichen Puno entfliehen zu können. Ganz anders als Copacabana lädt Puno so gar nicht zum Verweilen ein: laut, viel Verkehr, dunkel. Manchmal setzt sich auch einfach der erste Eindruck fest, aber ich habe mich von Anfang an nicht wohl gefühlt, als ich gestern Abend im Dunkeln und im Regen vor meinem wenig einladenden Hostal herausgelassen wurde. Das Zimmer ist zwar sauber, aber äußerst spartanisch, in die Jahre gekommen, kalt und dunkel. Ich war froh, am Abend schnell eingeschlafen zu sein und am frühen Morgen das Zimmer wieder verlassen zu können. Mit 19 Euro die Nacht war es sogar etwas teurer als meine schöne Unterkunft an der Copacabana, an die ich bereits jetzt wehmütig zurückdenke.

    Immerhin der Grenzübergang von Bolivien nach Peru verlief zuvor heute Nachmittag überraschend reibungslos. Ich war fast verwundert, dass die Abfertigung digital und mit Webcam verlief, fast schon europäischer Standard 😉 Meine Freude, als ich meinen Fuß auf peruanischen Boden gesetzt habe, war allerdings nur von kurzer Dauer. Verdammt, ich habe meine Jacke im Bus gelassen. In der Ferne sehe ich, wie dieser bereits wieder die Rückreise nach Copacabana angetreten hat. Noch zuversichtlich darüber, dass mir die Jacke in den nächsten Tagen nachgesendet werden kann, informiere ich sofort unseren neuen peruanischen Guide. Leider erfahre ich am nächsten Morgen per e-mail, dass meine Jacke nicht gefunden wurde. Ich werde mit dem Verlust leben müssen, aber die Situation ist schon etwas seltsam. Als ich dann am Abend meine Tasche auspacke, muss ich einen weiteren Verlust feststellen. Ich habe mein praktisches Campinggeschirr in meinem Zimmer in Copacabana liegen lassen. Auch hier wurde auf Nachfrage bei der Unterkunft leider nichts gefunden. Äußerst merkwürdig. Ein rabenschwarzer Tag für mich. Wenn Susi noch bei mir gewesen wäre, wäre mir das sicher nicht passiert. Ich vermisse das Vier-Augen-Prinzip 😔 (@Susi: immerhin habe ich meine Sonnenbrille noch nicht verloren... 😉). Ich versuche den Verlust schnell abzuhaken und drücke fest meine Daumen, dass ich für den Rest meiner Reise von ausgiebigen Regenfällen verschont bleibe und auf meine schöne Regenjacke verzichten kann. Zumindest reise ich jetzt mit leichterem Gepäck 😄
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