Satellite
Show on map
  • Day 133

    Weisse Stadt auf schwarzem Pulverfass

    May 10, 2019 in Peru ⋅ ⛅ 22 °C

    Zwischenstopp in Arequipa, der angeblich schönsten Stadt Perus. Auch wenn ich Arequipa hauptsächlich als Sprungbrett für den Ausflug zum Colca Canyon nutze, habe ich einen vollen Tag eingeplant, um Arequipa an sich kennenzulernen. Da ich aus Puno mit dem Nachtbus angereist bin, stehe ich bereits um 6 Uhr morgens mit meinem Gepäck in meiner Bleibe für die kommenden 3 Tage (von denen ich allerdings 1 Nacht am Colca Canyon verbringen werde). Ich habe einen guten Griff mit der Auswahl der Unterkunft gemacht. Circa 10 Minuten zu Fuß vom Hauptplatz und geschäftigen Treiben der Stadt entfernt, hat mein Casa del Leonardo einen schönen ruhigen Innenhof und ein für meine Verhältnisse gemütliches Zimmer (dass die Dusche mal wieder nur lauwarmes Wasser ausspuckt, nehme ich inzwischen schon kommentarlos hin). Als Frühaufsteher habe ich heute also ausreichend Zeit für die Stadtbesichtigung und was könnte sich da mehr anbieten, als eine Free Walking Tour zu machen (eigentlich ist der Begriff „Free“ Walking Tour etwas irreführend, denn die Guides geben häufig schon zu Beginn der Tour zu verstehen, welches Trinkgeld sie etwa erwarten. Dennoch sind die Touren mit einem Trinkgeld von meist nur wenigen Euro eine kostengünstige Möglichkeit, in kurzer Zeit die Stadt kennenzulernen).

    Die Tour ist gut besucht und wir ziehen mit einer Gruppe von ca. 20 Leuten um die Häuser Arequipas. Der Guide macht seine Arbeit anständig und ich erfahre eine ganze Menge über die Geschichte der Stadt, deren Stadtbild hauptsächlich durch den Einfluss der spanischen Eroberer geprägt ist: Katholische Kirchen, pompöse koloniale Gebäude und Plätze sowie geradlinige Gassen. Ich fühle mich ein wenig in die schönen spanischen Städte wie Valencia, Salamanka oder Barcelona versetzt. Interessant finde ich übrigens den Ursprung des Namens Arequipa. Dieser ist abgeleitet aus dem Quechua (die ursprüngliche Sprache der Inkas), und zwar von dem Wort „are quepay“, was soviel heißt wie „Ihr dürft bleiben“. Dies soll nämlich der damalige Inka-Herrscher den Spaniern mitgeteilt haben, als diese zu dieser Zeit noch „friedlich“ ins Gebiet des heutigen Arequipa einmarschiert sind. Hätte der Inka-Herrscher geahnt, dass die Spanier wenige Jahrzehnte später das größte südamerikanische Reich der Geschichte gewaltsam für sich beanspruchen, hätte die Stadt wohl heute anders geheißen 😉 Arequipa wird auch die weiße Stadt genannt, nicht nur wegen des hellen Vulkansteins, der die Gebäude erstrahlen lässt, sondern hauptsächlich auf Grund der Herkunft vieler Einwohner, die hauptsächlich aus europäischen Ländern und daher überwiegend weiße Hautfarbe tragen. So beschaulich und freundlich Arequipa wirkt, so sehr täuscht doch der friedvolle Eindruck, denn die Lage könnte geographisch kaum gefährlicher sein. Erbaut am Rand zweier tektonischer Platten wird es immer wieder von starken Erdbeben heimgesucht, das letzte katastrophale erst 2001 mit einer Stärke von knapp 8 auf der Richterskala. Nur die massive koloniale Bauweise mit schwerem Stein und stabilen Rundbögen konnte hier bisher eine vollständige Zerstörung der historischen Gebäude verhindern. Zudem ist Arequipa umringt von drei der größten Vulkane Perus, davon einer noch aktiv. Der letzte große Ausbruch ist erst 250 Jahre her. Wer weiß also, wann dieses Pulverfass mal wieder richtig explodieren wird? Die Gefahr aber mal außer Acht gelassen, verschaffen die Vulkane auf der anderen Seite Arequipa gerade erst diesen einmaligen Ausblick im Hintergrund in nahezu alle Himmelsrichtungen. Schönheit und Gefahr liegen doch manchmal so eng beieinander 🙂

    Unsere Stadtführung macht zu guter letzt auch noch einen kurzen Abstecher an der handwerklichen Wollfabrik für Alpaca-Wolle. Ich lerne hier nochmal die wesentlichen Qualitätsunterschiede von der Wolle kennen, lerne, dass Alpaca-Wolle besser ist als Lama-Wolle (die kratzt 🙁), dass ich mir Viscuna-Wolle wohl nie leisten werde können und dass nicht überall Alpaca drin ist, wo Alpaca drauf steht 😂 Hier im „Factory Outlet“ kann ich mir aber der Qualität gewiss sein, und da aufgrund des Muttertages (Danke Mama! 🙂) auf alles ein 50% Rabatt gegeben wird, sichere ich mir doch glatt ein schönes Baby-Alpaca Stöffchen für zu Hause. Alles richtig gemacht... 🙂

    Der Tag neigt sich dem Ende und wie könnte ich ihn besser abschließen als auf einer der Roof-Top Bars den Sonnenuntergang mit einem Pisco Sour an mir vorbeiziehen zu lassen. Lisa, meine amerikanische Bekannte, begleitet mich noch ein letztes Mal an diesem Abend und stößt zum Abschied mit mir an. Sie wird morgen nach Cusco weiterziehen und dann in ihre Heimat zurückkehren. So ist das mit den Reisenden: kaum Bekanntschaft gemacht, trennen sich die Wege auch schon wieder. Aber Lisa scheint mir eine treue Seele zu sein und ich denke, wir werden in Kontakt bleiben. Einen Kontakt in den USA zu haben, kann sicherlich nicht schaden... 😊
    Read more