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  • Day 4

    4. Nach Norcia

    May 4, 2023 in Italy ⋅ 🌙 11 °C

    Eine alte Bahntrasse als Rad-Schotterweg führt mit ein paar kleinen Unterbrechungen 45 km nach Norcia. Das interessante ist, dass von Spoleto aus die Strecke auf einen Berg führt und auf 600 m Höhe ein zwei Kilometer langer, stockdusterer Scheiteltunnel durchfahren wird, bis es wieder ins Tal hinunter geht um nochmals auf das 600 Meter über dem Meeresspiegel gelegene Norcia zu gelangen.

    Doch folgte nach der ersten Stunde bergauf die Ernüchterung. Der zwei Kilometer lange Scheiteltunnel war mit einem Tor versperrt. "Mist" dachte ich nur. Denn das Stück hinunter ins Tal wollte ich so gerne fahren. Der parallel verlaufende Pass wäre zwar auch schön, aber Pässe kann man immer fahren. Die Bahntrasse hat in ihrem Verlauf einfach was besonderes.

    Es ließ mich nicht los und so fand ich auf der Karte einen Waldweg, der ans andere Ende des Scheiteltunnels lief. Das Problem war nur, dass die Stelle 3,5 km entfernt von der Straße lag mit entsprechenden Höhenprofil. Aber ich musste es wissen und nahm das Risiko lieber in Kauf, wieder den ganzen Weg zurück zu fahren.

    Über mehr oder weniger grob geschotterte Wege mit der ein oder anderen steilen Passage erreichte ich dann die Stelle. Der Scheiteltunnel war von der Seite ebenfalls gesperrt, was ein gutes Zeichen war, denn dann ist die Wahrscheinlichkeit geringer in den folgenden Tunneln hinab auf eine Sperre zu stoßen. Ich fuhr weiter, der erste Tunnel war frei, der zweite, der dritte. Froh drüber, den ersten Menschen wieder getroffen zu haben konnte ich etwas entspannter ins Tal fahren und den Weg weiter nach Norcia folgen. Hier verließ ich den Schotter-Radweg und nahm die Straße, die nicht nur einen guten Belag aufwies sondern auch wenig Verkehr. Das ist wohl der riesige Vorteil an Mittelitalien gegenüber den Alpen, es ist einfach nicht touristisch überlaufen. An dem ganzen Tag, mit anschließenden Pass nach Castelluccio waren es keine 20 Motorradfahrer. Das ist in den Alpen oft das Pensum in einer Stunde.

    Bis Norcia bekam das Gebiet immer mehr ein Hochgebirgscharakter. Angekommen in meiner Unterkunft, die gleichzeitig eine Gelateria ist, konnte ich den Besitzer fragen, ob eine Straße die ich den nächsten Tag fahren möchte befahrbar ist. Laut Google Maps war sie gesperrt. Er verneinte es ebenso und das hieß für mich umplanen. Gerne hätte ich den Pass nach Castelluccio am nächsten Tag mitgenommen. Da ich ihn nicht weglassen wollte musste ich ihn zwangsläufig an dem Tag noch fahren. Das waren schließlich nur 1000 hm dazu.

    Vorteil war, so sei gesagt, 10 kg Gepäck in der Unterkunft gelassen werden konnten und das spannt man schon. Der Weg hinauf war auch recht schön. Es gab immer wieder einen Blick auf das bei Rieti liegende Monti Reatini mit Schneebedeckten Bergen und der Hochebene, in der Norcia liegt. Die Steigung übertraf auf den 18 km keinen zweistelligen Betrag. Los war auch nicht viel und es hat sich fast schon gespenstisch angefühlt, über viele Kilometer kein Fahrzeug zu sehen. An der Passhöhe angekommen, dem Forca Canapine, war schlussendlich ein sehr schöner Ausblick auf den Monti Sibillini Nationalpark mit seinen Hauptberg, den Monte Vettore.
    Die Hochebene unter dem Monte Vettore wird sich in ein, zwei Wochen in ein farbenfrohes Blütenparadies aus lauter blühenden Wildblumen verwandeln.
    Bekannt als "fioritura di Castelluccio".
    Das hätte ich zugegeben nur allzu gerne gesehen, aber leider war ich da ein wenig zu früh dran.

    Anschließend ging es zurück nach Norcia zum Essen und zur Unterkunft, wo an diesem Tag nicht mehr viel nötig war, außer lange zu schlafen und zu regenerieren, um am nächsten Tag nach Amatrice zu gelangen.
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