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  • Day 9

    Ein Tag zum Vergessen

    January 2 in Bolivia ⋅ ☁️ 15 °C

    …so ganz trifft es der Titel nicht, denn auch wenn der Tag einen ganz anderen Verlauf nimmt, als geplant, bleibt er uns als ein ereignisreicher in Erinnerung.
    Nach dem Frühstück auf unserer Hacienda brechen wir Richtung Potosí auf, da wir einen Werkstatttermin haben. Wir wollen neue Reifen aufziehen lassen, ein bolivianischer Freund Milans hat uns an einen befreundeten Reifenhändler in Potosí vermittelt. Ein Glücksfall, denn das Thema neue Reifen ist in Argentinien ein äußerst lästiges und kostspieliges.
    Die Anfahrt gestaltet sich als ein Abenteuer: extrem steil ansteigende Straßen, die von podestartigen Querstraßen mitten im Anstieg - den man mit zusammen gebissenen Zähnen versucht zu meistern - gekreuzt werden. Dann kracht es: der Autoboden hat wegen des steilen Winkels eine der Kanten, die an diesen Kreuzungen bestehen, hart touchiert. Nützt nichts, es geht weiter steil bergauf, Anhalten geht nicht, trotz klapperndem Geräusch unten.
    Wir erreichen den Reifenhändler, werden mit “besos” begrüßt und dürfen das Auto am Steilhang (“normale” Hänge gibt es in Potosí nicht) vor der Werkstatt abstellen.
    Gleich machen sich zwei Arbeiter mit Wagenhebern ans Werk. Ein weiterer checkt und repariert den Unterboden - nichts Gravierendes. Dann sind die beiden Vorderräder gewechselt. Ein weiteres Hinterrad wird abmontiert - und der Wagen setzt sich langsam, aber stetig rückwärts in Bewegung. Geschrei von innen, denn die Kinder sitzen drin, ein Hechtsprung von Philipp über den Beifahrersitz auf den Fahrersitz, um dort die Fußbremse bis zum Anschlag durch zu treten …, zum Schluss hilft auch ein Stein, der zufällig unterhalb des noch montierten Hinterreifens liegt, um das Auto zu stoppen. “Que susto” - “Welch ein Schreck!”
    Egal, die Kinder steigen aus, die fehlenden Reifen kommen drauf, zwei gebrauchte wieder ins Auto, für alle Fälle, und dann geht es zurück zu unserer Hacienda nach Cayara. Die eigentlich geplante Stadttour verschieben wir auf den nächsten Tag. Da bleibt uns noch etwas Zeit, den Schreck zu verdauen und zu überlegen, ob wir nun eine Minentour machen wollen oder nicht.
    Auf dem Rückweg beobachten wir kilometerlange Schlangen vor Tankstellen, es gibt Probleme mit der Benzinversorgung. Eine These, die wir hören, ist die, dass man aufgrund der zahlreichen alkoholbedingten Unfälle die Lieferung von Benzin unterbrochen hätte.
    Zurück auf der Hacienda erhalten wir Tipps zu Tankstellen, wo wir eventuell ohne zu großen Aufwand Benzin für unsere Weiterreise erhalten können. Wir fahren die nächstgelegene an, warten etwa eine Stunde, kommen an die Reihe und erfahren, dass wir nichts bekommen können, da unser Nummernschild nicht ins Computersystem passt. Hier ist Benzin stark subventioniert, der Käufer wird mit DNI registriert, Ausländer dürfen nur nicht subventioniertes Benzin tanken. Die Preise für uns Ausländer sind zwar zu sehen (statt 3,50 etwa 8,50 Bolivianos), aber betanken will man uns trotzdem nicht. Wir bleiben einfach an der Zapfsäule stehen, Philipp zieht alle Register, Bolivianer reden auf die Tankdame ein, es nützt alles nichts: kein Betanken. Mit dem Erscheinen einer Vorgesetzten und eines weiteren hilfsbereiten Bolivianers findet sich schließlich eine Lösung. Die Vorgesetzte bringt zwei 20 l - Eimer samt Trichter, auf der Grundlage des DNIs des Bolivianers werden diese befüllt. Wir zahlen den subventionierten Preis, und bekommen den Inhalt der Eimer in den Tank gegossen.
    Mit diesem Erlebnis am Ende eines schon so etwas speziellen Tages und einigem Grübeln zum weiteren Verlauf unserer Reise machen wir uns auf den Weg zurück zur Hacienda. Dort angekommen, verabschiedet sich Philipp sofort ins Bett. Es geht ihm nicht gut, später am Abend hat er hohes Fieber und ist kaum ansprechbar. Die Reiseapotheke muss herhalten. Wir hoffen, dass diese Episode am nächsten Tag abklingt, denn der Plan zur Minenbesichtigung steht nun.
    [Beitrag Nicole]
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