• Öffentliche Schulen - ein Desaster

    19. November in Südsudan ⋅ ☀️ 24 °C

    FB: Dunkle Räume, halbierte krumme Baumstämme als Sitzgelegenheiten auf dem Boden, keine Pulte, dafür jede Menge Müll. Eine graugrüne Tafel, übersät mit Rissen, die mit Kreide hingekritzelten Worte sind kaum zu erkennen. Die Primary School, also die Grundschule in Ave Maria. Es ist eine öffentliche Schule, die Lehrer werden von der Regierung bezahlt. Vielmehr, sie müssten von der Regierung bezahlt werden. In dem allgemeinen Chaos eines auseinander brechenden gescheiterten Staates, Politikwissenschaftler sprechen von „failed states“, haben sie allerdings seit über einem Jahr kein Gehalt mehr gesehen. Warum viele von ihnen immer noch in die Schule kommen, bleibt ein Rätsel. 30 Schüler und 10 Schülerinnen schreiben zur Zeit sogar Abschlussprüfungen. Wenn sie bestehen, könnten sie eventuell in die Secondary School, eine Art Gymnasium wechseln.

    Die liegt auch auf dem Gelände der Mission von Ave Maria. Allerdings wird sie von der Mission selbst betrieben. Die Lehrerinnen und Lehrer bekommen regelmäßig ihr Gehalt, ausbezahlt in Dollar, um der galoppierenden Inflation etwas entgegen zu setzen. An europäischen Standards gemessen ist die Ausstattung zwar alles andere als luxuriös. Die Klassenzimmer sind jedoch weitgehend sauber, die Schülerinnen und Schüler sitzen auf Bänken, vor ihnen Pulte. In einer Bibliothek können sie in Ruhe lernen oder sich auf die momentan stattfindenden Examina vorbereiten.

    Dieser Gegensatz zwischen öffentlichen und kirchlichen Schulen ist überall anzutreffen. Die staatlichen Gebäude stehen oft leer, Schüler und Lehrer haben sie seit Monaten nicht gesehen. Mancherorts gibt es nicht einmal Gebäude. In Nabanga , eine Dreiviertelstunde Fußmarsch von Ri Yubu, der nächsten größeren Ortschaft entfernt, findet der Unterricht auf freiem Feld, einem mehr oder weniger rechteckigen Platz, statt. In jeder der vier Ecken des Platzes nimmt eine Klasse Platz, die Tafeln werden in der Regel in zwei Astgabeln gestellt. Außerhalb der Unterrichtszeiten werden sie verräumt, um nicht beschädigt oder gestohlen zu werden. Ob und wenn ja, wie regelmäßig hier Unterricht stattfindet, lässt sich nicht nachprüfen. Genauso wenig wie die Frage, wieviele von den angeblich vier Lehrern wirklich präsent sind.

    In Ave Maria plant Fr. Avelino jetzt, eine missionseigene Primary School aufzubauen. Er ist bereits auf Spendensuche. Denn es macht seiner Meinung nach wenig Sinn, die Kinder nach einigermaßen erfolgreichen Jahren im Kindergarten der Mission in der staatlichen Primary in ein Loch fallen zulassen, aus dem sie kaum noch herauskommen. Das bestätigen übereinstimmend auch die Managerin und die Leiterin des Kindergartens. Sr. Lilian meint, die Kinder kämen mit ganz guten Voraussetzungen aus dem Kindergarten, um dann in der jetzigen Primary School alles schnell wieder zu vergessen, was sie gelernt haben.

    Allerdings: Als Konkurrenz will Fr. Avelino die geplante eigene Schule nicht verstanden wissen. Zum einen könne man sowieso nicht alle Schüler aufnehmen, zum anderen ist er auch weiterhin bereit, die staatliche Grundschule zu unterstützen, wie es auch jetzt schon geschieht.
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