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  • Day 11

    Die Insel des Zähne zusammenbeißens

    March 2, 2023 in Cape Verde ⋅ ☀️ 27 °C

    Während ich den neuen Eintrag schreibe liege ich endlich frisch geduscht auf der Couch. Das klingt profan, ist es aber nicht. Entweder gibt es kein Wasser zum Duschen oder es gibt keinen Strom der den Heizer oder einfach nur die Pumpe betreibt,an kalt sind wir ja schon gewöhnt. Der ursprüngliche Tagesrhythmus ist also für die Tonne.Hier wird alles erledigt wenn es gerade verfügbar ist.
    Doch nicht nur in Sachen Hygiene und Elektrizität muss man Abstriche machen. Auch die tierischen Mitbewohner stecke ich nicht mehr so easy weg wie in den guten alten Backpackertagen. Man ist doch etwas verwöhnt geworden. Darüber dass die Waschmaschine nach dem ersten Betrieb den Geist aufgegeben hat,weil die Knöpfe beim Drücken in den Tiefen der Maschine versanken und nie wieder auftauchten, darüber dass der Backofen nur Deko ist weil beim Anschalten grundsätzlich alle Sicherungen rausfliegen, Fenster und Türen wenn dann sowieso nur halbwegs zu schließen, aber grundsätzlich nicht zu verschließen gehen,darüber dass die Treppe zur Dachterasse ein hochgefährliches rostiges Kunstwerk ist,an dem man sich bei einem Schnitt alle Krankheiten dieser Erde einfangen würde etc.etc.etc. sehen wir nur müde lächelnd hinweg. Aber unzählige Ameisen und dutzende Tausendfüssler auf die man wenn man desnachts im Dunkeln ( weil grundsätzlich nachts kein Strom da ist), knirschend tritt sind schon eine Herausforderung.
    Zähne zusammenbeißen heisst es auch wenn man die schlimmste Straße der Insel fährt und das täglich 2 Mal... Sie führt nämlich zu unserem Haus.Keine andere Straße ist so schmal, so steil und so abgelegen. Und noch mal stark sein heisst es wenn du die Pässe in der Inselmitte durchquerst und dabei die nicht vorhandene Beifahrerbremse durchtrittst weil es links und rechts neben dir einfach hunderte Meter ins Nirgendwo geht. Doch all der Widrigkeiten zum Trotz möchte ich diesen Ort nicht verpasst haben. Santo Antao ist eine Insel der Gegensätze. Trockene Vulkanlandschaften werden in der Inselmitte von gigantischen Bergmassiven und anschließend von immergrünen saftigen Tälern abgelöst. Hier baut man Zuckerrohr an, Papayas und Bananen. Das Leben der Menschen hier ist einfach. Und wenn man die kleineren und größeren Kinder in ihren Schuluniformen sieht,wie sie die unerbittlichen Berge tagein,tagaus erlaufen,manche mit einer kleinen Musikbox in der Hand, andere mit einem Smartphone ,einer Cola oder einer Tüte Chips,so kann man kaum glauben, dass diese unseren so ähnlich anmutenden Kinder irgendwann in eine der halbfertigen,unverputzten Hütten, viele nur mit Holzläden,statt Fenstern, Dächern noch oft aus einem Gemisch aus Stroh und Plastiktüten und oft nur von der Größe einer Einraumwohnung abbiegen. Dieses Haus steht mit einer handvoll weiterer Hütten auf irgendeinem Hügel.Der Weg hinauf muss zu Fuß Stunden dauern, nur um dann im Nichts anzukommen. Den Wohlstand der Menschen sieht man an der Farbe der Häuser. Wer es sich leisten kann das Haus zu verputzen hat es gut. Wer es anstreichen kann hat es noch besser. Immer wieder begegnen uns Orte voll bunter Farbtupfer an den Hängen. Wenn sie die Mittel hätten könnten sie hier so viel.
    Aber die Menschen hier hadern nicht mit ihrem Leben. Sie sind ausgesprochen freundlich und ausgeglichen und was mich besonders begeistert- sie haben den Blick für ihre Insel nicht verloren. An jeder Ecke steht oder sitzt ein Kapverdier und genießt den Blick in die Schlucht oder auf das Meer. Zeit zu sein ohne etwas zu müssen hat man hier viel. NO STRESS.Eine Sache die es wirklich wert ist mit nach Hause genommen zu werden, zusätzlich zu den wundervollen Impressionen der filmreifen Naturschauspiele.
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