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  • Day 198

    Der ganz normale Wahnsinn in Tokio - 2

    April 26, 2019 in Japan ⋅ 🌧 10 °C

    Wir machen uns also auf ins Tokyoter Nachtleben! Und weil wir das richtig erleben wollen, buchen wir über Airbnb eine ganze Ausgehtour mit der fabelhaften Kyoko, einer jungen sympathischen Japanerin und - wie sich rausstellen wird - einem Glücksgriff als Guide. In einer kleinen internationalen Gruppe (der
    lustigerweise auch Evis Kollege Philipp mit seiner Freundin angehört. Danke nochmal für den spaßigen Abend!) starten wir in einem traditionellen japanischen Pub, einem Izakaya. Dort probieren wir uns durch mehrere kleine Gerichte und Kyoko erklärt uns viel zum Essen und zur japanischen Trinkkultur, die wir - klar - auch gleich kennenlernen. 😬
    Danach geht’s zu Fuß weiter und wir erkunden mit Kyoko das Kellergeschoss eines Tokioter Kaufhauses. Hier gibt’s Nahrungsmittel in hervorragender Qualität und sie erklärt uns alles von der 80 Euro - Melone (kaufen hauptsächlich Chinesen) bis zum Kugelfisch-Sashimi.

    So riiichtig interessant wird’s dann in Kabukicho, dem Rotlichtbezirk Tokios. Da wir ja hier unser Hotel haben (das hört sich jetzt viel schmuddeliger an als es in Wirklichkeit ist 😉) kennen wir die Straßen schon, aber mit Guide erfahren wir so viel mehr. Zum Beispiel, dass es für die Mädels hier offizielle Rankings gibt, die überlebensgroß auf riesen Displays von den Häuserwänden leuchten. Damen buchen sich hier übrigens ganz selbstverständlich männliche Hosts und diese wiederum stehen nach Dienstschluss auch den japanischen Prostituierten zur Verfügung. Auch dieses Angebot an Männern lacht uns verführerisch von riesigen Werbetafeln entgegen. Wir dachten bis dahin noch, es handelt sich dabei vielleicht um Boy Bands. 🙈😂 Eine verrückte Gegend!

    Danach führt uns Kyoko durch eine besondere Gasse, die Omoide Yokocho, auch „Piss Alley“ genannt. In dieser engen Straße reiht sich eine kleine Kneipe neben der nächsten. Alles ist zur Straße hin offen und meistens gibt es nur um die 10 Plätze an einem Tresen, hinter dem kleine Spieße mit Fleisch, Innereien oder Gemüse über offener Glut gebraten werden. Der Rauch von Hunderten kleinen Grills wabert durch die Luft und zwischen Einheimischen im Anzug, die hier ihr Feierabendbier trinken, mischen sich neugierige Touristen. Wir kommen an einem anderen Tag noch einmal hierher und genießen ein ganz ursprüngliches Abendessen mit Bier, Highballs (ähnlich Whisky Soda) und leckeren Spießchen. Vor uns steht ein großes Glas mit in Schnaps eingelegten Wespen. Ja, wir sind in einer völlig anderen Welt. Es macht mega Spaß! 😬

    Aber zurück zum Abend mit Kyoko. Als letzte Station besuchen wir mit ihr den Golden Gai - Distrikt. Das sind vier kleine Gassen mit Bars im Miniformat auf zwei Ebenen. Ein Paradies zum Ausgehen. Wir landen in einem Raum von ca. 12 Quadratmetern (man muss durch ein Loch im Tresen steigen um z.B. aufs winzige Klo zu kommen 😂), über und über von kleinen Grußbotschaften anderer Gäste übersät und mit dem wahrscheinlich einzigen buddhistischen Mönch als Barkeeper.
    Als wir danach denken, verrückter geht’s nicht, haben wir das Glück, dass Kyoko noch privat mit uns weiter zieht. Nach einem kleinen Ausflug zum Shinto-Schrein hier im Rotlichtbezirk (am großen Holzpenis über dem Schrein erkennt man auch gleich, was sich die Leute hier wünschen 🙈), gehen wir nochmal in eine dieser mega lauten Automaten-Spielhöllen, machen lustige Fotos und laden Kyoko auf einen Snack ein. Was hatten wir für ein Glück, sie als Guide erwischt zu haben!!!

    Einen Tag später steht dann wieder Kultur auf dem Programm. Wir besuchen das Digital Arts Museum. Was für ein toller Ort! Große abgedunkelte Hallen werden mit teilweise interaktiven Lichtinstallationen bzw. Animation zu riesigen Kunstwerken. Untermalt mit passender Musik und Soundeffekten ergibt sich ein unvergleichliches dreidimensionales Erlebnis. Dabei kann man einige der Werke sogar selbst mitgestalten und wird sozusagen selbst zum Künstler. So wandern wir z.B. durch einen Wald aus LED-Kristallstäben, die wir über eine App selbst in verschiedenen Mustern leuchten lassen. Oder wir füllen ein digitales raumhohes Aquarium mit eigenen Fischen, die wir malen und die dann eingescant und projiziert durch den Raum schweben. Einziger Wermutstropfen: es sind zu viele Leute im Museum, die vor allem alle auf der Jagd nach dem besten Instagrambild sind anstatt einfach die Eindrücke zu genießen. Aber wir sind trotzdem nachhaltig beeindruckt. ☺️
    Da das Digital Arts Museum in einem modernen Viertel Tokios liegt, bleiben wir noch ein bisschen, fahren sogar Riesenrad und besuchen die Konkurrenz in der Toyota-Welt. 😬

    Am nächsten Morgen machen wir uns dann zur nächsten Tour mit Guide auf. Es geht über den
    Tsukiji Fish Market. Bis Oktober letzten Jahres wurde hier ab den frühen Morgenstunden die Ware an Händler versteigert, es war der Ort an dem sowohl die Profis als auch die Touristen ganz auf ihre Kosten gekommen sind was Fisch und Meeresfrüchte angeht. Allerdings ist der Profi-Fischmarkt seit einem halben Jahr in ein neues, steriles Gebäude, ein paar Kilometer vom alten Standort entfernt, ausgelagert worden. Wir sehen also nur noch den Teil für den Endverbraucher, aber das macht gar nichts. Verteilt auf mehrere kleine Straßen finden wir Hunderte hervorragende Lebensmittelgeschäft und Essensstände nebeneinander. Es gibt natürlich Fisch und Meeresfrüchte, aber auch Fleisch, Obst, Tee und Süßes. Wir probieren Seetang, getrocknete Snacks, grünen Tee, Suppe, Bohnen und das wahrscheinlich beste Thunfisch-Sashimi der Welt. 😍 Auch nach der Tour bleiben wir noch ein paar Stunden hier und snacken uns durch die Stände.
    Eigentlich ein Wunder, dass wir abends noch Hunger haben... Da wartet nämlich eine Reservierung im Kill Bill Restaurant Gonpachi auf uns. Die erste Szene des Films wurde hier gedreht und Essen wie auch Atmosphäre sind wirklich cool. 👍

    Für unseren letzten Tag in Tokio haben wir uns das berühmteste Viertel aufgehoben: Shibuya. Die Leuchtreklamen und überfüllten Straßen können uns nicht mehr schocken, daran haben wir uns schon ein bisschen gewöhnt. Aber Shibuya ist wohl DAS Shopping-Paradies und z.B. im Shibuya 109 bekommen Mädels auf 10 Stockwerken alles was das japanische Modeherz begehrt. 😍
    Damit der Tag auch noch was für Pit zu bieten hat, gehen wir danach in die Virtual Reality World. 😉 An verschiedenen Stationen tauchen wir in virtuelle Welten ein, fliegen auf Teppichen, kämpfen gegen Monster, machen Bungeesprünge und Achterbahnfahrten und amüsieren uns ganz hervorragend in diesem Spielplatz für Erwachsene. Wahnsinn, was alles mit Virtual Reality möglich ist. Was wohl in 10
    Jahren hier geboten sein wird?
    Abends beobachten wir die berühmte Shibuya-Kreuzung, die angeblich geschäftigste Kreuzung der Welt. Zu Stoßzeiten überqueren hier 3000 Menschen die Straßen - und das bei jeder Ampelschaltung! 😅
    Danach geht es dann noch einmal ins Nachtleben. Wir haben wieder eine Tour gebucht und wollen mal sehen, was man abends so in Shibuya treibt. Wir starten auch hier in einem traditionellen Izakaya, bevor wir dann in einem richtig coolen Indoor-Streetfood-Markt unter anderem super leckeres Wagyubeef-Sushi probieren und weitere Drinks bestellen. Den Ort hätten wir wohl ohne unseren Guide nicht gefunden.
    An dieser Tour gibt’s eigentlich nicht viel auszusetzen... wenn da nicht ein paar andere Teilnehmer wären. Jens aus dem Osten Deutschlands brüllt die halbe Bar nieder und repräsentiert auch sonst eher den unangenehmen Deutschen, zwei Jungs aus Niederbayern halten bei Jens‘ Lautstärke ordentlich mit und vergleichen wirklich alles mit daheim („you know at home we call it ‚Roßwurscht‘“). Nicht falsch verstehen: jeder hat so seine liebenswerten Eigenheiten und andere Länder andere Sitten, aber wenn einen schon die zurückhaltenden Japaner schief ansehen, weil in ohrenbetäubender Lautstärke viel dummes Zeug geredet wird, dann ist leider eine große Portion Fremdschämen angesagt. Gut, dass wir viele Drinks probieren - da ist einem das alles gleich ein bisschen mehr egal. 😬

    Tokio, Du warst ganz wundervoll und wir wollen Dich und Deine Menschen eigentlich gar nicht verlassen. Aber morgen geht’s auf in die Japanischen Alpen! 😊
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