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  • Day 136

    Vom Matka Canyon nach Skopje und weiter…

    June 22, 2022 in Kosovo ⋅ ⛅ 31 °C

    Beflügelt von einem erneuten Werkstatt-Erfolg, fuhren wir weiter in den Norden von Nordmazedonien, um den Matka Canyon aufzusuchen. Der Weg führte uns durch die Berge, entlang am Kozjak Fluss, der im Kozjak See mündet. An einem Nationalpark müssen wir einen kurzen Stopp einlegen, da die Straße so eng ist, dass sie immer nur von einer Seite aus befahren werden kann. Als es grünes Licht für uns und die Mitwartenden gab, schlängeln wir uns den Weg durch die grüne Natur und überqueren einen der hohen Berge. Am Ende gelangen wir an eine Aussichtsplattform, unter der sich die Natur ergießt. Man sieht das Ende des lang gestreckten Sees, der sich in die Täler schmiegt und kann den Blick weit über die Bergebene schweifen lassen. Ein wunderbarer Schlafplatz direkt an der Klippe, den wir für zwei Nächte voll genießen. Beim Wandern über die Hügel sieht man, wie alles mit Bäumen bewachsen ist und auf den Freiflächen reich blühende Wiesen wachsen. Es summt und brummt überall und die Vögel zwitschern aus jeder Ecke. Hier beschließen wir auch, wie wir den Rückweg nach Kroatien gestalten wollen. Es liegen noch 1000km vor uns und es gibt mehrere Möglichkeiten nach Zadar zu fahren. Warum Zadar? Weil ich hier eine neue Reisebegleiterin, nämlich meine Omi, Anfang Juli abholen werde. Ein Weg würde uns durch den Kosovo führen aber leider macht sich die Frage breit, ob man durch dieses Land fahren sollte. Ein Land, dass erst seit gut 20 Jahren Frieden hat und mit einigen Vorurteilen behaftet ist. Mir ist einerseits etwas mulmig zu Mute aber anderseits gehören auch diese Länder zum Balkan und sollten mit eigenen Augen betrachtet werden. Es zog mich weniger nach Serbien, also war es klar. Nach einem Besuch der nordmazedonischen Hauptstadt Skopje, sollte es danach in den Kosovo gehen.
    Skopje ist bekannt für seinen alten Basar, der wohl wenig kleiner als der in Istanbul sein soll und einen Besuch wert ist. Die pulsierende Stadt ist ein Kontrastprogramm zu den vergangen Tagen: es ist heiß, turbulenter Verkehr, laute Straßen und viele Menschen. Wir schleichen durch die Gassen, halten an jedem Trinkbrunnen und kaufen hier und da ein paar Souvenirs. In einer Markthalle ist es etwas kühler und wir decken uns mit Obst und Gemüse, für einen schmalen Taler, ein. Das Einkaufen macht richtig Spaß, alle sind so freundlich, lassen uns kosten und kennen irgendeinen, der einen Bezug zu Deutschland hat. Von dem Basar selber hätte ich mir mehr erhofft, da man mehr billig nachgemachte Kleidung und Schuhe von Nike oder Hilfiger kaufen konnte, als traditionelles Handwerk. Mir fehlt der Geschmack für all den Kitsch und Ramsch, den man in diesen Ländern kaufen kann. Am späten Nachmittag steigen wir dann ins Auto, um die nächste Grenze zu passieren. Bestückt mit Informationen, die wir uns im WLan noch angelesen hatten, rollten wir in den Kosovo. In diesem Land gelten abgeschlossene Autoversicherungen aus der EU nicht und man muss direkt eine an der Grenze abschließen. Da wir ein „Auto speciale“ haben, kostet es nur 15€ und man hofft ganz sehr, dass einfach nichts passiert. Nach der Grenze geht es eigentlich direkt auf eine nagelneue Autobahn, die durch die grünen Hügel mäandriert. Schon der erste Eindruck der einfachen Grenzüberfahrt, der sympathischen Menschen und der Landschaft ist erstaunlich. Wir wollen uns die wohl schönste Stadt im Kosovo anschauen und rollen Richtung Prizren. Ein nahegelegener Stellplatz auf dem Hügel lädt aber erstmal zum Übernachten ein und bietet uns einen tollen Blick über die Weite. Wir bemerken auch, dass wir neben einem Kriegsdenkmal stehen und man bekommt sofort ein beklemmendes Gefühl, wenn man die jungen Männer, als Foto eingraviert im Stein, sieht und sie tragischer Weise 1998 ihr Leben lassen mussten.

    Am nächsten Tag in Prizren angekommen, ist es mit 36 Grad schon wieder viel zu heiß für eine Stadtbesichtigung. Also verschieben wir das auf den späten Nachmittag und gönnen uns einen Eiskaffee im Wlan, um die Familien anzurufen. Später erkunden wir die wohl einzig erhaltene Altstadt, die der Kosovo noch hat. Die Häuschen erinnern an den byzantinischen und osmanischen Stil, die nun modern eingerichtet sind. Es dröhnen schon nachmittags Bässe aus den Bars und der Muhadin aus dem Minarett, von denen es gefühlt an jeder Ecke welche gibt. Ein wunderbarer Kulturmix. Man sieht jegliche Kleidungsart, stark geschminkte Frauen, die teilweise Kopftuch tragen, muskelprozende Männer und Geschichten erzählende Gesichter. Eine starke Rollenverteilung wird hier sehr deutlich. Kosovo ist nicht nur das jüngste Land in Europa, es hat auch im Durchschnitt die jüngste Bevölkerung. Den Grund dafür kann man sich ja leider denken… Aber man sieht es in den Straßen und hat das Gefühl, nur von jungen, gut gelaunten Menschen umgeben zu sein. Alle sind unglaublich lieb und vor allem die Älteren wollen einem ihre Geschichte zu oder mit Deutschland erzählen. Man muss auch aufpassen, viele verstehen Deutsch! Außerhalb der Altstadt gibt es eher keine Identität, ein Glitzerkleidgeschäft folgt auf das nächste und dazwischen sind die Läden mit den Fake-Marken untergebracht. Die Häuser sind schnell gebaut, ohne Charme und mit viel Technik an den Fassaden. Deshalb zieht es uns auch wieder in die Natur, von der auch der Kosovo ein paar Schätze zu bieten hat. Prizren liegt am Rande des Sharr-Gebirges, dass einige hohe Berge hervor bringt. Paul belas sich in einem Blog zu einer Route und fand eine schöne Tour über einen Bergkamm, der uns nun endlich auf über 2000m bringen sollte. Da unsere letzten Touren oft im Zusammenhang mit Gewitter standen, schauten wir diesmal vorher mal nach, wie so die Prognose war. Und tatsächlich war starkes Gewitter für den Nachmittag angesagt. Also gingen wir früh los und genossen den Weg hoch auf den Kamm, der uns einen fantastischen Blick rechts und links in die Täler bot. Zum einen wollte ich schon immer mal so eine Gratwanderungen machen und zum anderen war es ein tolles Gefühl auf 2212m auf dem Oshlak Peak auf Augenhöhe mit den Bergen zu stehen. Von hier aus sahen wir auch die näherkommenden Gewitter und es grummelte schon wieder 😁 aber das kannten wir ja schon. Die 5 Stunden Laufen, steilen Hänge und 700 Höhenmeter waren eine ganz schöne Herausforderung. Zurück im BamMobil hatten wir beide eigentlich nur einen Wunsch: eintauchen in einen Whirlpool. Das wärs! Witziger Weise lag unweit von uns ein Skihotel, dass einen Spa Bereich hat und in der Nebensaison so gut wie leer war. Paul spendierte einen Abend im Whirlpool, der auch noch Außen unter dem Buchenwald lag. Es gewitterte, regnete, bis sich schließlich die Sterne zeigten. Es gab Pizza und Wein im Pool, und das Gefühl, nach über 4 Monaten Camperleben, kurz mal im blubbernden warmen Wasser zu versinken. Es gesellten sich Einheimische zu uns, die sich auch einen schönen Abend gönnten. Darunter 4 Serben und 2 Albaner. Das erste Mal wird uns bewusst, dass politische Themen, heikle Themen sind - vor allem für Serben. Wir versuchen dennoch mehr über die Kultur und das Land zu erfahren. Es fällt z.B. auf, dass sich bisher niemand als Kosovare betitelt hat und teilweise die serbischen Stadteingangsbezeichnungen übermalt sind. Im Pool konnten sich die beiden (Serben und Albaner) nur auf Englisch verständigen. Eine interessante Beobachtung, wenn man doch denkt, dass beide in einem Land leben. Aber die Geschichte zeigt ja, wie sowas tatsächlich zu Stande kommen kann.
    Schön ist die Höflichkeit und das Interesse der Menschen. Man kommt schnell ins Gespräch, der Austausch ist immer bereichernd und lustig.

    Nach ein paar Tagen im Kosovo bin ich völlig überrascht: kaum Militär, wenig Zerstörung, bessere Straßen als in jedem besuchten Land davor, ja selbst als in Deutschland. Unglaublich nette und junge Menschen, fantastische Natur, keine spürbare Kriminalität oä. und ein Land, das versucht eine neue Identität und den Kontakt zur EU zu finden.
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