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  • Day 88

    Titicacasee - Hola Bolivien

    October 28, 2022 in Bolivia ⋅ ⛅ 12 °C

    Unsere wunderbaren Begegnungen am Meer und im Dschungel von Peru hatten uns dazu verleitet, etwas zu bummeln. Ein wunderbarer Zustand, an Orten verweilen zu können! Es gab allerdings noch einige Stationen in Peru, die wir sehen wollten und dann war die Zeit schon so voran geschritten, dass wir uns überlegen mussten, wie wir weiter reisen möchten. Es lagen noch mehrere Tausendkilometer bis zum Süden von Peru vor uns und wir wollen noch 3 Länder bereisen. Am Ende war es dann klar, dass wir uns entscheiden und einen Sprung machen müssen. Also entschieden wir uns, an den Titicacasee zu fliegen. Es gab eine Verbindung von Tarapoto nach Juliaca, die uns sehr weit gebracht hätte. Da wir nicht mit unserer deutschen VISA Karte online buchen konnten, blieb uns nur die Möglichkeit an den Flughafen in Tarapoto zu fahren und spontan einen Flug zu erfragen.

    Alex brachte uns also am Montagmorgen zur nahe gelegenen Stadt Tarapoto und wir versuchten am Flughafen unser Glück. Man sagte uns, dass man beim Tresen, bei dem man die Koffer einfolien lassen kann, auch nach Tickets fragen könnte. Der dort arbeitende Jungspunt „Pool“ war sofort zur Stelle und fragte Tickets per WhatsApp Kontakt an. Es gab keine Direktverbindung zum Titicacasee, aber es war wohl möglich über Lima zu fliegen. Nach etwas hin und her, warten, erneutem Nachfragen, schien es tatsächlich noch zwei Plätze zu geben und eine Frau auf der anderen Seite des WhatsApp Chats buchte für uns Tickets. Wir sollten die Tickets bar bezahlen, also lief Paul zum Automaten und kam mit einigen Scheinen wieder. Pool hielt es für keine gute Idee, das Geld in der Wartehalle vom Flughafen zu übergeben und verschwand mit Paul auf der Toilette. Gefühlt wartete ich sehr lange auf die Jungs und fragte mich, was da wohl auf dem stillen Örtchen von statten ging. Am Ende hatte die Übergabe geklappt und die Tickets wurden auch mit den richtigen Daten versehen, die die beiden auf der Toilette noch geprüft hatten. Pool half uns dann noch mit dem Gepäck und beim Einchecken. Der Flug sollte nur eine Stunde später nach Lima gehen und wir warteten voller Spannung in der Empfangshalle. Es war verrückt, wie unkompliziert man einen Flug buchen kann und wie das hier in Lateinamerika so laufen kann. Natürlich hatte der Flug Verspätung und es schien, als ob wir den Anschlussflug nicht bekommen würden aber blieben optimistisch überhaupt schneller gen Süden voranzukommen. Am Ende hatte alles geklappt und wir kamen zum Sonnenuntergang am Titicacasee an. Knapp 5 Tage Reisezeit, mindestens 4 lange Busfahrten und mehrere Hostelübernachtungen hatten wir uns mit diesem Sprung durch nur ein Land erspart, auch wenn es mir nicht recht ist zu fliegen. Jedoch bezweifle ich mittlerweile irgendwie auch, dass das Busfahren hier so viel ökologischer ist, wenn man sieht wie viel und wie stark die Abgase schwarz aus den Rohren gepustet kommen. Wir waren jedenfalls glücklich über unsere Ankunft nahe der Grenze zu Bolivien, dass es unsere Rucksäcke auch geschafft hatten und wir schwups auf knapp 4000m waren. Die Höhe haute mich dann jedoch mit einem Schlag um. Wenn man auf einmal über 3000m höher ist, dann gibt der Körper eindeutige Signale: kribbeln in den Gliedern, schnelles Atmen, Schwindel und ganz schön Druck auf dem Kopf. Es war klar, dass wir uns erstmal akklimatisieren mussten und so suchten wir uns eine Stadt weiter, in Puno, eine Bleibe. Am nächsten Morgen besuchten wir bei bestem Wetter den Titicacasee, der sich im schönsten blau zeigte. Langsam schlenderten wir durch die Stadt, erkundigten uns wie wir nach Bolivien fahren könnten und schlichen in Mopsgeschwindigkeit auf die Aussichtsplattform. Selbst das Schuhezubinden war an diesem Tag anstrengend. Jedoch hat sich der Blick auf den See und die umliegenden Berge, trotz des kräftezehrenden Aufstiegs sehr gelohnt. Die Stadt an sich ist sehr hässlich aber wir konnten ein paar schöne Stadtszenen einfangen, ich durfte einen riesen Adler auf dem Arm halten und so war es für einen Zwischenstopp ganz ok.

    Es zog uns ohnehin weiter auf die bolivianische Seite vom Titicacasee, um auf die Insel „Isla del Sol“ zu fahren. Es ging also sehr früh los mit dem Bus Richtung Grenze, die ganz einfach zu passieren war, weiter nach Copacabana. Auch in Bolivien hat sich ein Örtchen so benannt ☺️ Wenig später saßen wir im Bötchen und tuckerten bei herrlichem Sonnenschein der Insel entgegen. Ich war irre gespannt auf das neue Land, das wohl das ärmste in Südamerika ist, welches durch einige Kriege viel Land verloren hat und letztendlich im Salpeter-Krieg mit Chile 1883 auch noch den Meerzugang einbüßen musste. In Bolivien kann man alle Klimazonen vorfinden und viel Artenreichtum erkunden. Durch eine hohe Anzahl an Indigenen und wenig Zuwanderung soll es seine Ursprünglichkeit beibehalten haben und so spricht man Spanisch, Quechua und Aymara.

    Nun saßen wir also im Boot auf dem Titicacasee, knapp 4000m über dem Meeresspiegel, auf einem der größten Seen in dieser Höhe und ich bestaunte die Natur und das klare Wasser. Es kam mir vor, als wären wir auf einem Meer, umgeben von niedrigen Hügeln, wenn da nicht am Horizont hier und da schneebedeckte 6000m hohe Gipfel aufgetaucht wären. Ich vergegenwärtigte mir, wo wir gerade waren und war zu tiefst dankbar. Die Insel selbst wird von Aymaren bewohnt, die sich durch Kartoffel-, Mais- und Quinoaernte selbst versorgen können. Es gibt unheimlich viele Tiere, die die Inselvegetation auf Hufhöhe halten und nur wenig Eukalyptusbäume die Chance haben zu wachsen. Seit einigen Jahren bringen die vielen Touris Geld mit auf die Insel, sodass sich einige Hostels auf der Südseite angesiedelt haben. So kann man auf den Hügeln Pizza bei Sonnenuntergang und Frühstück bei Sonnenaufgang genießen. Auf der Insel selbst sind Hügel, die über 4000m hoch sind und wir suchten uns, ab von der Hostelhochburg, auf so einem eine schöne Bleibe. Bei der dünnen Luft kam man nur sehr langsam voran und wir drehten nur eine kleine Runde, um die Ausblicke aufsaugen zu können. Da Paul schon mal auf der Insel war, wusste er wie besonders dieser Ort ist und wollte ihn mir genau deshalb auch zeigen. Schon am ersten Abend wurde klar, wie traumhaft diese kleine Insel ist. Die Farbe des Wassers, die einzigartige Lage der Insel, die besondere Wärme der Sonne, die Stille des Ortes und den weiten Blick über den See bis hin zu den Andengipfeln war magisch. Dazu färbte sich der Himmel zum Sonnenuntergang in Lilatönen und wir konnten nur da sitzen, die Ruhe aufsaugen und staunen. So einen Himmel hatte ich noch nicht erlebt.
    Aus unserem kleinen und einfachen Zimmer hatten wir auch am Morgen einen wunderbaren Blick auf den See. Wir genossen unser Frühstück auf einer Sonnenterrasse und fühlten uns wie die glücklichsten Menschen der Welt. Unser Ziel war es, bis in den Norden zu laufen, um dort die zweite Nacht zu verbringen. Auf den knapp 9km kamen wir nur sehr langsam voran. Zum einen glich das Wandern in so einer Höhe eher langsamen Gehen und zum anderen bekamen alle Tiere am Wegesrand eine Kuscheleinheit. Hauptverkehrsmittel auf der Insel ist der Esel und steht demnach an jeder Ecke. Aber auch Schweine, Schafe und Kühe ließen es sich an den Stränden gut gehen. Die einzigen Geräusche, die man also wahrnahm, waren die von Tieren. Mich beeindruckten die Bewohner, die stetig die Berge rauf und runter laufen , schwere Sachen auf dem Rücken tragen, sich selbst versorgen und der stetigen Sonne ausgesetzt sind.
    An einer der Strände machten wir eine kleine Pause, eigentlich um etwas zu essen aber dann entdeckten wir die Holzstege. Erinnert an einen schönen Moment in Montenegro, bei dem wir nackt in die Bucht von Kotor gesprungen sind, hatten wir beide den selben Gedanken. Wir bereiteten die Kamera vor und uns selbst, in dem Wissen wohl gleich in sehr kaltes Wasser zu springen. Vorbei laufende Kinder merkten, dass wir da auf dem Steg etwas vorhatten und setzen sich sehr nah dazu und beobachteten sehr genau, was wir da taten. Etwas unsicher, ob wir unser Vorhaben so umsetzen könnten, wickelten wir uns in die Handtücher und rannten dann einfach los und sprangen rein. Es war viel kälter als gedacht, ich schrie, mein Herz hüpfte und musste wirklich einiges aushalten: die Höhe und 10 Grad Wassertemperatur. Aber wann kann man schon mal in den Titicacasee springen? Das sorgte natürlich für Aufsehen und die Kinder mehrten sich, waren an allem interessiert, was wir dabei und an hatten. Wir schossen noch ein paar witzige Fotos, verschenkten unser Anden-Popcorn und machten uns vom Acker, sonst wären sie noch in unsere Rucksäcke gekrochen 😁 Ein wunderbar elektrisierendes Erlebnis.
    Wir fanden auch im nächsten, sehr ursprünglichen Ort eine kleine Bleibe. Der davor liegende Strand war ein Tümmelplatz für Schweine und Kühe, die so traumhaft in die Inselsilhouette gepasst haben. Nach einer frischen Forelle aus dem See, waren wir irre froh, abends die Körper ausruhen zu können. Vom Fenster konnten wir ein Gewitter über den Andengipfeln beobachten, der See lag ganz ruhig davor und wir schliefen selig ein.
    Wir konnten am nächsten Morgen direkt vom Strand aus mit dem Boot zurück zum Festland fahren. Auch das Boot tuckerte mit den geringsten Knoten gen Copacabana und alles war völligste entschleunigt. Ein mitfahrender Reiseleiter erzählte uns noch einiges über die Insel und wie die Inkas hier früher gelebt haben. Es soll wohl auch eine Menge Gold auf der Insel gegeben haben, die die Inkas, vor der wissentlichen Eroberung der Spanier, in den See geworfen haben. Da dieser auch mit knapp 400m sehr tief ist, liegt ein guter Teil davon wohl immer noch da. Wir kamen irgendwann an der Küste an und entschlossen uns kurzerhand, direkt nach La Paz weiter zu fahren, da dies unser nächster geplanter Stop war. Wir bekamen auch direkt einen Bus und kamen abends in La Paz an.

    Das Flair der Insel, die Vogel- und Tiergeräusche, der majestätische See, die Ruhe und hochgradig liebevollen Menschen werden für immer in meinen Erinnerungen bleiben. Der Aufenthalt auf der Isla der Sol war wirklich etwas besonderes und ein ganz zauberhafter Start in Bolivien.
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