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  • Day 204

    Edmonton - bei Natalies Familie

    July 12, 2023 in Canada ⋅ ☁️ 25 °C

    Und schon geht die Reise weiter. Drei Stunden fahren wir von Drumheller nach Edmonton. Dort werden wir von Natalie und ihrer Familie erwartet, wo wir drei Nächte bleiben dürfen und in echtes kanadisches Leben eintauchen können! Natalie hat vor über 20 Jahren zusammen mit Flo auf der Uni Calgary studiert. Mit ihrem Mann hat sie inzwischen drei Kinder, alle in ähnlichem Alter wie unsere Jungs. Sie wohnen in einem tollen großen Haus mit Garten, Trampolin und vielen Spielgeräten am Rande von Edmonton. Unsere Kinder sind anfangs ziemlich schüchtern, weil sie ja noch nicht so gut englisch sprechen (verstehen können sie inzwischen sehr viel!), aber das geht schnell vorbei und nach ein paar Stunden sind die deutschen Kinder richtig gute Kumpels mit den kanadischen Kindern. Es ist echt eine Freude zu beobachten, wie gut sie sich trotz der Sprachbarriere verstehen. Freddi traut sich dann auch, mit ihnen auf Englisch zu sprechen und sie haben eine richtig tolle Zeit miteinander!
    An einem Abend kommen die Eltern von Natalie zum Dinner vorbei und es ist sehr spannend, sich mit ihnen zu unterhalten. Ihre Eltern sind damals unter sehr schwierigen Umständen aus Europa nach Kanada geflüchtet, als der 1. Weltkrieg ausbrach. Hier mussten sie sich aus eigener Kraft alles von Null an neu erarbeiten. Nach dem Dinner sitzen wir noch alle am Lagerfeuer (in jedem kanadischen Garten gibt es eine Feuerstelle!!), es gibt gegrillte Marshmallows und Natalies Papa packt die Gitarre aus und gemeinsam werden Lieder gesungen. Es ist schön, für kurze Zeit Teil einer kanadischen Familie zu sein und wir erleben eine ganz wertschätzende und familiäre Atmosphäre. Der Abschied am Ende der intensiven Zeit fällt allen sehr schwer, auch den Kindern!!
    Tagsüber machen wir Ausflüge, zum Beispiel zur größten Mall in ganz Nordamerika. Neben Geschäften aller Art befindet sich darin auch ein Vergnügungspark, ein Eisstadion, ein Wasserrutschenparadies (worin wir auch einige Stunden verbringen), ein SeaLife-Aquarium, ein kleiner See mit Tretbooten, usw. Es ist einfach mal wieder unglaublich, wie groß und weit angelegt hier alles ist! Die Kinder haben natürlich ihren Spaß und freuen sich riesig, dass endlich mal wieder Kinder-Aktivitäten auf dem Programm stehen!
    Am nächsten Tag besuchen wir den Heritage Park in Edmonton, mit nachgestellter Architektur von 1885, 1905 und 1920, besuchen einen Jahrmarkt im Stil von damals, fahren mit einer echten alten Straßenbahn und mit einer alten Dampflok. Alles ist wunderschön restauriert und man kann sich richtig gut vorstellen, wie es damals aussah. Außerdem gibt es dort eine Art Museum über die Kultur der indigenen Bevölkerung Kanadas. (Natalie klärt uns darüber auf, dass man hier tatsächlich nicht mehr „Indians“ sagt und wundert sich, dass es noch auf den Infotafeln des Museums in Banff so steht). Der Besuch ist sehr ergreifend, denn dort erzählen Nachfahren der First Nations ihre Geschichte. Es sind die Kinder und Enkelkinder der indigenen Menschen, die in Umerziehungsanstalten waren und immernoch mit den psychosozialen Folgen durch Übertragung und Weitergabe von ihren Eltern und Großeltern zu kämpfen haben. Diese wurden als indigene Kinder aus ihren Familien gerissen und in englischsprachige Internatsschule gesteckt, die sie zu richtigen Christen umerziehen sollten und um den "Indianer" aus ihnen rauszuholen, wie sie es nannten. Sie wurden dort physisch und psychisch misshandelt, gefoltert und sexuell missbraucht. Mitschüler verschwanden einfach und ihre Leichen wurden Jahrzehnte später auf dem Schulgelände gefunden. Es gab 139 solcher Internate in Kanada. Und das unglaubliche ist, dass diese ganzen Gräueltaten noch gar nicht so lange her sind! Erst in den 70er Jahren wurden die letzten Internate geschlossen. Diese detaillierten Informationen lassen uns fassungslos zurück! Tatsächlich wird die kanadische Bevölkerung erst seit drei Jahren darüber aufgeklärt.
    Außerdem machen die Nachfahren der First Nations die Museumsbesucher und im weiteren Sinne auch die Regierung Kanadas darauf aufmerksam, dass es einen Vertrag gibt, in dem eigentlich Ländereien an First Nations zurückgegeben werden sollten. Bisher schweigt Kanadas Regierung zu diesem Thema.
    Ein bisschen benommen aufgrund der vielen erschreckenden Informationen kommen wir aus dem Museum heraus. Kanada scheint zum Thema First Nations noch viel aufarbeiten zu müssen.
    In Neuseeland kam uns die Aufarbeitung der Maori-Geschichte schon sehr viel weiter vor.
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