• Sonnengruß am Ganges Zeremonie

    8 maart, Indië ⋅ ☀️ 14 °C

    Mitternacht. Im Halbschlaf stehe ich auf, ziehe mich an und denke, ich hätte verschlafen. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass es noch keine 5:00 Uhr ist, also lege ich mich wieder hin. Um 4:30 Uhr klingelt der Wecker. Ich bin unglaublich müde, rapple mich im Halbschlaf auf und mache mich fertig für den Tag. Am Treffpunkt angekommen, fühlt sich mein Körper schwer an. Der Gedanke, dass es in meiner Heimat jetzt 1:00 Uhr wäre, macht es nicht leichter, also konzentriere ich mich auf das Hier und Jetzt.

    Die Geräusche der hupenden Autos überfluten meine Sinne. Ich setze meine Kopfhörer auf und fokussiere mich darauf, sicher durch die Menschenmassen zu navigieren, ohne auf Kuhfladen oder Ähnliches zu treten. Am Ufer des Ganges angekommen und sicher auf dem Boot, atme ich zum ersten Mal tief durch. Es fühlt sich befreiend an, und ich realisiere, dass sich der Weg hierher wirklich gelohnt hat.

    Der Sonnenaufgang beginnt als ein kleines Glühen am Horizont, und während das Boot fährt, steigt die Sonne immer höher. Die Vielfalt der Boote beeindruckt mich. Obwohl die Menschenmassen im Vergleich zu gestern reduziert sind, ist es immer noch belebt. Priester in orangefarbener Kleidung sitzen auf Booten und fahren an uns vorbei. Ich genieße die Sonne, die immer höher steigt.

    Als die Sonne ihren höchsten Punkt des Vormittags erreicht, nähern wir uns einer Feuerstelle. Dort stehen mehrere Männer um ein Feuer und werfen etwas hinein. Ich kann nicht genau erkennen, was es ist. Um sie herum stehen Ziegen und ein Schaf. Vermutlich handelt es sich um eine hinduistische Zeremonie, möglicherweise ein Ganga Aarti, bei dem Opfergaben ins Feuer gegeben werden.

    Danach fahren wir weiter in Richtung eines Tempels, den ich für den Kashi Vishwanath-Tempel halte. Dieser Tempel ist einer der zwölf Jyotirlingas, die wichtigsten Heiligtümer des Gottes Shiva, und wird aufgrund seiner vergoldeten Kuppel auch “Goldener Tempel” genannt.  Hier findet eine größere Zeremonie statt, das Feuer lodert höher, und überall ist Holz aufgeschichtet. Wir verlassen das Boot und steigen die Treppen hinauf. Durch das Eingangstor treten wir in den Tempel ein. Auf der rechten Seite stehen mehrere Statuen, vermutlich von hinduistischen Gottheiten wie Shiva, Parvati und Ganesha. Einige Schritte weiter stoßen wir auf eine Absperrung, hinter der ein Gebäude mit einem glänzenden goldenen Dach zu sehen ist, wahrscheinlich der Hauptschrein des Kashi Vishwanath-Tempels.

    Nach einigen Fotos und Eindrücken gehen wir durch verwinkelte Gassen in Richtung Bus. Die Gassen sind wirklich eng, aber dennoch bewegen sich Hunderte von Menschen hindurch. Plötzlich höre ich hinter mir das Hupen eines Rollers, der sich drängelnd durch die enge Gasse schiebt. An vielen Stellen sitzen orange gekleidete Bettler, die um Spenden bitten. Essensstände säumen den Weg, und ich bemerke auch die Ausschilderung eines Yoga-Studios. Überall hängen Stromkabel provisorisch befestigt, aber sie scheinen zu funktionieren. Hier zählt nicht die Optik, sondern die Funktion.

    Nach den letzten Metern durch die Menschenmengen erreichen wir den Bus. Im Hotel angekommen, gibt es erst einmal Frühstück. Ich genieße es; ich habe Hunger und nutze die Gelegenheit, mit dem Reiseleiter über die Erlebnisse zu sprechen und weitere Informationen zu erhalten.

    Auch hier zeigt sich wieder, wie nah Reichtum und Armut beieinanderliegen können. Ich bin dankbar, diesen Sonnenaufgang miterlebt zu haben, auch wenn ich jetzt total müde im Hotelbett liege.

    Die morgendlichen Zeremonien am Ganges, wie das Ganga Aarti, haben eine tiefe spirituelle Bedeutung. Sie symbolisieren die Begrüßung der Sonne, die Reinigung von Körper und Geist und die Verehrung der heiligen Flussgöttin Ganga. Der Sonnenaufgang steht für einen Neuanfang und die Erneuerung des Lebens, weshalb diese Rituale bevorzugt am Morgen durchgeführt werden.
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