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  • Day 107

    Schlechter Start - Gutes Ende

    September 25, 2022 in Costa Rica ⋅ 🌧 20 °C

    Ich werde mitten in der Nacht wach, mein Bett wackelt, der Kollege über mir tritt gegen sein Bettende.
    Na toll, da hat wohl jemand Alpträume oder was auch immer, tut mir leid für ihn, mich macht es allerdings auch unentspannt, kommen keine guten Vibes rüber von dem Kollegen, also die nächste Nacht werde ich auf jeden Fall mal das Zimmer wechseln. Ich finde die restliche Nacht keinen richtigen Schlaf mehr, sondern befinde mich eher in einem Verteidigungswachmodus.
    Ich stehe pünktlich um 6 Uhr auf, dass fällt mir nach mehreren Stunden wach liegen auch nicht besonders schwer. Ich fühle mich gerädert und bin frustriert das mich mein Zimmernachbar anscheinend so aus der Fasson bringen kann. Nach ein bisschen an der frischen Luft rumlaufen hab ich mich wieder einigermassen gesammelt.
    Irgendwie schaffe ich es dadurch allerdings, mal wieder, dass es knapp wird zu meinem Tourbegin, heute machte ich eine Wasserfallwanderung durch den Monteverde Nationalpark.
    Nach dem Transport in den Nationalpark greife ich nach meiner Wasserflasche am Rucksack. Klasse ich hab kein Wasser dabei, für eine Wasserfallwanderung wäre eine Badehose sicherlich auch schlau gewesen, Wanderschuhe sind auch im Hostel.
    Puh, Weltklasse, ich bin sauer auf meine eigene Verpeiltheit.
    In meinem Frust treffe ich eine Entscheidung, ich werde mir den Tag nicht vermiesen lassen bzw. selbst vermiesen nur weil er nicht ideal gestartet ist. Eine 8 km Wanderung ohne Wasser wird mich nicht umbringen, wir reden hier ja nicht von 50 km. Unter einen Wasserfall kann man sich auch ohne Badehose stellen und das hier ist keine Bergbesteigung, da kommt man auch mit Chucks durch.
    Mir schießt der Holländer durch den Kopf, der vom Tourguide in Antigua überzeugt werden musste, dass Flip Flops für eine Vulkanbesteigung von 2400 Meter auf 4000 Meter keine gute Idee sind und er sich besser Schuhe leiht. Guter Mann, der hat den richtigen Spirit, oder er hat einfach nicht verstanden was Berge sind.
    Wie dem auch sei, Fazit, eigentlich habe ich gar kein Problem. Außerdem habe ich schon zu oft auf meiner Reise die Erfahrung gemacht, dass ein schlechter Tagesstart noch lange nicht heißen muss, dass der ganze Tag für die Katz ist, ganz im Gegenteil.
    Ich werde nicht enttäuscht, als ich mich auf den Weg in Richtung Wanderweg los mache schert die sympathisch aussehende Dame aus dem Bus gut 30 Meter vor mir von links ein.
    Nach ein paar Minuten habe ich aufgeholt und spreche sie an. Das ist etwas, dass sich nach fast 4 Monaten alleine reisen definitiv bei mir geändert hat, die Hemmschwelle Fremde anzusprechen ist erheblich gesunken :).
    Was mir allerdings auch dadurch erleichtert wird, dass man hier fast ausschließlich gute Erfahrungen macht, fast niemand reagiert abweisend oder unfair. Ganz im Gegenteil, der Großteil ist immer freundlich und hilfsbereit. Insgesamt wirken die Ticos irgendwie weniger berechnend und beurteilent sondern eher pura vida halt.
    Ich frage mich ob das nur an Lateinamerika liegt oder vieleicht auch daran, dass ich "Fremde" aufgeschossener und offener anspreche. Vielleicht ein bisschen von beidem, ich werde es spätestens dann raus finden, wenn ich zurück in Deutschland bin.
    Zurück zum Thema:
    Die Dame heißt Ellen, sie ist eine Brasilianerin mit grünen Augen. Muss ich noch mehr schreiben? Eigentlich ist doch alles gesagt.
    Sie arbeitet zu 100% Remote für eine Werbeagentur in Sao Paulo. Sie nutzt die 100% remote Tätigkeit um zu reisen, heute ist Sonntag, also hat sie den ganzen Tag frei.
    Sie ist eine von den Menschen, von denen du nach ganz kurzer Zeit weißt, dass wird harmonieren, du weißt nicht warum, du weißt nur das es so ist.
    Das Gespräch, die Wanderung haben irgendwie eine Leichtigkeit und machen Spaß.
    Ich lasse sie auf der ersten Hängebrücke ein klein wenig zittern und bekomme auf der nächsten die Retourkutsche.
    Nach kurzer Zeit lässt sie mich vorgehen, bzw. fordert das eher fast schon ein.
    Ich weiß nicht genau warum aber irgendwie gefällt mir das.
    Sie hat etwas an sich, das ich feiere, auf der einen Seite scheint sie den klassichen Stereotyp Frau voll zu leben, gleichzeitig ist sie aber auch emanzipiert, selbständig, selbstbewusst, eigener Job und unabhängig. Außerdem bin ich mir sicher, sie weiß sich durchzusetzen.
    Auf dem Heimweg trennen sich unsere Wege wieder, abends esse ich noch im naheliegenden Städtchen, war der Tag also doch noch ein voller Erfolg :).
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