• Zeremonie - Teil 2

    July 23, 2023 in Canada ⋅ ⛅ 29 °C

    Von der Zeremonie selber darf ich keine Fotos machen, also gibt es hier Fotos zum Tipi und den Leuten.

    Man begrüßt sich, geht mit ein paar Decken ins Tipi und setzt sich eng an eng zu einem geschlossenen Kreis.
    Dann kündigt der Roadman = Zeremonienmeister an, was passieren wird. Und so in etwa läuft die Nacht ab:

    Tabak und Mais-Blättchen werden im Kreis gereicht, so dass jeder eine Zigarette drehen kann, die anschließend gepafft wird. Ein Zündholz aus dem Feuer, das die ganze Nacht gefüttert wird, geht dafür im Kreis herum. Während man auf Backe raucht, werden Gebete und Wünsche gesprochen = prayers.
    Bei einer weiteren Runde wird Peyote Tee gereicht. In bestimmten Momenten reden einige von geliebten Menschen, die es schwer haben, die krank oder gestorben sind. Die Situation der Indianer in Kanada wird analysiert und wie wichtig es ist das alte Wissen an die Jungen Leute weiter zu geben. Für alle diese Menschen wird auch gebetet. Das Beten läuft aber nicht so wie in der Kirche.
    Jeder redet seine Wünsche, seine Gebete vor sich her, viele Stimmen sind zu hören und es herrscht eine intensive, spirituelle Stimmung. Es wird um Schutz gebeten, Regen, Babies und für die Jugend, die durch ihre traumatische Geschichte oft süchtig wird. Ein Problem, um dass sich die Gemeinschaft intensiv kümmert.
    Es gibt eine weitere Runde Peyote in Pulverform. Peyote ist Medizin und Honey erklärt mir, dass man sich erst schlecht fühlt und dann gut, anders als bei Drogen, wo man sich erst gut fühlt und danach die Rechnung bekommt.
    Man soll sich dem Peyote vorstellen und um die Dinge bitten, die einem auf dem Herzen liegen. Einige werden sich in der Nacht übergeben. Im englischen heißt das normalerweise "to get sick". Hier aber wird es als "get well" angesehen, denn man wird das los, was nicht im Körper, Geist oder Herzen sein sollte. Man durchläuft sozusagen einen Reinigungsprozess.
    Das trockene Pulver runter zu bekommen dauert. Mit dem nächsten Tee kann man etwas nachspülen.
    Es wird auch immer wieder getrommelt und gesungen. Die Atmosphäre ist ernst und ruhig, manchmal wird geweint.
    Irgendwann gibt es eine Pipi-Pause. Es ist bereits 2h morgens.
    Weiter geht es mit einer Runde Wasser, Gesängen, Trommeln usw.
    Gegen Morgengrauen wird das rituelle Frühstück vorbereitet. Alle, die noch was sagen wollen, sprechen und der Roadman segnet alle mit seiner Adlerfeder, die Gutes bringt und Schlechtes verscheucht.
    Es ist alles super interessant, intensiv, emotional und trotzdem wird auch viel gelacht.
    Dann gibt es Teller mit den Geschenken des Waldes: Beeren, Baumrinde und wilder Lachs.
    Gegen 9h am Morgen wird der Kreis aufgelöst und alle umarmen sich, tauschen sich aus und stehen oder sitzen in Grüppchen zusammen.
    Ich bin müde, obwohl Peyote helfen soll wach zu bleiben. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich viel gemerkt habe. Vielleicht habe ich zu wenig probiert. 2 x dachte ich, dass es hochkommt, aber am Ende musste ich nicht brechen.
    Jetzt ist noch nicht ganz Schluss mit der Zeremonie. Erst mit der untergehenden Sonne kann man schlafen gehen.
    So verbringen wir den Tag mit Kochen, Schwimmen im See und reden, bis bei Sonnenuntergang Opa Joe, der Federfächermacher und Adoptivvater von Honey, verkündet, dass man jetzt schlafen gehen könnte.
    Die Gäste verabschieden sich nach und nach und spät am Abend sind nur noch die üblichen Verdächtigen da: Honey und Spi7uwe, Tochter Ana, Oma Phyllis und Opa Joe, Twitch und A, das australische Pärchen, das schon quasi zur Familie gehört, Freund Luke aus Ontario und ich.
    Und schlafen gehen hört sich nach ner guten Idee an (gähn 🥱).
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