Wo Eule & ich sich gute Nacht sagen

Unsere Ankunft auf Gut Neuenberg ist unspektakulär . Haben wir den ganzen Tag über allen Menschen mindestens ein Lächeln auf die Lippen gezaubert, so verschwinden wir hier im
geschäftigen Treiben des Reitstalls. Der Bauer ist tanken gefahren, finde ich immerhin raus und spanne den tapferen Mini nach einem ganzen Tag unterwegs (mit ausgiebigen Pausen natürlich) und glatten 25km Tagewerk auf dem Tacho schon mal aus. Als der Chef auf seinem riesigen Traktor zurück kommt, begrüßt er uns herzlich und Mini darf eine Box beziehen, aus der er sogar etwas über Augenhöhe herausschauen kann. So ganz zur Ruhe kommt er aber nicht, so dass ich ihm kurzerhand das Fenster schließe, so dass er seine Aufmerksamkeit zumindest nicht mehr auf den ganzen Hof richtet. Inima hat mich diesbezüglich schon vieles gelehrt, ich hätte nur nie erwartet, dieses Wissen je für Mini einzusetzen…
Offen blieb ja bei meiner kurzfristigen Buchung nur die Frage, wo ich denn nächtigen kann. Hat er mir am Telefon noch einen Quaderballen Heu angeboten, so zeigt er jetzt pragmatisch auf die leere Nachbarbox. Soll wirklich diese Nacht ein Kindheitstraum in Erfüllung gehen?
Schlafen im Pferdestall? Irgendwann, so merke ich spätestens jetzt, ist dieser Traum im Laufe meines Leben verblasst. Zurecht? Mit schnaubenden, Heu malmenden Pferden friedlich unter einem Dach? Naja, wer mich kennt weiß: ich denke mehr an Mäuse, vielleicht gar Ratten? Aber ich wollte ja ein Abenteuer, also nicke ich überdeutlich optimistisch und versuche an diesen Kindheitstraum anzuknüpfen. Trocken, so rede ich mit ein, ist es ja. Und auch wärmer als im November draußen am Waldrand.
Und außerdem: Eine Eule wohnt auch noch in diesem Stalltrakt, verkündet der Bauer mir ganz stolz. Na toll, aber jagen die nicht auch Mäuse?
Als erfolgreiche Absolventin hochgelobter Coachingausbildungen rufe ich mir längst vergessenes Wissen zur Gedankenkontrolle, Beruhigung und Selbstmanipulation ins Gedächtnis und baue mit ebensolcher Geschicklichkeit mein seit Jahrzehnten im Keller verstaubtes Zelt auf. Die Nacht kann kommen, ich bin gewappnet.
Kaum sind alle Geschichten des Tages mehrfach an alle Interessierten erzählt , alles erledigt, was erledigt werden kann, Mini noch 3x auf Herz, Nieren und Wohlbefinden geprüft, kommt eine praktische Dame ums Eck und bietet mir vollkommen unspektakulär ein einfaches Bett im ausgebauten Heuboden an. Was ein Upgrade!
Hätte mein Zelt nicht schon gestanden und alle Eulen- und Nagerszenarien vor meinem inneren Auge nicht schon mit mindestens einem vorsichtig angenagtem Zeh stattgefunden, so hätte ich aus hygienisch orientieren Gründen wohl abgewunken und wäre lieber in mein einfaches, aber immerhin “mein” Zelt verschwunden. So aber nicke ich ähnlich enthusiastisch wie zuvor vor der Box und wähne mich als echtes Glückskind, welches eben nicht im Pferdestall übernachten muss ;)Meer informatie