• Day 7–8

    Fluss, Stadt, Wald

    February 8, 2024 in the United States ⋅ ☀️ 8 °C

    Es ist Donnerstag, wir wachen nach einer ruhigen Nacht bei angenehmen 22° in Freddie auf. Ein paar Plätze neben uns auf dem Parkplatz steht ein langes Wohnmobil, dass die ganze Nacht seinen Generator hat laufen lassen. Allgemein ist es hier wirklichs so, dass Motoren einfach laufen gelassen werden und die meisten Straßenschiffe schlucken bestimmt ordentlich Kraftstoff. Naja wir haben gut reden, wir planen noch tausende Meilen mit Freddie durch das Land zu hoppeln 😉

    Irgendwie ist unsere Stimmung eigenartig. Wir sind ja nunmehr seit 5 Jahren mit Freddie unterwegs, waren in Deutschland, Schweden, Irland und Schottland unterwegs und sind eigentlich alte WildCamper-Hasen. Aber es fühlt sich aktuell an, als seien wir das erste Mal mit Freddie unterwegs. Man merkt einfach, dass Amerika kulturell, bebauungstechnisch und auch vom Camping her ganz anders zu sein scheint. 

    Im Vorhinein haben wir uns mehrere Apps zum Thema Boondocking (freies Stehen bzw. Übernachten in städtischen Gebieten) und zum Dispersed Camping (quasi das gleiche, nur halt in der Natur) runtergeladen. Für uns war klar, dass wir auf regulären Campingplätzen nur stehen wollen, wenn es nicht anders geht.

    Das Boondocking ist in den USA zum Großteil auf Parkplätze von Walmart und co. beschränkt und hat daher dann auch wirklich eher ein absolut zweckmäßigen Charakter. Wir sind nach ein wenig Überlegung aber auch zur Erkenntnis gelangt, dass wir auf unseren vergangenen Reise sowieso selten auf städtischen Stellplätzen standen - wenn, waren wir dann aber zumindesr nicht aufm Parkplatz vorm Netto 😉

    Warum hat es sich gestern morgen also so eigenartig angefühlt? Wir haben alle drei Nächte auf einem Parkplatz verbracht, entweder in Vororten oder in touristischen Bereichen. Im Vorhinein haben wir uns unterbewusst schon auf die tollsten und abgelegensten Stellplätze eingestellt. Irgendwie suggeriert das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ja auch, man stünde mit Freddie immer an atemberaubend lauschigen Plätzchen - wie bei Breaking Bad halt.

    Wir gehen einfach mal davon aus, dass all diese Plätze im Nirgendwo mit Ruhe, Tiergeräuschen und wenigen Menschen noch kommen werden. All die Städte, die hier auf unserem Weg sind, interessieren uns auch einfach so sehr, dass es die richtige Entscheidung sein wird, ein paar Nächte praktische Parkplatz-Unterkünfte zu wählen. Und sicher haben wir uns bisher jederzeit gefühlt.

    Wir haben also das Gefühl der Grummeligkeit hinter uns gelassen und sind nach Wilmington rein gefahren. Das Wetter ist traumhaft, wir spazieren gute zwei Stunden 6,5 km am Riverside Walk entlang und genießen die Aussicht auf die historische Altstadt. North Carolina ist einer der Gründungsstaaten und Wilmington war im 18. und auch 19. Jahrhundert eine Metropole und wichtige Hafenstadt. Der ganze Riverside Walk ist mit Infotafeln bestückt, mit Hilfe derer man eine kleine Reise in die Vergangenheit unternehmen kann. Die Stadt mit 150.000 Einwohnern liegt sofort am Fluss Cape Fear, der einige Meilen Ostwärts im Atlantik mündet. Die Häuschen, bzw. eher Villen erfüllen die stereotype Südstaaten-Erwartung, die wir aus Büchern von Diana Gabaldon im Hinterkopf haben. 

    Unterwegs treffen wir einen anderen Hundebesitzer, der uns nach einem kurzen Plausch fragt wo wir herkommen - er hat gehört wie wir uns auf Deutsch unterhielten. Nachdem er hört, dass wir unseren Camper haben verschiffen lassen, fragt er uns ganz begeistert, ob wir auch nach Florida wollen, da er selbst in Orlando wohnt. Kurzerhand gibt er uns Tipps zu Sehenswertem und tippt seine Empfehlungen in meine Google Notizen ein. Wir sind gespannt, was uns erwarten wird. Nachdem wir uns verabschiedet haben, schließen wir den Spaziergang mit köstlichem Eis (Kürbis, gesalzenes Karamell, Karamell-Schoko und geröstete Kokosnuss 😋) und gutem Kaffee.

    In Freddie gehopst, geht es weiter südwärts. Unser nächster großer Stop wird Charleston in South Carolina sein. Wir fahren heute wieder viel auf dem Highway und wundern uns, dass wir nach ein paar Stunden und einem Frühstückssnack bei Arbys (einer weiteren Fast Food Kette) in einer absolut touristischen Hochburg landen. Myrtle Beach erstreckt sich über mehrere Meilen am Surf Boulevard. Das Meer sehen wir nicht aber dafür Hotel Giganten, Fast Food Kette an Fast Food Kette, Shopping Center, gigantische Minigolf Anlagen, Theater und Opern und auch angepriesene Gun Shows und dicke Autos ohne Ende. Wir fahren an mehreren riesigen Wahlplakaten der Republikaner vorbei, auf denen der gute Donald warnend trohnt und deren Aufschriften die Amerikaner dazu auffordern Trump zu wählen, um Amerika zu retten. Wir haben zum Teil gar nicht gemerkt, wie wir entgeistert und kopfschüttelnd aus dem Fenster starren. Nach dem beschaulichen Wilmington ist das ein krasser Kulturschock. Vorher hatten wir überlegt, hier in der Gegend einen Stellplatz am Meer zu suchen, doch wir entscheiden uns ganz schnell dagegen.

    Weiter geht es also, raus aus dem Lichterwahnsinn und den Hotel Imperien in Richtung Süden. Morgens hatten wir, neben anderen Möglichkeiten, bereits auf einer App einen Platz in einem Waldgebiet ausgeschaut. Hier zieht es uns hin und um 19 Uhr Ortszeit landen wir  in der Elmwood Recreation Area in South Carolina. Es handelt sich um ein Jagdgebiet, neben uns steht ein anderer Camper in einiger Entfernung auf dem Platz, ansonsten um uns herum Bäume, ganz unbekannte Waldgeräusche, absolute Dunkelheit und Sternenglimmern, das durch die Baumkronen schimmert. Christians erste Worte sind, dass das Blairwitch Project auch so angefangen hat. Ich hatte mir vorher überhaupt keine Gedanken in diese Richtung gemacht, aber die ersten Momente fühlen sich ein wenig mulmig an 😂 danke für Nichts. Wir gehen ein kleines Ründchen mit Bella und wieder im Freddie angekommen, genehmigen wir uns erstmal jeder einen köstlichen Whisky, Chips und machen ein bisschen Büro Zeit. Der Beitrag für Find Penguins wird fertig gemacht, wir tragen die Ausgaben der letzten Woche ein, um zu schauen, ob wir mit unserem Budget ungefähr im Plan sind und daddeln auch so noch ein wenig herum. Ein richtig schöner gemütlicher Freddie Abend. 

    Wir machen das Licht aus und schlafen zufrieden und voller Eindrücke ein.
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