• Regen und ein gesperrter Weg

    1.–2. mar. 2024, Forenede Stater ⋅ 🌧 2 °C

    Um viertel nach acht steige ich kurzentschlossen aus dem Bett, ziehe meine kurze Hose plus Unterhemd an, dann noch meine Regenjacke drüber und springe aus dem Bus. Bella weiß nicht so recht, wie ihr geschieht als ich sie anleine und wir loslaufen: es ist gerade Regenpause. Draußen ist es noch etwas kälter als in Freddie und so habe ich auch Verständnis dafür, dass Bella heute Nacht irgendwann mitten ins Bett gesprungen ist und dabei Hanna aus dem Schlaf gerissen hat. Das Körbchen von Bella liegt direkt auf dem Fussboden und die Kälte kommt von unten, da ist also nicht viel mit zusätzlicher Wärme.

    Wir laufen also durch das kleine verschlafene Nest. Gestern dachte ich noch, dass mich einiges auf dem Weg hierhin an die Filmserie Twilight erinnert, aber das Ganze wurde im Westen der USA gedreht. Hanna berichtet mir aber später, dass in der Gegend Teile von Tribute von Panem gedreht wurden. Irgendwas hat die Gegend also.

    Außer der Hauptstraße und einem Antiquitätenlädchen, dass die besten Jahre schon hinter sich hat, gibt es hier wirklich nicht viel. Kein Wunder bei 337 Einwohnern. Da ist in Holungen mehr los. An der Schnellstraße angekommen, kann ich auch schon das mexikanische Restaurant erblicken, drehe aber um – die Regenpause sollte bald vorbei sein und die Vorhersage für die nächsten 12 Stunden verspricht Starkregen. Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig zurück.

    Nach kurzem Überlegen, entscheiden wir uns für das Frühstück bei Las Cazuelitas, machen Freddie reisefertig und rollen los. Hanna und Bella bleiben für den Weg von 4 Minuten ausnahmsweise im Bett liegen. Das Prasseln des Regens ist Bella auch mit Gesellschaft im Bett nicht geheuer. Angekommen betreten wir also das kleine Restaurant. Links gibt es fünf 2er-Sitztische im typischen amerikanischer Dinerstyle, rechts eine lange Theke. Nach kurzem Gucken entscheiden wir und für zwei Cafe Columbiana, Huevo Santiaguense und Cazuelitas Breakfast. Den Preisen merken wir schonmal nicht an, dass es sich um eine Kleinststadt handelt, aber der kolumbianische Kaffee, der wenige Augenblicke später serviert wird, schmeckt richtig gut und lecker. Serviert in getöpferten Tassen, die – ebenso wie das Geschirr für das Essen – den Aufdruck Las Cazuelitas tragen. Die Portionen sind übersichtlich, aber es schmeckt sehr lecker und wir sind beide im Frühstückshimmel. Wir verstecken uns noch ein wenig vor dem Regen im Lokal, aber es nützt nichts: wir müssen wieder raus und den Tag fahrend durch die Wassermassen verbringen.

    Nach gut einer halben Stunde halten wir spontan an einem Baumarkt und wollen noch nach einer kleinen Gasheizung schauen. Meine Prioritätensetzung im letzten Jahr war stark arbeitslastig und ich ärgere mich noch immer, dass ich die Standheizung nicht komplett fertigbekommen habe, aber ändern kann ich es gerade auch nicht. Wir erwerben also eine kleine Gasheizung, die sogar für den Innenbereich zertifiziert ist. Ich buche es unter Lehrgeld ab und nehme mir erneut vor, nach dem Sabbatical für eine Work-Life-Balance zu sorgen.

    Weiter geht es durch den Regen und es sieht alles einfach nur trist aus, das Wetter fängt an uns beiden ein wenig auf die Stimmung zu schlagen, aber wir schlagen uns noch tapfer. Als wir durch die Stadt Cherokee (ja, wie der Indianerstamm) fahren, sind wir verwirrt. Neben indianischen Gedenksteinen gibt es eine lange Straße, auf der sich mehrere Mokassingeschäfte direkt neben T-Shirt-Geschäften befinden. Von Tradition nicht viel zu sehen. Wir passieren das Hinweisschild zum Blue Ridge Parkway, biegen ab und stehen vor einer Schranke und sind beide perplex. Von der Sperrung war gestern noch nichts zu lesen, aber scheinbar hat der Wetterumschwung das Schließen des Wegabschnitts notwendig gemacht. Hanna zückt ihr Telefon und schaut auf der Website nach – ziemlich viele Sperrungen. 21 von 48 Streckenabschnitten in North Caroline sind gesperrt – alle mal mehr oder weniger lang. Unsere Laune ist im Keller und wir sind beide ziemlich gereizt und im Laufe des Tages wird es auch in Freddie ein paar kleine Donnerwetter geben. Aber auch das gehört dazu, gerade wenn man viel Zeit auf engstem Raum miteinander verbringt. Zum Glück finden wir immer schnell den Weg zueinander und kriegen so die Kurve.

    Nachdem Hanna den nächsten nicht gesperrten Wegpunkt rausgesucht hat, rollen wir durch den zweiten Teil von Cherokee – ebenfalls wieder einige Mokassingeschäfte. Dazwischen aber auch die Cherokee Baptist Church und ein Burger King. Letzterer verkündet mit Window Color Bildern das bevorstehende Osterfest und die Auferstehung Jesu. Unsere Blicke sagen deutlich: „Was zur Hölle?“.

    Freddie schlängelt sich den Wassermassen trotzend brav die Straßen entlang und hoch und nach knapp 45 Minuten erreichen wir den anvisierten Wegpunkt. Auch dieser ist geschlossen, trotz anders lautender Information im Internet und wir haben beiden den Papp auf und planen um: Stellplatz suche und Haken hinter den Tag machen. Naja im Ernst, viel Aussicht hätten wir auf dem Weg bei dem Wetter auch nicht genießen können, dennoch einfach frustrierend. Nach zwei Anläufen finden wir dann auch im Pisgah National Forest einen Stellplatz. Den letzten freien Platz, Glück für uns. Hier gibt es, wie in anderen National Forests auch, vorbereitete Plätze mit Feuerstelle. Die meisten der Plätze sind schon belegt und es gibt einige, die im Zelt übernachten. Von der befeuerten Jurte, die durch die Innenwärme dem Regen trotz, bis zum Ein-Personen-Zelt sehen wir unterschiedlichen Varianten.

    Nach dem Ankommen zieht noch eines der oben erwähnten Donnerwetter vorüber und nachdem in Freddie die Sonne wieder scheint, kuscheln wir uns um kurz vor 18 Uhr auf das Bett, mümmeln Bagel und schauen eine Folge auf Netflix, während die kleine Gasheizung Freddie auf doch sehr kuschlige 22 °C aufheizt.

    Das war er dann also: der erste Tag im zweiten Monat unserer Reise.
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