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  • Day 29

    Dreverna, Klaipeda und Fähre

    August 10, 2019 in Lithuania ⋅ ☁️ 19 °C

    Den heutigen Tag gilt es irgendwie "tot zuschlagen" und gleichzeitig noch sinnvoll zu nutzen. Unsere Fähre geht erst um Mitternacht ab Klaipeda Fährhafen. Check -out auf dem Campingplatz ist 12.00 Uhr. Aber auf Nachfrage, dürfen wir kostenlos bis zum Nachmittag stehen bleiben. Nach dem Frühstück wird erst einmal aufgeräumt und "Klarschiff" gemacht. Dann packen wir die Rucksäcke für die Fähre.
    Gegen Mittag kommen viele Tagesgäste in den Hafen. Ein Wohnmobil und ein Zelt nach dem anderen kommt an. Auch die Leute, die ihr Boot am Steg liegen haben, suchen zwischen den Mobilen einen Platz, um ihr Auto zu entladen. Ach ja! Wir haben ja Wochenende. Unterwegs verschmelzen die Tage. Oft weiß ich nicht einmal den Wochentag. Vom Datum ganz zu schweigen. Der Kopf wird herrlich leer. Wichtigste Fragen des Tages sind: Wo hin geht es als nächstes? Was essen wir heute? Und was wollen wir unternehmen? Ganz schön übersichtlich im Gegensatz zum Alltag.
    Nachdem alles, was zu tun ist, getan ist, greife ich seit langem mal wieder nach meinen Walkingstöcke und unternehme eine Tour durch den Ort und die angrenzende Gegend. Am Heimatmuseum verweile ich eine Zeitlang. Eine Trachtengruppe singt und tanzt und motiviert auch die Zuschauer mitzumachen. Beim Fischer ist heute Hochbetrieb. Der Schornstein des Räucherofens qualmt und pustet den Rauch vom Buchenholzfeuer in die Luft. Tagesgäste kaufen bei ihm geräucherten Fisch. Beim kleinen Laden halte ich noch einmal. Ob es da noch etwas von dem leckeren Schwarzbrot gibt? Meins habe ich aufgegessen und die anderen, die ich in Riga besorgt habe, sind eigentlich als Mitbringsel gedacht. Es gibt noch zwei Brote, und das sind meine. Ich bin mal gespannt, ob die mir zu Hause auch noch so gut schmecken wie hier. Ich laufe aus dem Ort heraus und stelle wieder einmal dieses Spannungsfeld zwischen neu und alt, zwischen arm und reich fest. Während im und um den Hafen herum alles neu und gepflegt ist, sehe ich hier baufällige Häuser, z T. mit kaputten Glasfenstern, notdürftig geflickt. Verwilderte Gärten, marode Fassaden. Oder sogar Ruinen einer Fabrik, die in steter Zwietracht mit den hochmodernen Hallen und Anlagen einer Produktionsfirma stehen. Aufgefallen ist mir auch, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung neue und hochwertige Westautos wie Audi, BMW etc. fährt. Das scheint ein sehr wichtiges Statussymbol zu sein, während das Wohnen nicht unbedingt im Vordergrund der Lebensqualität zu stehen scheint.
    Durch die Ferienhausanlage und vorbei an dem Aussichtsturm kehre ich wieder zurück. Schnell noch einmal duschen, den restlichen Pflaumenkuchen vernichten, einen kurzen Plausch mit dem neuen Nachbarn halten, der bereits in Riga unser Nachbar war, und dann geht es Richtung Klaipeda. Michael ist unruhig. Er will sehen, wo wir hin müssen und möchte pünktlich vor Ort sein, um einen geeigneten Parkplatz bis zum Einchecken für unser langes Gefährt zu finden. Chris und Gabi, die kurz vor uns gefahren sind, wollen noch ins Zentrum von Klaipeda und ein wenig Sightseeing machen. Das würde ich auch gern, aber am Samstagnachmittag im Zentrum mit Wohnmobil und Hänger auf einem öffentlichen Parkplatz parken zu wollen, das schreit regelrecht nach Stress.
    Den haben wir trotzdem, als wir natürlich viel zu früh am Fähranleger sind. Es gehen noch zwei Fähren vor unserer hier ab. Wir finden zunächst weder einen vernünftigen Parkplatz, die vorhandenen sind alle durch Barrieren unterteilt, noch den Schalter der TT-Line. Die Dame von der Reederei DFDS serviert uns auf unsere Frage hin recht hochnäsig ab: "Its an other company in an other building!" Und sie ist auch nicht bereit, uns zu verraten in welches der hier vorhandenen Gebäude wir gehen müssen. Wir fragen uns weiter durch und finden den Schalter, der aber natürlich noch geschlossen ist und erst um 21.00 Uhr öffnet. Es ist mal gerade 17.00 Uhr. Erst beim Einchecken bekommen wir die Wartespur und das Gate genannt.
    Michael hat sich auf dem Gelände umgeschaut und eine Möglickeit gefunden, das Womo zu parken. Dort sollen wir im Laufe der Zeit noch Gesellschaft bekommen.
    Was tun bis zum Check-in? Michael will das Auto auf keinen Fall allein lassen.
    Das Zentrum ist über 5 km entfernt. Zu weit zum Hin und wieder Zurücklaufen. Außerdem gibt es immer wieder Schauer. Ich nehme mir die Regenjacke und laufe aus dem Hafen heraus in Richtung Zentrum und verspreche, etwas zum Abendessen zu besorgen. Auf meinem Weg komme ich zur "Akropolis", einer riesigen Shopping Mall. Lust auf Konsum habe ich aber weniger. Mir macht das Laufen gerade Spass und so laufe ich weiter. Nach gut 3 km taucht eine Pizzeria auf. Das ist es: Pizza to takw away! Unser Abendbrot. Während die Pizza zubereitet wird, was laut Aussagen des Kellners etwa 15 Minuten dauern soll, genehmige ich mir zur Belohnung ein kleines Bier und informiere Michael über unser Abendessen. Allerdings wird er sich gedulden müssen. Ich muss ja auch noch zurück laufen und das bei Regen mit zwei Pizzakartons auf dem Arm. Unterwegs spricht mich ein älterer Mann mit einer Kapitänsmütze an. Ich gebe ihm zu verstehen, dass ich kein Litauisch kann. Er bemerkt meine Herkunft und ist ganz begeistert. In einem Kauderwelsch aus deutsch und englisch erzählt er mir, dass er in Hamburg Kapitän gewesen wäre (wahrscheinlich auf einer Barkasse, dort würde er vom Aussehen hinpassen). Er erzählt von Renzburg und Bremerhaven, und möchte wissen, aus welcher Stadt in Deutschland ich komme. Ich gebe bereitwillig Auskunft. Als ich mich verabschiede, nimmt er mich plötzlich in den Arm, drückt mir einen Schmatzer auf die Wange und sagt:" Gute Reise und Gruß an Deutschland!" Etwas irritiert gehe ich weiter. Mit dem Dosieren von Freundlichkeit haben die Leute heute scheinbar Probleme. Was der eine zuviel anwendet, fehlt anderen.
    Auf den letzten Metern zum Wohnmobil erwischt mich dann doch noch ein heftiger Guss. Aber die Pizza kommt halbwegs warm und ich noch einiger Maßen trocken im Wohnmobil an.
    Plötzlich eine Whatsapp. "Sheetwetter. Wir haben aufgegeben und stehen hinter euch." Chris und Gabi sind jetzt auch da. Vor uns ein Pärchen mit Kleinkind aus Celle. Alle warten auf das Öffnen des Schalters. Michael hat als erster entdeckt, dass der Schalter schon geöffnet hat und gibt die Info nach vorn und hinten weiter. Wenig später stehen wir in Polposition vor Gate 4 und warten darauf, auf die Wartespur zu dürfen. Es ist kurz nach 21. 00 Uhr, als wir auf der Spur 7 auf die Dinge, die ab Mitternacht kommen werden, warten dürfen.
    Wir fahren die Satellitenanlage aus, und ich vertreibe mir die Zeit bis Mitternacht mit einem Krimi und Tagebuch schreiben, während Michael draußen im Dunkeln Smalltalk mit den Wartenden hält.
    Gegen Mitternacht läuft sie hell erleuchtet in den Hafen von Klaipeda ein, die "Peter Pan "oder ist es die "Nils Dake " oder die "Robin Hood"? Es ist die "Robin Hood". Unsere Fähre. Aber erst einmal müssen die Autos und LKWs von der Fähre herunter fahren, bevor wir auffahren können. Das dauert. Dann dürfen zunächst die Pkws fahren. Eigentlich kommen danach erfahrungsgemäß erst die LKWs. Aber da uns niemand Bescheid sagt, schließt sich Michael den PKWs an und alle Campingfahrzeuge folgen. Dazwischen ein einzelner Radfahrer, der im Dunkeln nicht weiß, wohin er muss. Kurz vor der Rampe werden wir und alle nachfolgenden Fahrzeuge der Spur 7 herausgewunken. Erst kommen die LKWs an Bord. Wie immer, und das dauert. Ganz zum Schluss dürfen wir dann die steile Rampe hinauf auf das obere Deck fahren. Der Einweiser an Bord hat nicht gesehen, dass wir ein Anhängsel haben. Er gestikuliert wild, Michael möge einschlagen zum Wenden. Das kann er aber nicht und tut er auch nicht. Erst da wird der Hänger bemerkt. Aber alles gut gegangen. Chris und Gabi, die hinter uns fahren, müssen wegen des Disputs auf der Rampe halten. Was man sich ja auch nicht unbedingt wünscht. Müde und erschöpft nehmen wir die Rucksäcke, gehen aufs Passagierdeck und wollen die Kabine beziehen. Doch leider funktioniert die Keycard nicht, und wir müssen sie an der Rezeption umtauschen. Endlich sind wir in der Kabine. Oh je, nur ein Bett? Nein, das andere klappt oben an der Wand. Schnell die Nasszelle inspiriert. Definitiv nur ein Handtuch. Also wieder zurück an die Rezeption und ein zweites Handtuch besorgt. Inzwischen hat die Fähre abgelegt. Wir beobachten noch ein wenig, wie die Lichter von Klaipeda im Dunkeln verschwinden. Es ist fast 2.00 Uhr morgens, als wir todmüde in die Betten fallen. Das war ein aufregender Tag und morgen genießen wir unsere "Minikreuzfahrt". Die Wetterapp verspricht nur Sonne.

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