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  • Day 12

    Ein Tag voller Ecken –Fahrt nach Grazie

    October 10, 2024 in Italy ⋅ 🌧 19 °C

    Nicht jeder Tag auf Reisen verläuft rund, und dieser Tag hat definitiv seine Ecken. Es beginnt mit strömendem Regen, als wir den Campingplatz in Bardolino verlassen. Wie immer muss das Wohnmobil reisefertig gemacht werden – Stromkabel einholen und all die anderen Kleinigkeiten und all das bei Regen. Das Herausfahren aus der Parzelle stellt sich als echte Herausforderung heraus – plötzlich sind da Olivenbäume, die zuvor nicht da waren. Ob sie sich vermehrt haben? Wer weiß.

    Nach einem kleinen Umweg, weil wir die Abfahrt zum Lidl in Lazise verpassen, erfolgt der Einkauf in zwei Etappen, denn wir wollen das Wohnmobil nicht allein lassen. Michael kümmert sich um Getränke und seine Bedürfnisse, während ich mit dem Rest des Einkaufszettels losziehe. Kaum hat es aufgehört zu regnen, da schüttet es erneut, gerade als ich mit den Einkäufen zurückgehe. Aber nass zu werden, daran habe ich mich in den letzten Tagen schon gewöhnt

    Nach dem Einkauf geht es weiter in Richtung Peschiera del Garda, auf der Schnellstraße mit recht lebhaftem Verkehr. Kurz danach fahren wir auf die SP 19, wo es ruhiger wird, aber die Straßenverhältnisse lassen zu wünschen übrig. Michael schimpft leise vor sich hin, wenn das Geschirr im Schrank bei jedem Schlagloch klappert. Wir passieren die Orte Ponti sul Mincio und Monzambano, bevor wir schließlich in die engen Gassen von Volta Mantovana geraten. Bald darauf erreichen wir unser Ziel: den Stellplatz in Grazie, etwa fünf Kilometer vor Mantua.

    Der Platz ist riesig, und nach dem vielen Regen entscheiden wir uns, wie die anderen Camper auch , lieber auf einer Asphaltfläche zu stehen, um mögliche Probleme mit der Wiese zu vermeiden. Aber die Probleme finden uns trotzdem. Die Stromversorgung will nicht funktionieren – irgendwo muss ein Kurzschluss sein. Während Michael sich damit beschäftigt, mache ich mich auf den Weg in den kleinen Ort.
    Der Ort Grazie, offiziell als „Borgo di Grazie“ bekannt, ist eine Pilgerstätte mit einer ganz besonderen Kirche: der Santuario della Beata Vergine Maria delle Grazie. Der Platzwart hat mir die Besichtigung wärmstens ans Herz gelegt, und ich werde nicht enttäuscht. Die Kirche im lombardisch-gotischen Stil mag von außen wie viele andere aussehen, aber das Innere ist außergewöhnlich. Ein ausgestopftes Krokodil hängt von der Decke, mit der Schnauze zum Eingang, um das Böse fernzuhalten, und an den Wänden befinden sich dutzende Statuen aus Pappmaché, die Herrscher, Päpste und Krieger darstellen.

    Es ist ein Ort voller Überraschungen und kurioser Details. Die Kirche wird 1406 geweiht und vom Baumeister Bartolino da Novara, der auch das Castello di San Giorgio in Mantua gestaltet, erbaut. Besonders beeindruckend ist die Lage der Kirche am Ufer des Flusses Mincio, mit Blick auf das Schilf, das den Fluss säumt.

    Der Mincio entspringt als Abfluss des Gardasees bei Peschiera del Garda und fließt durch eine abwechslungsreiche Landschaft, bis er nach 73 Kilometern in den Po mündet. Bei Mantua bildet er eine beeindruckende Wasserlandschaft mit drei Seen: Lago Superiore, Lago di Mezzo und Lago Inferiore. Besonders im Sommer, wenn die Lotusblüten auf dem Lago Superiore in voller Pracht stehen, entfaltet der Mincio seine ganze Magie. Die Lotusblüten wurden 1921 von einer Naturkundlerin aus Mantua aus dem Orient eingeführt und blühen seither jeden Juli und August.

    Nach meinem Kirchenbesuch spaziere ich hinunter zum Fluss, der in der Spätnachmittagssonne eine wunderschöne Stimmung verströmt. Im Sommer fahren hier auch Ausflugsboote, die den Mincio entlanggleiten, und es ist leicht vorstellbar, wie bezaubernd dieses Bild ist, wenn die Lotusblüten blühen.

    Zurück beim Wohnmobil sehe ich, dass Michael sich von der Fehlersuche ausruht. Den Kurzschluss hat er noch nicht gefunden, aber es ist alles so geregelt, dass wir zumindest vorerst zurechtkommen. Die Temperaturen sind angenehm bei 23 Grad, und so können wir endlich draußen sitzen – aber nicht lange. Der Regen hat Unmengen von Mücken und Fliegen angelockt, die nun über das Gras herumschwirren. Also fliehen wir ins Wohnmobil.

    Dieser Tag hat definitiv seine Ecken. Doch trotz aller Herausforderungen macht die Fahrt durch das zauberhafte Gebiet des Mincio und der Besuch des Heiligtums in Grazie diesen Tag zu einem schönem Erlebnis.
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