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  • Day 36

    Der weiße Sherpa

    September 7, 2021 in Peru ⋅ ⛅ 9 °C

    Heute geht ein Traum in Erfüllung - wir erklimmen 4604m und erreichen die Lagune 69. So unaufgeregt der Name auch klingen mag, der Anblick dieses Gletschersees ist jede Anstrengung wert. Und anstrengend, das war der dreistündige Anstieg definitiv - nicht so sehr von der Muskelkraft, vielmehr für mein Herz und meine Lunge, die sich während der Wanderung manchmal wie in einer Druckkammer anfühlten. Habt ihr je eure Lunge gespürt? Der weiße Sherpa bleibt von diesen Erfahrungen unberührt. Aber dazu später mehr!
    4.20 Uhr klingelte der Wecker, 4.45 Uhr sollten wir abholbereit sein - eine Stunde später holt uns tatsächlich der Bus ab. Auf geht es! Wir fahren am Nevado Huascaran vorbei, mit 6768m der höchste Berg Perus, schrauben uns langsam die Berge hinauf, vorbei an kleinen Dörfern mit luftgetrockneten Ziegeln, an Blaubeerplantagen und Maisfeldern.
    Nach etwa 1,5 h halten wir in Yungay (3600m), Frühstückspause! Die Kinder bringen die Getränke und Speisen. Schule haben sie - zumindest heute - nicht. Als nächstes halten wir 5min. an der smaragdgrünen Llanganuco Lagune (3850m). Jeder See hier hat meine Lieblingsfarben!
    Der Halt Cebollapampa auf 3900m bildet den Ausgangspunkt unserer 14km-langen Wanderung. Die Landschaft ist unfassbar schön, zunächst wandern wir durch ein Auenland, mit Bachläufen, wundersamen Bäumen, Gebirgsblumen und grünem Gras, gerne stehen uns Kühe im Weg. Dann wird es felsiger, aber der Anstieg ist moderat und wir kommen gut voran. Alle halbe Stunde machen wir ein paar Minuten Pause, trinken etwas und geben unserem Körper Zeit wieder seinen Ruhepuls zu bekommen, oder zumindest etwas in der Richtung.
    Wir sind etwa bei 2/3 der Route, da kommen uns zwei aus unserer Gruppe schon wieder entgegen - fullspeed (wirklich?!). Aber unser Guide, der die Gruppe von hinten begleitet, geht den Weg täglich und benötigt auch nur 1h 10' für die Strecke.
    Vor uns türmen sich die weißen Berge der Cordillera, links ein hoher Wasserfall (catarata!). Jetzt beginnt der wirkliche Anstieg. Chris fällt es sichtlich leichter, er ist topfit, aber ich komme auch gut voran. Meine Atmung eskaliert erst als wir auf etwa 4400m ankommen. Ich muss öfter halten, um ausreichend Luft zu bekommen... Verheißungsvoll sind die ausnahmslos glücklichen Gesichter derjenigen, die sich schon auf dem Rückweg befinden. Bald geschafft! Dann aber folgt laut Aussage des Franzosen, der später einiges hinter uns zurückbleibt, "der längste Kilometer seines Lebens". Der weiße Sherpa rettet mich: Chris, nun bepackt mit 2 Tagesrucksäcken, und ich (nur mit Korsett um die Lunge) erreichen nach 3h 5' die Lagune 69. Mein weißer Sherpa atmet kaum schneller als sonst - wie hat er das nur hinbekommen?
    Dieser Gletschersee raubt uns - in doppelter Hinsicht - den Atem! Wie wunderschön es hier ist. Die Lagune 69 wird zu Recht als "der schönste Gletschersee im Huascaran Nationalpark" beschrieben und liegt am Fuß des Pisco und Chacraraju. Wir genießen die Stille und ruhen uns nach ein paar Snacks und Brötchen etwas aus.
    Viel zu früh müssen wir wieder absteigen, ich hätte ewig bleiben können. Ob es wohl regnen wird? Leider gewinne ich die Wette gegen Chris (Inka-Cola!), dennoch fällt der Abstieg leicht und wir sind pünktlich nach 2h stolz über die gemeisterte Strecke und beglückt durch dieses fantastische Erlebnis wieder am Bus - bereit uns erneut durchschütteln zu lassen... Keine Kopfschmerzen an diesem Tag, nur rote Handrücken!
    Zur Feier des Tages gehen wir essen - und wir hätten niemals erahnt, dass selbst die Burger das Wochenmotto "blau" erfüllen werden!
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