• In den duftenden Wäldern Kaliforniens

    November 9, 2021 in the United States ⋅ ⛅ 24 °C

    Der Vormittag verläuft extrem gemütlich, ein Kolibri schaut vorbei, zudem macht mir Thomas wieder Kaffee – eine Geste, die in mir jedes Mal ein Glücksgefühl weckt. Wie immer ist für alles gesorgt. Ich bin auch beeindruckt, wie die beiden sich hier in Kalifornien installiert haben: Gemüse- und Kräutergarten, Obstbäume und eigene Marmelade, das komplette Haus mit Google verbunden, Hausroboter und 4-D-Drucker für die restlichen Herausforderungen, die ein 5-Personen-Haushalt so zu bieten hat. Neben dem Riesentrampolin im Garten wartet in der Garage ein ganzer Fuhrpark an fahrtauglichen Freizeitgeräten und eine komplette Campingausrüstung, inklusive Kanus. Wow! Bald geht es aber für die Familie wieder zurück nach Deutschland. Den kalifornischen Traum zuende gelebt?

    Heute koste ich ihn auch aus: Thomas macht das E-Bike für mich startklar und berät mich bezüglich schöner Wanderwege. Ich starte in die Wälder um Sunnyvale, Salat, Wasser, Snacks, Picknickdecke im Gepäck, auch einen Kartendownload – die wohl wichtigste Ausrüstung für mich. Ich passiere den kleinen Staudamm, der nahezu ausgetrocknet ist, picknicke dort und rolle dann mit wehendem Haar in den Wald, mache einen Abstecher und fahre einem kleinen Bach entlang. Dieser Duft! Es riecht ein wenig nach Erde und den trockenem, gelben Laub, vielmehr aber nach aller Art von Gewürzen: ein wenig Maggikraut, ein bisschen wie Thymian und Grasduft, einen Hauch Rinde der Redwoods. In meinem Kopf formt sich das Bild eines kühlen Herbsttages, an dem ich mit einer Tasse Kräutertee am Fenster stehe, die wärmenden Sonnenstrahlen genieße und langsam einen Teelöffel goldenen Honig in die Tasse fließen lasse. Und obwohl ich auch an diesem Tag oftmals traurig bin, fühle ich gleichermaßen glücklich, denn der Duft der Wälder umhüllt mich irgendwann wie ein wärmender Mantel. Ich habe so Spaß am Radfahren, dass ich den Wanderweg vergesse und mich schließlich verfahre. Wie sollte es anders sein... Mir aber ist es völlig egal und das Alleinsein hat diesbezüglich viele Vorteile! Also nochmal: Ich habe so viel Spaß beim Radfahren, dass ich alle Pläne vergesse und die Gegend auf meine ganz eigene Art entdecke. Letztlich finde ich auch den Weg durch die idyllischen Weinberge zurück, vorbei an der Truthahnfarm und einigen weidenden Rehen, die mich mit großen Augen anblicken, aber völlig ohne Scheu. Ich verfolge einen großen blauen Vogel und bleibe einfach mehrfach stehen, nur um zu genießen; ganz nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“. Ich erinnere mich an eine Wanderung durch einen Nationalpark, bei der ich mehrfach um eine Pause bitten musste, da hier das Ziel als Ziel veranschlagt wurde – auch ein Weg, aber nicht meiner. Als es frisch wird, geht es langsam zurück, entspannt mit Teepause und Kürbismuffin, passend zum Herbstmotto und mir.

    Zurück bei Familie G. wartet dann ein weiteres Highlight, denn Thomas hat chinesisches Essen bestellt. Durch die Dichte an ansässigen Asiaten hier gibt es wohl ausgezeichnetes internationales Essen, was ich nun durchweg bestätigen kann. Ich esse mit Noah und Hannah Dumplings um die Wette und... verliere! Finn fertigt Knödel-Matsche an und hätte sich gerne dafür all unser Essen geschnappt. Aber Martina hat ihn fest im Griff ;-) Nach einer Tanzparty gehen die Kids ins Bett.

    Abends sitzen Thomas und ich wieder lange im Wohnzimmer bei einem guten Gläschen (+2) und quatschen bis in die Nacht. Ich schleiche mich leise in mein Prinzessinnen-Zimmer, als er leise schnarchend eingeschlummert ist. So geht meine Zeit hier in Kalifornien selig zuende und mein 14kg-Rucksack wartet bereits gepackt für das nächste Abenteuer.
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