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  • Day 107

    Betende Bäume

    November 17, 2021 in the United States ⋅ 🌙 12 °C

    Nun, was hat es nun mit diesen Joshua Trees auf sich? Der Name war auch mir unbekannt und bedurfte einer kleinen Recherche. Anscheinend bekam diese Yucca-Art (dt. Josua Palmlilie) seinen Namen von mormonischen Siedlern, die Mitte des 19. Jhs die Mojave Wüste durchquerten. Die einzigartigen Formen der Äste erinnerten sie an die biblischen Geschichten von Josua, der seine Hände zum Gebet Richtung Himmel getreckt hatte.Ich muss an dieser Stelle gestehen: Die Bäume sahen für mich keineswegs wie flehentlich erhobene Arme eines Mannes aus, der in der Wüste betet...

    Ich glaube, dass ich mich auch vor 10 Jahren schon gefragt hatte, was es mit diesem Joshua so auf sich hatte und wofür er so inniglich betete. Kein Plan! Mir kommt lediglich das Lied „Joshua fought the battle of Jericho“ in den Sinn. Jen ist auch unwissend – wir sollen es vorerst bleiben, denn natürlich gibt es kein Netz. Ein Youtube-Kindervideo diente mir nun für die folgenden Informationen als Quelle (Ich weiß, meinen Schülern, hätte ich das niemals durchgehen lassen! Aber ich habe ja ein Jahr Ferien!): Josua, die rechte Hand Moses, bekommt nach dem Tod des Propheten von Gott den Auftrag, die Israeliten ins gelobte Land Kanaan zu führen. Durch seine mächtigen Gebete und sein Glauben, teilte sich der Fluss und fielen die Mauern Jerichos nach der 7. Umrundung ein und die Israeliten konnten die Stadt einnehmen.

    Achtung religiös-philosophischer-spiritueller Exkurs: So merkwürdig diese alttestamentarische Geschichte auch verläuft, ein Prophet als „rücksichtsloser“ Eroberer eines fremden Landes, ich möchte an dieser Stelle gerne auf eine mögliche symbolische Bedeutung eingehen. Denn Josua wurde permanent von Gott ermutigt, daran zu glauben, dass für eine Lösung aller scheinbar ausweglosen Probleme gesorgt ist, mit den Worten: „Sei mutig und stark“. Sie erinnern mich an eines meiner Lebensmottos: „Sei immer stärker als deine Angst und lass die Angst niemals dein Leben leiten!“ Wie oft scheitert man an solchen Vorsätzen? Ich: Sehr oft! Aber immer, wenn es wirklich darauf ankam, habe ich letztlich danach gehandelt und – es hat mich auf verworrenen Wegen unter anderem in diesen Park gebracht.

    Ich stelle mir vor, dass diese tausende zum Himmel flehenden Bäume für die Pioniere, die unter bittersten Entbehrungen gegen den Westen zogen, ein Zeichen der Hoffnung waren, dass sie einer neuen Heimat nahe sind. Und auch, wenn diese Bäume in mir ganz andere Assoziationen hervorrufen, habe ich die Schönheit und Widerstandskraft bewundert und werte sie als Symbol für Mut und Standhaftigkeit unter den widrigsten Bedingungen.

    Was aber war das Highlight dieses Tages? Der epische Sonnenaufgang im Cholla Cactus Garden im Osten des Parks, der von mir kaum in Worte gefasst werden kann, außer: Sieh selbst!

    Die anderen Stationen heute: Cholla Cactus Garden - Skull Rock - Cap Rock - Halls of Hallow - Split Rock - Barker Dam Nature Trail mit Petroglyphen

    Und nun muss ich ein Thema zuende führen, dass mich und Jen auf nahezu allen unseren Ausfügen begleitet hat: Die Salbei-Räucherzeremonie! Um meinem neuen Lebensabschnitt einzuleiten und den (scheinbaren) Fluch von mir zu nehmen, der mich zu verfolgen scheint, entzündet sie einen Bund Salbei und umschreitet mich mehrfach. Der Rauch soll alles reinigen und nimmt alles Schlechte fortnehmen. Ich glaube natürlich überhaupt nicht an solche Riten, fühle mich danach aber auf sonderbare Art und Weise (er)leichter(t) . Und was soll ich sagen? Der Tag geht ohne schlechte Zwischenfälle zuende und noch vor unserem geistigen Auge die betenden Hände vor Augen, erreichen wir abends wieder Las Vegas.
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