• Namaste in Pokhara

    December 14, 2024 in Nepal ⋅ ☀️ 18 °C

    Nachdem ich gestern eine ausgiebige Foodtour durch Thamel in Kathmandu gemacht habe, schlafe ich heute wieder aus. Der Late-Check-out um 12 Uhr lässt es allemal zu. Am Frühstücksbüffet checke ich noch den Flugstatus meines Flugs, denn ich habe mich entschieden, mit dem Flieger nach Pokhara weiterzureisen. Mit dem Bus wäre ich 7–10 Stunden unterwegs, je nach Verkehrsbedingungen. Der Flug dauert 25 Minuten. Das ist mal ein kleiner Unterschied. Noch ahne ich nicht, dass mal wieder alles anders wird als gebucht. Aber dazu gleich mehr.

    In Pokhara erwartet mich heute meine Gastfamilie. Ich habe über Air B’n’B von Deutschland aus eine sehr interessante Anzeige gefunden. Bina und Prakash, ein nepalesisches Ehepaar, werden mich beherbergen. Sie wohnen in einem schönen Haus mit drei Stockwerken und einem Rooftop, auf dem man verweilen kann. Nur fünf Minuten zu Fuß liegt der Phewa-See. In der Anzeige hatte ich gelesen, dass 10 % meines Übernachtungspreises an Binas Hilfsorganisation gehen. Da habe ich nicht lange überlegt und sofort gebucht. Ich freue mich sehr auf die Begegnung mit ihnen.

    Die Vorfreude steigt also, während ich in meinem Taxi auf dem Weg zum Flughafen sitze. Die Verabschiedung am Hotel war sehr herzlich. Generell ist die Gastfreundschaft extrem hoch. Bei den Nepalesen gilt: Behandle deine Gäste, als seien sie gottähnlich. Diese göttliche Gastfreundschaft ist überall spürbar. Schon beim Check-in habe ich sehr hilfsbereites Personal angetroffen. Wenn ich mal auf Guides in der Lobby gewartet habe, dann gab es einen Masala-Tee aufs Haus. Es mögen Kleinigkeiten sein, aber in Deutschland oder Europa, wo jede Dienstleistung ein Preisschild trägt, ist es doch anders. Meinen Dank drücke ich auch ein Stück weit im Trinkgeld aus, lasse aber auch zwei Tafeln der Schokolade da, die ich mitgebracht habe.
    Der Weg zum Flughafen ist mühsam. Überall hupen Autos und Mofas. Sie drängeln sich durch jede freie Lücke. Diese Verkehrsbedingungen sind wirklich anspruchsvoll. Mein Taxifahrer hat sichtlich Mühe. Ich schätze ihn auf Anfang zwanzig. Ich vermute, dass er den Führerschein noch nicht allzu lange hat, da er sichtlich angestrengt den Verkehr analysiert. Und wie wir so im Stau stehen, merke ich auch, dass nach drei Tagen in Kathmandu mein Hals in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ich habe keine Maske getragen, obwohl es empfohlen wird. Die ganzen Abgase, der Staub und der Dreck, der in der Luft herumschwirrt, hinterlassen Spuren. Jetzt ist es aber auch zu spät.
    Als wir den Flughafen erreichen, gehe ich direkt zum Yeti-Airlines-Schalter, da ein Online-Check-in nicht geklappt hat. Zu meiner Überraschung werde ich jetzt schon vom Personal informiert, dass mein Flug statt um 14:40 Uhr erst um 16:55 Uhr abheben soll. Na toll. Ich hatte nicht vor, rund fünf Stunden an einem Flughafen zu verweilen, der nicht zum Entspannen und Warten gebaut ist. Meine Enttäuschung im Gesicht, kommt eine Mitarbeiterin von Yeti Airlines hinterher und bittet mich, ihr zu folgen. Man habe eine Lösung für mich gefunden. Es geht mit ihr zusammen an der Warteschlange für den Sicherheitscheck vorbei. Übliches Prozedere wie immer: Gepäck wird durchleuchtet, und dann nichts wie hin zur Gepäckabgabe. Dort steht tatsächlich ein weiterer Mitarbeiter. Er nimmt mein Aufgabegepäck entgegen und verschwindet damit.
    Auch das ist mein Glück! Denn anstelle von 20 kg Freigepäck schleppt er da gerade 22,5 kg weg. Auch da muss ich wieder grinsen. Keine Zeit, um mein Handgepäck zu wiegen. Wieder Glück. Statt 5 kg habe ich da nämlich 8,5 kg auf dem Rücken. Aber das Gute ist: Ich erwische einen Flieger, der bereits startklar ist. Man hat mich netterweise umgebucht auf einen Flug, der statt um 11:00 Uhr jetzt um 13:15 Uhr abhebt. Jackpot!
    Mit Übergepäck, aber überglücklich steige ich ein. Fensterplatz. Besser hätte es nicht laufen können! Das bedeutet für mich nämlich atemberaubende Blicke auf die schneebedeckten Gipfel des Himalayas. Mit der Kamera versuche ich, diesen weißen Riesen einzufangen. Keine Chance. In echt wirkt es tausendmal schöner.
    Keine 30 Minuten später setzen wir auch schon in Pokhara auf. Ruckzuck kommt das Gepäck aufs Band, und ich mache mich auf den Weg zum Taxistand. Die Fahrt ist hier deutlich günstiger, weil ich die App InDrive verwende (ein Tipp aus der Heimat).
    Als der Taxifahrer mich an der Straße, wie bei Air B’n’B angegeben, absetzt, sehe ich das Haus, welches auf den Bildern zu sehen ist, nicht. Hausnummern gibt es hier aber auch nicht. Also rufe ich zusammen mit dem Taxifahrer die hinterlegte Nummer an. Bina ist am anderen Ende und entschuldigt sich erst einmal. Sie steckt im Stau fest und kommt auch gerade heute aus Australien mit ihrem Mann. Binas Tochter ist Ärztin und lebt in Australien. Die Haushälterin kommt mir aber entgegen und holt mich am Taxi ab. Sie lässt mich rein und zeigt mir das Haus. Sie führt mich in die zweite Etage. Mein Zimmer ist einfach eingerichtet. Ich habe ein eigenes Bad, und direkt nebenan ist das Wohnzimmer mit einem unglaublichen Ausblick auf die World Peace Pagoda. Jeden Abend geht dort die Sonne unter. Solange Bina und Prakash noch nicht da sind, nutze ich die Zeit und packe meinen Backpack aus.

    Als die beiden zu Hause ankommen, begrüßen mich beide sehr herzlich. Wir lernen uns kennen, trinken einen Kaffee zusammen und erzählen von der jeweiligen Reise. Die beiden waren rund 22 Stunden unterwegs aus Melbourne. Da ist mein 30-minütiger Flug ein echter Witz dagegen. Mit dabei haben sie Hannah, ihr Enkelkind aus Australien. Sie verbringt zum ersten Mal Zeit allein bei ihren Großeltern. Hannah ist ungefähr sieben. Das genaue Alter muss ich nochmal erfragen. Mit mir traut sie sich aber noch nicht zu sprechen. Obwohl sie nur Englisch spricht und mich deshalb eigentlich auch gut versteht, kommt kein Ton heraus. Naja. Vielleicht in den nächsten Tagen.
    Zum Abend lädt Bina mich ein, mit ihnen zu essen. Sie hat Dal Bhat gemacht und einen sehr leckeren Salat dazu. Genau so habe ich mir das vorgestellt: Teil einer Familie zu sein und die Kultur so kennenzulernen. Ohne Schnickschnack und ohne Guides, die dafür bezahlt werden.

    Da mein Famulaturstart auf Montag verschoben wurde, habe ich morgen Zeit, Pokhara kennenzulernen. Nach einem kurzen Telefonat in die Heimat ziehe ich mich zurück. Ich mache mir am Abend einen Plan für den morgigen freien Sonntag. Normalerweise beginnt die Arbeitswoche hier sonntags. Nur der Samstag ist frei. Für mich aber ein verlängertes Wochenende. Über Bina‘s NGO berichte ich in den nächsten Tagen mehr.
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