Nepal

desember 2024 - januar 2025
  • Denis Schatilow
Famulatur und Backpacking in Nepal Les mer
  • Denis Schatilow

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Backpacking, Kultur, Selvoppdagelse, Alenereise
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  • Ein Blick auf diese Tafel hätte mir Stress erspart
    Diesmal warme Kleidung und Handschuhe im GepäckErste Verspätungen am Düsseldorf HBFSo vergeht die Zeit doch wie im FlugTüdelüüüü 😌

    Die Reise beginnt

    10. desember 2024, Tyskland ⋅ ☁️ 5 °C

    Nach zehn wunderbaren Tagen in Deutschland geht es heute auf die nächste Reise. Ein Land, das nicht gegensätzlicher sein könnte. Vom warmen Tansania mit einem krönenden Strandurlaub auf Sansibar geht es heute auf den asiatischen Kontinent. Nepal wird definitiv anders, aufregend und abenteuerlich. Meine Reise beginnt in Düsseldorf. Um 8 Uhr klingelt der Wecker und weckt nicht nur mich, sondern auch Erik. Damit ich nicht in aller Frühe aufstehen muss und mit dem Zug durch den Niederrhein gurke, habe ich Erik dazu genötigt, dass ich in der WG nächtigen kann, obwohl mein Zimmer noch durch die Untervermietung belegt war. So gibt es am frühen Morgen noch einen frischen Kaffee. Auf Erik ist Verlass.
    Zehn Minuten fußläufig erreiche ich den Düsseldorfer Hauptbahnhof und steige in den ICE nach Frankfurt. Natürlich inklusive Verspätung, noch bevor der Zug überhaupt in Düsseldorf einfährt. Von Essen nach Düsseldorf sind es bereits 20 Minuten. Ich habe zum Glück genug Zeit eingeplant, am Ende ist es aber auch egal, denn in Frankfurt wartet eine ganz besondere Überraschung, wie ich später feststellen werde. Und wie die Deutsche Bahn so durch die Gegend fährt, gibt es folgende Durchsage vom Lokführer: „Sehr geehrte Fahrgäste, aufgrund einer Fehlleitung in Köln fällt der Halt in Siegburg aus. Wir sind auf einer abweichenden Zugtrasse gelandet und erreichen Frankfurt Flughafen heute mit einer Verspätung von 40 Minuten.“ Da ich die Verspätung ja bereits bei der Buchung vor Monaten erwartet habe, muss man auch hier sagen: Auf die Deutsche Bahn ist Verlass!

    In Frankfurt angekommen, fühle ich mich natürlich sofort wohl. Endlich wieder Flughafenluft. Der größte Flughafen in Deutschland macht einfach Spaß. So viel Spaß, dass ich am China-Airlines-Schalter lande und alle sich wundern, wieso es meine Reservierung nicht gibt. Ich muss zugeben, es war mein Fehler. Anstatt auf den riesigen Tafeln nachzuschauen, welchen Schalter ich benötige, habe ich gegoogelt, wo die Schalter von China Airlines zu finden sind. Also mit dem Skytrain und meinem Backpack vom Terminal 1 zu Terminal 2. Dort sorge ich erstmal gehörig für Irritationen. Denn bis wir alle merken, dass ich mit Air China gebucht habe und zum Terminal 1 muss, vergehen 25 Minuten. Also Backpack wieder auf und zurück zu Terminal 1. Dort klappt dann alles wie geplant und die Überraschung tritt in Erscheinung: Abflug statt um 13:45 erst um 16:00 Uhr. Immerhin kann ich einchecken und den großen Backpack loswerden. Nach der Sicherheitskontrolle setze ich mich ans Fenster eines italienischen Restaurants, und Urlaubsfeeling kommt auf. Mit leckerer Pizza und anschließender Versorgung mit Getränken durch die Airline vergeht die Wartezeit wie im Flug. Um 16:00 sitze ich im Flieger und lehne mich zurück.

    Nepal wird anders. Aber ich glaube, sehr besonders. Ich freue mich nicht nur darauf, meine Gastfamilie kennenzulernen, sondern auch auf die Herausforderungen in der Klinik, die großartige landschaftliche Vielfalt und eine sehr spannende Kultur. Ich spreche auch hier nicht Nepali, habe aber die wichtigsten Phrasen ein wenig einstudiert. Bekannt ist Nepal vor allem fürs Wandern. Aber auch fürs Paragliding und Rafting ist Nepal eine hervorragende Adresse. Ich hoffe, ich kann tief in die spirituelle Welt Nepals eintauchen – mit den hunderten Tempeln und Gebetshäusern. Drohne, Kamera und auch die GoPro sind wieder dabei, um die schönsten Momente festzuhalten. In knapp 24 Stunden werde ich in Nepal ankommen. Ein Umstieg in China steht vorher an, aber auch darin bin ich ja mittlerweile geübt. Jetzt aber erstmal der Nachtflug nach Chengdu.
    Natürlich bin ich nicht weniger aufgeregt. Ich weiß absolut nicht was mich erwartet. Ich vertraue aber auf mein Selbstbewusstsein und mein Lächeln, dass auch hier wieder alles gelingt.
    Ready for departure.
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  • Update aus Chengdu

    10. desember 2024, Kina ⋅ ☁️ 7 °C

    Guten Morgen!
    Nach knapp 9,5 Stunden Flug bin ich gut in Chengdu angekommen. Ein riesiger und moderner Flughafen, der ziemlich einsam und verlassen wirkt. Weder viele Flugzeuge, noch viele Menschen sind hier zu finden. Warum auch immer man so große Flughäfen baut. Die Chinesischen Behörden sind dafür umso skeptischer und genauer was die Security Kontrolle betrifft. Mit Pass und Visum für Nepal ist alles in Ordnung. An der Sicherheitskontrolle aber werde ich rausgefischt. Fotos und Videoaufnahmen strengstens verboten. Ich muss meinen gesamten Rucksack ausleeren. Die Drohne und die GoPro werden genauestens begutachtet. Jede einzelne Ersatz-Batterie wir auf ihre Kapazität gecheckt. Ich muss zugeben, ich habe die Beförderungsbedingungen von China nicht nachgeschaut. Aber ich bleibe gelassen. In dem Moment war ich einfach froh, nicht in einen separaten Bereich geführt worden zu sein. Neben der Schleuse wo ein deutscher Tourist nach dem anderen gecheckt wird leere ich also nach und nach meine Tasche. Auch mein Stethoskop und die Pupillenleuchte habe ich im Handgepäck. Wofür ich die Leuchte brauche werde ich gefragt. Nachdem ich erkläre, dass ich ein Praktikum in Nepal mache und Medizinstudent bin entspannen sich die beiden Männer, die auf den Röntgenbilder mein Gepäck analysieren und die zugehörigen Teile mit mir ausfindig machen. Da ich aber auch knapp 5 Stunden Aufenthalt habe, bin ich weiter gelassen. Nach einer Dreiviertelstunde kann ich durch und weil ich wirklich hundemüde bin, steuere ich direkt die Business Lounge der StarAlliance an. Mit meiner Kreditkarte bekomme ich dort ein vergünstigten Zutritt und lasse mich erst bekochen, anschließend massieren und lege mich dann noch zwei Stunden hin.
    Mein Wecker klingelt eine Stunde vor Abflug nach Kathmandu. Erholt bin ich nicht, aber für die nächsten 4 Stunden Flug muss es reichen. Noch schnell am Chinesischen All-you-can-eat Buffet vorbei und ab zum Gate. Nächster halt: Kathmandu.
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  • Die Himalaya Region
    Hier Elektriker seinEndlich in NepalEin bisschen Weihnachtsstimmung, mit viel Fantasie

    Namaste in Kathmandu

    11. desember 2024, Nepal ⋅ 🌙 10 °C

    Der Flieger von Chengdu in China nach Kathmandu ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Flug wird nur vier Stunden dauern, und ich bin so müde, dass ich kurz nach dem Abheben einschlafe. Als ich wieder aufwache, liegt unter uns eine Berglandschaft, die wie gemalt wirkt. Wohin das Auge reicht: ein Bergkamm nach dem anderen. Dieser Anblick ist wirklich majestätisch. Diese massiven Gesteinsbrocken liegen dort unten unerschütterlich und millionen Tonnen schwer, während ich hier in einer kleinen Alublechbüchse 10.000 Meter über ihnen schwebe. Wahrscheinlich sind es eher weniger, da der höchste von ihnen über 8.000 Meter misst. Leider sitze ich auf der anderen Seite des Flugzeugs und zudem am Gang. Den Mount Everest muss ich mir dann also am Wochenende anschauen, wenn es wieder in die Luft geht. Noch knapp zwei Stunden, und ich werde Nepal betreten.

    Tatsächlich überkommen mich gemischte Gefühle. Vor allem liegt das daran, dass ich zu viel Zeit habe, nachzudenken. In China funktionierte trotz WLAN im modernen Terminal weder WhatsApp noch Instagram. Ich vermute, dass die amerikanische Firma, die dahintersteht, keinen guten Stand in China hat und die Apps daher gesperrt sind. Anders kann ich es mir nicht erklären. Aber es lenkt einen auch weniger ab.
    Ich hatte meinen Eltern versprochen, mich regelmäßig zu melden, weil ich weiß, dass sie bei langen Flugreisen wahrscheinlich aufgeregter sind als ich. „Geht nicht, gibt’s nicht“ – ein Satz, den ich bei der Feuerwehr gelernt habe. Und so gehe ich eine App nach der nächsten durch, bis ich bei FindPenguins die Chatfunktion entdecke (hätte auch früher draufkommen können). Der Kontakt ins Nest steht.

    Zurück zum Landeanflug: Kathmandu ist riesig von oben. Hohe Häuser und wenig Platz. Das ist natürlich gerade dann ein Problem, wenn die Erde bebt – so wie 2015. Viele Gebäude waren damals zerstört worden. Mittlerweile sind die beliebten Sehenswürdigkeiten und Tempel größtenteils wieder aufwendig restauriert. Damals im Einsatz: ISAR Germany. Da schließt sich ein kleiner Kreis, nein, viel mehr ist es eine kleine Verbindung.

    Ich steige aus dem Flieger und staune nicht schlecht. Der Flughafen ist klein. Sehr klein. Und heruntergekommen. Sehr heruntergekommen. Meine ersten Gedanken sind, dass es anstrengend wird, durch Pass- und Zollkontrolle zu kommen – wer weiß, wie das gleich ablaufen wird. Immerhin war der Flughafen Kathmandu 2015 auf Platz 3 der schlechtesten Flughäfen der Welt (Worst Airports 2015j). Zu meiner Überraschung tritt nichts davon ein. Da ich mein E-Visum im nepalesischen Generalkonsulat in Köln beantragt und ausgestellt bekommen habe, kann ich ohne Wartezeit direkt zur Passkontrolle. Die meisten Touristen füllen hier ein Visa-on-Arrival aus und tummeln sich in der Warteschlange. Auch zwei weitere Sicherheitskontrollen verlaufen einwandfrei, und man begrüßt mich überall: „Namaste!“
    Schnell noch Bargeld abheben, eine SIM-Karte kaufen und ab zum Taxi.

    Hier ergibt sich der erste Kontakt: Santosh Denish fährt mich durch den wilden und unübersichtlichen Verkehr zum Hotel. Er betreibt selbst auch noch ein Touristikbüro oder etwas in der Art und bietet allerlei Touren an. Auch wenn er sehr nett und zuvorkommend ist, bin ich zunächst zurückhaltend. Der Transfer kostet mich 1.400 NPR (Nepalesische Rupien), was ungefähr 10 Euro entspricht. In den nächsten Tagen muss ich mich erst einmal an die neue Währung gewöhnen. Die Fahrt schien mir nach meinem Gefühl etwas überteuert, war aber auch ein privates Taxi.

    Da es schon dunkel ist, als ich im Hotel ankomme, laufe ich nur noch ein wenig in der Nähe des Hotels durch die Gassen und sauge den Flair der Umgebung auf. Alles leuchtet und ist bunt. Ich fühle mich wohl. Alles doch gar nicht so verkehrt. Die Skepsis ist verflogen. Das Abenteuer Nepal kann beginnen. Morgen möchte ich Kathmandu besichtigen und in die Kultur eintauchen.
    Um 8:30 Uhr werde ich dafür abgeholt. Ich bin gespannt, was der Tag bringt. Für heute gibt es einen kleinen ersten Eindruck.
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  • Prayer WheelsSehr freundlicher BeamterAuf dem Dach von Kathmandu (Swayambhunath)Schappschuss in BakthapurSelten zu sehen, die Gipfel des HimalayasEinäscherung am Pashupatinath TempelDie Asche wird anschließend in den Fluss gegebenSchlechtes Karma los werdenBoudhanath, eine der größten Buddha Stupas der Welt

    Sieben auf einen Streich

    12. desember 2024, Nepal ⋅ ☀️ 17 °C

    Mein erster Tag in Kathmandu: Eine Reise durch Geschichte, Kultur und Spiritualität

    Obwohl die Nacht lang war und ich wirklich gut geschlafen habe, merke ich den langen Flug. Ich bin kaum erholt und müde. Da ich aber möglichst viel erleben will, habe ich um 8:30 einen Termin mit Buphin. Vorher muss ich mich am Frühstücksbuffet ordentlich stärken. Der Tag wird lang. Ich möchte in kurzer Zeit möglichst viel sehen. Buphin ist Guide und lebt in Nepal mit seiner Frau und Tochter. Nach einem kurzen kennenlernen geht es auch schon los. Der Zeitplan ist eng.
    Kathmandu – die Hauptstadt Nepals – ist ein Ort, an dem Vergangenheit und Gegenwart auf einzigartige Weise miteinander verschmelzen. Der Tag war besonders beeindruckend, denn ich habe alle sieben UNESCO-Welterbestätten des Kathmandutals besucht. Jede dieser Stätten erzählt eine Geschichte von Spiritualität, kultureller Vielfalt und Widerstandsfähigkeit. Buphin kennt sich nicht nur geschichtlich, sondern auch spirituell sehr gut aus. Es ist sehr interessant ihm zuzuhören und tief in die verschiedenen religiösen Stätten einzutauchen. Die sieben UNESCO-Welterbestätten umfassen Tempel, Paläste und Stupas, die alle ihren eigenen Charakter haben. Besonders beeindruckt hat mich, wie hier verschiedene religiöse Gemeinschaften – Hindus und Buddhisten – seit Jahrhunderten friedlich zusammenleben und miteinander ihre Rituale pflegen. Die Menschen um uns sind sehr freundlich und grüßen freundlich. Sie laden mich immer wieder ein an den verschiedenen Tempeln die Gebetsrollen anzustoßen und im Kreis um die Tempel zu laufen. Eine Einladung schlage ich selten aus und so laufe ich immer wieder mit Buddhisten oder Hindus um die heiligen Stätten. 80% der nepalesischen Bevölkerung gehört dem hinduistischem Glauben an. Interessant war der Fakt, dass an der Außenseite vieler Tempel Kamasutra-Schnitzereien zu sehen sind. Es sind hunderte verschiedene. Man sagt, dass es eine Aufforderung an die Menschen ist, sich fortzupflanzen und so die Population aufrechtzuerhalten. Spannende These, aber durchaus sehr interessant.

    Am Durbar Square von Kathmandu trifft man auf prachtvolle Pagoden, die von hinduistischer Architektur geprägt sind. Gleichzeitig liegt nicht weit davon entfernt die Boudhanath-Stupa, eines der größten buddhistischen Heiligtümer der Welt. Hier haben sich tibetische Flüchtlinge niedergelassen und einen lebendigen Ort geschaffen, der mit Gebetsfahnen und dem rhythmischen Klang von Gebetsmühlen erfüllt ist. Die Gebetsfahnen flattern friedlich im Wind. Es hat schon etwas meditatives.

    Ein weiteres Highlight war der Besuch des Swayambhunath-Tempels, der aufgrund der vielen Affen, die ihn bevölkern, auch als „Affentempel“ bekannt ist (nur Kulturbanausen nennen ihn so). Von hier aus bietet sich ein spektakulärer Blick über die Stadt – ein Moment der Ruhe und Besinnung inmitten des geschäftigen Treibens; perfekt für ein Erinnerungsfoto.

    Während meiner Besichtigungstour wurde ich immer wieder daran erinnert, wie verheerend das Erdbeben von 2015 für diese Region war. Viele Gebäude tragen noch heute die Narben dieser Katastrophe. Besonders am Patan Durbar Square und in Bhaktapur konnte man die provisorischen Stützen aus Holzbalken sehen, die beschädigte Tempel und Paläste vor dem Einsturz bewahren. Trotz der Zerstörung ist die Hoffnung und der Stolz der Menschen hier deutlich zu sehen. Restaurierungsarbeiten sind immernoch im Gange, und es ist inspirierend zu sehen, wie die Bevölkerung ihr kulturelles Erbe bewahrt.

    Das öffentliche Krematorium in Pashupatinath
    Ein weiterer faszinierender, wenn auch emotionaler Ort war das Pashupatinath-Tempelgelände, Nepals wichtigster hinduistischer Tempel am Ufer des Bagmati-Flusses. Hier finden die traditionellen Feuerbestattungen statt, ein Ritual, das Leben, Tod und Wiedergeburt symbolisiert.

    Auf den Ghats, den Treppen am Fluss, beobachtete ich, wie Verstorbene von ihren Familienmitgliedern vorbereitet und anschließend auf den Holzscheiten verbrannt wurden. Während die Angehörigen beteten und Abschied nahmen, treibt die Asche der Verstorbenen im Fluss davon – ein symbolischer Übergang in den Zyklus der Wiedergeburt.
    Dieses Ritual hatte eine stille Würde, und obwohl es für Außenstehende ungewohnt sein mag, vermittelte es einen tiefen Einblick in die hinduistische Vorstellung von Leben und Tod. Auch, dass diese Rituale öffentlich sind und das Fotografieren und Filmen erlaubt und sogar gewünscht ist, gehört zu der offenen und einladenden Religion der Hindus hinzu. Allerdings ist der Zutritt in den Tempel nur Hindus gestattet. Ich muss also draußen bleiben, was aber auch sehr spannend ist. Das Ritual an sich ist wirklich nichts für schwache Nerven. Der Leichnam wird zuerst durch die Familienangehörigen aufgebahrt und auf einen leicht abschüssigen Stein direkt am Ufer gelegt. Nacheinander wäscht jedes Familienmitglied die Füße des Körpers und immer wieder werden Gebete und Rituale mit Feuer und Farben durchgeführt. Nach der intensiven Verabschiedung wird der Körper in ein Tuch gewickelt und auf die vorbereiteten Holzschichten gelegt. Wichtig ist, dass der älteste Sohn das Feuer nun entzündet. Gibt es keinen Sohn, so ist der Sohn der Schwester oder des Bruders der/des Verstorbenen gefragt. Gibt es auch dort keine Söhne, so ist es einer Person gestattet, die für den/die Verstorbene so wichtig wie ein eigener Sohn ist. Die sterblichen Überreste werden in der Nähe des Mundes zuerst entzündet und nun brennt das Holz um die 4 Stunden. Anschließend wird der Aschehaufen in den Fluss geschoben und so schließt sich der Kreis des Lebens. Alle 5 Elemente des Hindu Glaubens sind am Flussufer repräsentiert. Die ganzen Informationen umfassen noch einiges mehr, würde aber leider den Rahmen hier sprengen.

    Kathmandu ist eine Stadt, voller Gegensätzen und Hatmonie, die mich mit ihrer Vielfalt und Energie in ihren Bann gezogen hat. Es ist faszinierend, wie hier jahrhundertealte Traditionen in einer modernen, manchmal chaotischen Welt weiterleben. Die friedliche Koexistenz der verschiedenen religiösen Gemeinschaften, die Entschlossenheit der Menschen nach der Tragödie von 2015 und die tief verwurzelte Spiritualität machen Kathmandu zu einem unvergesslichen Ort. Es ist nicht verwunderlich, dass hier gleich sieben Weltkulturerbestätten beheimatet sind.

    Mein Tag war ein Streifzug durch Geschichte, Glauben und Menschlichkeit – und morgen tauche ich in das kulinarische Nepal ein.

    Die Sehenswürdigkeiten zusammengefasst:
    - Pashupathinath-Tempel
    - Swayambhunath-Tempel
    - Boudhanath-Stupa (eine der größten Weltweit)
    - Durbar Square (ehem. Königspalast)
    - Patan Durbar Square
    - Bhaktapur Durbar Square
    - Changunarayan-Tempel
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  • Ganesh nachdem er mich von meinen Sünden befreit hat
    Panipuri im kleinsten Restaurant der WeltAndenken am Kumari TempelSeeing Hands NepalKamal, der wirklich sehende Hände hat!PanipuriSweet LassiThukpa (NudelSuppe)MomoChatamari (fälschlicherweise bekannt als Nepali Pizza bei Touris)Ein Geschenk von Deepak, noch ist Platz am HandgelenkDer "Times Square" von KathmanduEine Lücke, die das Erdbeben von 2015 in die Häuser gerissen hatHier die besten Samosa der StadtSamosa (vegetarisch gefüllt) und Selroti (süßer frittierte Reisring)Authentische KücheEin Geschenk von Deepak

    Holy Friday

    13. desember 2024, Nepal ⋅ ☀️ 18 °C

    Langsam habe ich mich an die Zeitumstellung gewöhnt und die Nacht war viel erholsamer als gestern. Ich bin nur einmal aufgewacht. In der Nacht vorher war es 3 oder 4 mal. Der Morgen beginnt zunächst unspektakulär und ich schaue beim Frühstück in den Nepal Reiseführer, den ich netterweise in Deutschland als Leihgabe erhalten habe. Ich beschließe am Vormittag den Stadtteil Thamel auf eigene Faust zu erkunden. Es ist der touristische Stadtteil Kathmandus, die schönen und kleinen Orte liegen mehr im verborgenen. Ich schnappe mir meine Kamera und ziehe los.
    Thamel ist überlaufen von kleinen Händlern und fleißigen Menschen, die Waren von einer Ecke zur anderen transportiere. Im geschäftigen Herzen des Stadtteils findet man, wenn man möchte, alles was das Herz begehrt. Von Gewürzen über Streetfood bis hin zu den teuersten Marken der Trekking-Welt ist wirklich alles dabei. Anders als in Tansania, sind die Händler nicht so penetrant und grüßen freundlich aber belassen es auch dabei, wenn man freundlich zurück grüßt und weiter läuft. An einer Straßenecke, schaue ich nochmal in den Reiseführer. Mein Plan war es eigentlich rund eine Stunde herumzutrollen und einige tolle Aufnahmen einzufangen. Dann aber spricht mich ein sehr netter Herr an. Es ist Ganesh, er ist auf dem Weg zu einem Tempel. Wir kommen ins Gespräch und nach einigen Minuten lädt er mich ein ihm zu folgen und die Zeremonie mitzumachen. Wieder einer dieser Momente die ich beim alleine reisen so liebe. Ich ergreife die Chance und folge ihm. Auf dem Weg zum Kumari Tempel erklärt er mir eine Menge über den Hinduismus. Das „Ohm“ im Hinduismus ist ein zentraler Bestandteil des Mantras, das beim Meditieren und Beten ausgesprochen wird. Eigentlich wird es mehr gesungen. Da die Zahl 8 eine heilige Zahl ist (weil sie umgekippt auch das Unendliche verkörpert), werden Gebete immer entweder 8 mal oder 108 mal aufgesagt. Diese bestehen dann meist aus ca. 5-6 Wörtern. Auch am Tempel ist diese Zahl wichtig. Warum, das erklär ich später.
    Wir kommen am Kumari Tempel an. Ein kleiner schicker Tempel, in den man nicht hineingehen kann. Im inneren ist ein Schrein aufgebaut. Ein kleines Fenster ist Tagsüber geöffnet, damit die gläubigen Menschen diesen Schrein anbeten können. Ganesh weist mich an, ihm zu folgen. Wir laufen im Uhrzeigersinn um den kleinen Tempel. Überall außen herum hängen kleine Glocken. Acht von ihnen wird jeder von uns läuten. Welche ist egal. Viele andere tun es uns gleich. Und alle Menschen lächeln mich an und begrüßen mich. Als wäre es das normalste der Welt, dass ein Tourist hier die Glocken läutet. Dabei bin ich weit und breit der einzige. Denn dieser Tempel ist ein wenig abseits der Hauptstraßen. Wer ohne local hierher kommt guckt sich das Treiben an, würde aber niemals mitten drin sein. Nachdem wir um den Tempel herum gelaufen sind stehen wir vor dem Fenster, der den Blick ins Innere zulässt. Ein Wesen im Schneidersitz mit 8 Armen sitzt auf dem Schrein. Ganz in Gold und glänzend. Leider habe ich den Namen dieser Gottesfigur schon wieder vergessen. Ganesh beginnt ein kleines Gebet. Er sagt es acht mal auf. Dann nimmt er eine rote wachsähnliche Stange und bittet mich meine Sorgen die ich habe in Richtung des Fensters zu sagen. Ich solle dies sieben mal wiederholen, sodass es insgesamt acht mal ergibt. Danach hält er den roten Wachsstift über eine Kerzenflamme und drückt mir diesen auf die Stirn. Eine Frau kommt auf mich zu und hängt mir eine Blütengirlande um den Hals. „Namaste!“ (Ich grüße das göttliche in dir). Dann nimmt Ganesh eine der Blüten, drückt diese in einem kleinen Behälter am Tempel aus und setzt mir die Blüten auf den Kopf. Das selbe macht er bei sich. Dann bedankt er sich bei mir, dass ich Nepal besuche und nimmt mich noch ein Stück mit. Ein kleines Erinnerungsfoto darf natürlich nicht fehlen. Im Hintergrund ist der Tempel zu sehen. Ich bin total begeistert. Nicht nur von der interessanten Zeremonie, sondern auch davon, dass Ganesh mich teilhaben lässt und auch das umstehende Menschen mich so herzlich begrüßen.

    Bevor ich am Abend eine Foodtour in Thamel habe, möchte ich mir noch was gutes tun. In Nepal sind Massagen an jeder Ecke zu bekommen. Vor allem für die vielen Wanderer, die aus den Bergen nach mehreren Tagen zurück kommen. Ich möchte aber zu einer ganz bestimmten Massage. Die SeeingHands sind eine gemeinnützige Organisation, die Blinde Menschen als Masseurinnen und Masseure ausbilden. Ohne diese Einrichtung wären diese Menschen arbeitslos und hätten es noch schwerer. Mal abgesehen von den widrigen Verkehrsbedingungen, die für Menschen mit Visusverlust lebensgefährlich sind. Ähnliche Zustände wie schon in Tansania. Viel Verkehr, aber keine Regeln. Ich rufe also bei den SeeingHands an und buche eine 90minütige Massage. Die Philosophie, dass Menschen mit Seheinschränkungen besonders feine Tastsinne haben und deshalb hervorragende Massagen ausführen, gibt es schon seit hunderten Jahren. Kamal, der seit seiner Kindheit blind ist, knetet mich durch. Danach fühle ich mich wie neu geboren. Und es ist tatsächlich die beste Massage, die ich bisher hatte. Kein Wunder: Seit 8 Jahren ist Kamal Teil des Teams und ist sehr froh, dass er die Möglichkeit hat, arbeiten zu dürfen. Die SeeingHands helfen auch beim täglichen Leben und bieten Wohnraum für Menschen mit Behinderungen.

    Am Abend holt mich dann Deepak am Hotel ab. Zusammen mit Antje, einer holländischen Flugbegleiterin, die mittlerweile in Dubai lebt und für FlyDubai arbeitet, begeben wir uns ins Nachtleben von Kathmandu. Wir besuchen verschiedenen Restaurants und probieren die Highlights der nepalesischen Küche. Neben der Herstellung, erzählt Deepak uns alles über den Ursprung der Gerichte und die dazugehörige Kultur. Es ist nicht verwunderlich, dass die großen religiösen Gemeinschaften des Hinduismus unf Buddhismus den größten Anteil an der Geschichte der Gerichte haben. Besonders lecker sind Momo! Plural übrigens auch Momo genannt, und nur Kulturbanausen sprechen von Momos, sagt Deepak. Sie erinnern ein wenig an Mante, ein Gericht aus der russischen Küche. Gedämpfte Teigtaschen mit Fleischfüllung. Besonders lecker ist, dass die Füllung aus Büffelfleisch besteht. Rinder bzw. Kühe werden hier gar nicht geschlachtet. Kühe sind heilige Tiere und das Nationaltier in Nepal, deshalb leben diese auch friedlich daher und werden nicht angerührt. Die Büffel müssen herhalten und den Konsum der Menschen decken. Ein Highlight ist das kleinste Restaurant der Welt. Wir passen zu dritt gerade so rein und Beinfreiheit sucht man vergeblich. Umso mehr schmecken die Panipuri, frittierte Bällchen, die erst wenn sie kalt sind mit Kartoffel und Kichererbsen gefüllt werden. Zusammen mit etwas Zitronenessig beträufelt schmecken sie hervorragend. Die Schärfe der Gewürze ist genau richtig.
    Als wir durch insgesamt 6 Restaurants durch sind und einen hervorragenden Sweet Lassi zum Ende der Tour trinken, rollen wir jeder davon und ich mache es mit im Hotel gemütlich. Morgen steige ich wieder in den Flieger. Ich freue mich auf Pokhara, dort werde ich meine Famulatur beginnen und meine Gastfamilie kennenlernen.
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  • Glück gehabt: Fensterplatz
    Klein aber dafür wenigstens chaotischCheck-in Schlang, nicht für michDurchgewunken bis zum Gate 😌Blick vom Pokhara Airport in Richtung BergeMein Taxifahrer, sehr aufmerksam und nettMeine UnterkunftDas Wohnzimmer für die nächsten WochenSonnenuntergang hinter der World Peace PagodaDal Bath und köstlicher Salat

    Namaste in Pokhara

    14. desember 2024, Nepal ⋅ ☀️ 18 °C

    Nachdem ich gestern eine ausgiebige Foodtour durch Thamel in Kathmandu gemacht habe, schlafe ich heute wieder aus. Der Late-Check-out um 12 Uhr lässt es allemal zu. Am Frühstücksbüffet checke ich noch den Flugstatus meines Flugs, denn ich habe mich entschieden, mit dem Flieger nach Pokhara weiterzureisen. Mit dem Bus wäre ich 7–10 Stunden unterwegs, je nach Verkehrsbedingungen. Der Flug dauert 25 Minuten. Das ist mal ein kleiner Unterschied. Noch ahne ich nicht, dass mal wieder alles anders wird als gebucht. Aber dazu gleich mehr.

    In Pokhara erwartet mich heute meine Gastfamilie. Ich habe über Air B’n’B von Deutschland aus eine sehr interessante Anzeige gefunden. Bina und Prakash, ein nepalesisches Ehepaar, werden mich beherbergen. Sie wohnen in einem schönen Haus mit drei Stockwerken und einem Rooftop, auf dem man verweilen kann. Nur fünf Minuten zu Fuß liegt der Phewa-See. In der Anzeige hatte ich gelesen, dass 10 % meines Übernachtungspreises an Binas Hilfsorganisation gehen. Da habe ich nicht lange überlegt und sofort gebucht. Ich freue mich sehr auf die Begegnung mit ihnen.

    Die Vorfreude steigt also, während ich in meinem Taxi auf dem Weg zum Flughafen sitze. Die Verabschiedung am Hotel war sehr herzlich. Generell ist die Gastfreundschaft extrem hoch. Bei den Nepalesen gilt: Behandle deine Gäste, als seien sie gottähnlich. Diese göttliche Gastfreundschaft ist überall spürbar. Schon beim Check-in habe ich sehr hilfsbereites Personal angetroffen. Wenn ich mal auf Guides in der Lobby gewartet habe, dann gab es einen Masala-Tee aufs Haus. Es mögen Kleinigkeiten sein, aber in Deutschland oder Europa, wo jede Dienstleistung ein Preisschild trägt, ist es doch anders. Meinen Dank drücke ich auch ein Stück weit im Trinkgeld aus, lasse aber auch zwei Tafeln der Schokolade da, die ich mitgebracht habe.
    Der Weg zum Flughafen ist mühsam. Überall hupen Autos und Mofas. Sie drängeln sich durch jede freie Lücke. Diese Verkehrsbedingungen sind wirklich anspruchsvoll. Mein Taxifahrer hat sichtlich Mühe. Ich schätze ihn auf Anfang zwanzig. Ich vermute, dass er den Führerschein noch nicht allzu lange hat, da er sichtlich angestrengt den Verkehr analysiert. Und wie wir so im Stau stehen, merke ich auch, dass nach drei Tagen in Kathmandu mein Hals in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ich habe keine Maske getragen, obwohl es empfohlen wird. Die ganzen Abgase, der Staub und der Dreck, der in der Luft herumschwirrt, hinterlassen Spuren. Jetzt ist es aber auch zu spät.
    Als wir den Flughafen erreichen, gehe ich direkt zum Yeti-Airlines-Schalter, da ein Online-Check-in nicht geklappt hat. Zu meiner Überraschung werde ich jetzt schon vom Personal informiert, dass mein Flug statt um 14:40 Uhr erst um 16:55 Uhr abheben soll. Na toll. Ich hatte nicht vor, rund fünf Stunden an einem Flughafen zu verweilen, der nicht zum Entspannen und Warten gebaut ist. Meine Enttäuschung im Gesicht, kommt eine Mitarbeiterin von Yeti Airlines hinterher und bittet mich, ihr zu folgen. Man habe eine Lösung für mich gefunden. Es geht mit ihr zusammen an der Warteschlange für den Sicherheitscheck vorbei. Übliches Prozedere wie immer: Gepäck wird durchleuchtet, und dann nichts wie hin zur Gepäckabgabe. Dort steht tatsächlich ein weiterer Mitarbeiter. Er nimmt mein Aufgabegepäck entgegen und verschwindet damit.
    Auch das ist mein Glück! Denn anstelle von 20 kg Freigepäck schleppt er da gerade 22,5 kg weg. Auch da muss ich wieder grinsen. Keine Zeit, um mein Handgepäck zu wiegen. Wieder Glück. Statt 5 kg habe ich da nämlich 8,5 kg auf dem Rücken. Aber das Gute ist: Ich erwische einen Flieger, der bereits startklar ist. Man hat mich netterweise umgebucht auf einen Flug, der statt um 11:00 Uhr jetzt um 13:15 Uhr abhebt. Jackpot!
    Mit Übergepäck, aber überglücklich steige ich ein. Fensterplatz. Besser hätte es nicht laufen können! Das bedeutet für mich nämlich atemberaubende Blicke auf die schneebedeckten Gipfel des Himalayas. Mit der Kamera versuche ich, diesen weißen Riesen einzufangen. Keine Chance. In echt wirkt es tausendmal schöner.
    Keine 30 Minuten später setzen wir auch schon in Pokhara auf. Ruckzuck kommt das Gepäck aufs Band, und ich mache mich auf den Weg zum Taxistand. Die Fahrt ist hier deutlich günstiger, weil ich die App InDrive verwende (ein Tipp aus der Heimat).
    Als der Taxifahrer mich an der Straße, wie bei Air B’n’B angegeben, absetzt, sehe ich das Haus, welches auf den Bildern zu sehen ist, nicht. Hausnummern gibt es hier aber auch nicht. Also rufe ich zusammen mit dem Taxifahrer die hinterlegte Nummer an. Bina ist am anderen Ende und entschuldigt sich erst einmal. Sie steckt im Stau fest und kommt auch gerade heute aus Australien mit ihrem Mann. Binas Tochter ist Ärztin und lebt in Australien. Die Haushälterin kommt mir aber entgegen und holt mich am Taxi ab. Sie lässt mich rein und zeigt mir das Haus. Sie führt mich in die zweite Etage. Mein Zimmer ist einfach eingerichtet. Ich habe ein eigenes Bad, und direkt nebenan ist das Wohnzimmer mit einem unglaublichen Ausblick auf die World Peace Pagoda. Jeden Abend geht dort die Sonne unter. Solange Bina und Prakash noch nicht da sind, nutze ich die Zeit und packe meinen Backpack aus.

    Als die beiden zu Hause ankommen, begrüßen mich beide sehr herzlich. Wir lernen uns kennen, trinken einen Kaffee zusammen und erzählen von der jeweiligen Reise. Die beiden waren rund 22 Stunden unterwegs aus Melbourne. Da ist mein 30-minütiger Flug ein echter Witz dagegen. Mit dabei haben sie Hannah, ihr Enkelkind aus Australien. Sie verbringt zum ersten Mal Zeit allein bei ihren Großeltern. Hannah ist ungefähr sieben. Das genaue Alter muss ich nochmal erfragen. Mit mir traut sie sich aber noch nicht zu sprechen. Obwohl sie nur Englisch spricht und mich deshalb eigentlich auch gut versteht, kommt kein Ton heraus. Naja. Vielleicht in den nächsten Tagen.
    Zum Abend lädt Bina mich ein, mit ihnen zu essen. Sie hat Dal Bhat gemacht und einen sehr leckeren Salat dazu. Genau so habe ich mir das vorgestellt: Teil einer Familie zu sein und die Kultur so kennenzulernen. Ohne Schnickschnack und ohne Guides, die dafür bezahlt werden.

    Da mein Famulaturstart auf Montag verschoben wurde, habe ich morgen Zeit, Pokhara kennenzulernen. Nach einem kurzen Telefonat in die Heimat ziehe ich mich zurück. Ich mache mir am Abend einen Plan für den morgigen freien Sonntag. Normalerweise beginnt die Arbeitswoche hier sonntags. Nur der Samstag ist frei. Für mich aber ein verlängertes Wochenende. Über Bina‘s NGO berichte ich in den nächsten Tagen mehr.
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  • Nervenkitzel am Himalaya

    15. desember 2024, Nepal ⋅ ☀️ 16 °C

    Gestern habe ich den Tag genutzt um ein wenig was zu erleben. Neben der Wanderung zur World Peace Pagoda, habe ich meinen Adrenalinspiegel in die Höhe getrieben.
    Zuerst ging es mit dem Cable Car auf den Sarangkot Mountain. Von dort oben hatte ich einen traumhaften Blick auf die Annapurna Bergkette mit den schneebedeckten Gipfeln. Neun Minuten dauert die Fahrt mit der Gondel auf 1786m. Nach unten hab ich es deutlich schneller geschafft. Ein 1,8Km langes Drahtseil spannt sich über das Tal. Der Höhenunterschied zwischen Bergstation und Talstation beträgt 600 Höhenmeter. Ich meine nicht den Lift, sondern die Längste ZipLine der Welt.
    Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung werde ich in den Stuhl geschnürt. Der Mitarbeiter funkt die Bodenstation an. Das Funkgerät knistert. „You good to go“, lässt sich durch das knistern raushören. 5. 4. 3. 2. 1. Go!
    120km/h geht es ins Tal. Blick auf die Berge. Die Schaukel wird immer schneller. Was auf dem Video so schön entspannt aussieht ist unfassbar schnell. Und die 1,8km sind bei der Geschwindigkeit wirklich schnell um. Da ich nicht genug bekommen habe, lasse ich mich an der Bodenstation schon wieder festzurren. Diesmal ein Klettergeschirr und zwei Klettverschlüsse an den Unterschenkeln. Dann geht es auf eine Plattform. Diese ragt etwa 20 Meter vom Rand der Klippe hinaus. Zwei Mitarbeiter befestigen das Seil an den Kletrverschlüssen. Und wie ich nach unten blicke, hoffe ich, dass diese Klettverschlüsse bloß gut halten. In die eine Hand bekomme ich die GoPro. Jetzt trete ich an den Rand der Plattform heran. „Weiter, Weiter“, sagt der Guide immer wieder und ich watschle im Entengang kleine Zentimeter weiter. Bis nur noch meine Fersen die Plattform berühren. Jetzt habe ich wirklich Schiss. Ich mach kein Geheimnis draus. In dem Moment habe ich wirklich gedacht wie bescheuert ich selber bin. Stehe da in Nepal an ner Plattform und gucke 90m in die Tiefe. Und 70m davon werde ich gleich in die Tiefe stürzen. Wieder ein Countdown. Dann lassen die beiden Guides los. Ich lehne mich nach vorne und stürze in den Abgrund. Schon nach einem Bruchteil einer Sekunde stoße ich einen Schrei raus. Todesangst. Bis nach nichtmal 3 Sekunden das Gummiseil spannt und ich auf und ab baumle. Was eine bescheuerte Idee. Aber was für ein geiles Gefühl. So fühlt sich Fliegen an, oder so ähnlich !
    Viel Spaß mit den Videos!
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  • World Peace Pagoda

    15. desember 2024, Nepal ⋅ 🌙 13 °C

    Mein Start in die Famulatur hat sich auf Montag verschoben, obwohl die Woche in Nepal mit dem Sonntag beginnt. Da aber alle anderen Famulanten auch erst am Montag wieder da sind, hat mich der zuständige Mitarbeiter gebeten, ebenfalls erst am Montag zu erscheinen. Insgesamt sind sieben australische und ein oder eine weitere deutsche Famulant*in vor Ort. Ich bin gespannt, ob ich einige oder sogar alle morgen schon kennenlerne.

    Um den Tag möglichst komplett auszunutzen, geht es heute zur World Peace Pagoda. Es ist eine buddhistische Stupa, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen einer Initiative von japanischen Mönchen erbaut und mit lokalen Gremien eröffnet wurde. Es gibt zahlreiche Weltfriedenspagoden auf der Welt, und sie sollen symbolisch den Frieden und die Harmonie unter den Völkern fördern. Die bekannteste in Europa steht wohl in Großbritannien, und sogar in Deutschland gibt es eine. Sie steht in Bonn, direkt in der Nähe des Rheins. Auch ich musste das erst hier lernen und kannte die World Peace Pagode in Bonn nicht.
    Die weiße Stupa mit der charakteristischen Kuppel erhebt sich auf einem Hügel über dem Phewa-See und bietet eine atemberaubende Aussicht auf die Annapurna-Bergkette.
    Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dorthin zu gelangen. Die leichteste ist natürlich, mit dem Auto oder einem Motorrad hochzufahren und die letzten Meter zu laufen. Man kann auch mit einem Boot übersetzen und dann den Berg hinaufwandern. Ich entscheide mich allerdings für die etwas längere Wanderung nach oben. Ich starte in Pokhara Lake Side, direkt am See, quasi gegenüber der Pagode. Entlang des Sees sieht die Landschaft so malerisch aus, dass ich alle paar Minuten anhalte, um Fotos zu machen. Nach einiger Zeit muss ich einen kleinen Bach, der ein Ausläufer des Sees ist, überqueren. Die kleine Fußgängerbrücke knarzt, als ich sie betrete, und beginnt ein wenig zu schwingen. Als ich in der Mitte bin, bemerke ich, dass unter mir ein paar Planken fehlen. Das ist genau die Art von Wanderung, die ich gesucht habe. Es geht entlang von kleineren Reisfeldern und dann steil den Berg hinauf. Nach rund einer Stunde und 40 Minuten erreiche ich die World Peace Pagode. An der religiösen Stätte ist es nicht gestattet, laut zu sprechen, und Mitarbeiter achten darauf, dass dies strikt eingehalten wird. Auch die Schuhe müssen an der Pagode ausgezogen werden. Aus der Nähe ist die weiße Stupa noch majestätischer, als sie es aus der Ferne schon war. Sie ist nach traditionellen buddhistischen Architekturprinzipien gebaut und enthält vier Buddha-Statuen. Diese repräsentieren die vier wichtigsten Lebensereignisse Buddhas: Geburt, Erleuchtung, erste Predigt und Tod. Man kann auf drei verschiedenen Ebenen um sie herum laufen. Wichtig dabei ist, da es sich um einen Tempel handelt, stets im Uhrzeigersinn zu laufen. Auch darauf achtet ein Mitarbeiter sehr genau. Der Blick von der Pagode ist wirklich unglaublich: ein spektakulärer Ausblick über den Phewa-See, und im Hintergrund erheben sich die riesigen, schneebedeckten Gipfel der Annapurna-Bergkette des Himalayas.

    Nach einem Kaffee mit Blick auf die Berge beschließe ich, den gesamten Weg auch wieder zurückzuwandern. Ich wollte erst den Weg über den See nehmen, da ich aber sicher bin, dass ich noch einmal hierherkommen werde, hebe ich mir die Bootsfahrt auf. Ich laufe also den langen Wanderweg durch den üppigen und ruhigen Wald entlang des Phewa-Sees hinab. Nach rund der Hälfte merke ich, dass ich neue Wanderschuhe brauche. Meine Füße fangen an zu schmerzen. Aber aufgeben geht nicht. Deshalb laufe ich weiter. Als es langsam dämmert, komme ich wieder am Haus von Bina und Prakash an. Meine Füße glühen. Bevor ich im Januar ins Himalaya-Gebirge starte, muss ich dringend neue Wanderschuhe einlaufen – ein Plan, den ich mir für die laufende Woche vornehme. Lieber zu früh als zu spät damit anfangen.

    Zu meiner Überraschung bereitet Bina schon das Abendessen vor. Sie hat selbst gebackenes Brot gemacht, und es gibt noch Dal Bhat (Reisgericht) von gestern. Ich muss demnächst direkt aufschreiben, wie die Gerichte heißen, deren Namen so kompliziert für europäische Ohren klingen. Wobei mein Namensgedächtnis bekanntermaßen sehr, sehr, sehr schlecht ist. Nach dem Essen helfe ich Bina beim Abräumen. Wir kommen ins Gespräch, und ich frage sie jede Menge über ihre Hilfsorganisation. Sie lädt mich ein, wenn mein Zeitplan es zulässt, mittags ihre Einrichtungen anzuschauen. Ich werde noch genauer darüber berichten. Die NGO jedenfalls heißt KOPILA Nepal. Sie betreibt Schutzhäuser für sexuell misshandelte Kinder und Frauen. Direkt unter uns im Erdgeschoss ist eines dieser Schutzhäuser. Dort leben aktuell zwölf Mädchen und Frauen. Auch wenn Nepal ein nach außen friedliches und freundliches Land scheint, erstrecken sich die Probleme mit häuslicher und sexueller Gewalt von den Familien bis zu den Schulen, in denen Lehrer übergriffig werden. Wir sprechen noch lange über dieses Problem, bis wir zu müde sind. Bina leidet noch unter Jetlag, und ich bin völlig fertig von meinem Tag. Da mir die Augen zufallen, werde ich von meinem Adrenalinkick am Morgen in den nächsten Tagen berichten. Auch ein Gasgeruch und eine defekte Gasleitung haben uns heute noch auf Trab gehalten. Aber soweit ist alles sicher!
    Bis morgen!
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  • V.l.n.r Jivnath Niure und Prof. Maskey
    Mein Taxi zum KrankenhausMittagspause with a viewPlatz für drei dringliche NotfälleUnd das am ersten Tag 🙈Ab in die ObduktionUnsinn am Arbeitsplatz

    Wettlauf gegen die Zeit

    16. desember 2024, Nepal ⋅ ☀️ 13 °C

    Die Nacht war ziemlich mäßig. Mitten in der Nacht wache ich mit starken Kopfschmerzen auf. Ich vermute, dass ich gestern zusammen mit Prakash beim Abstellen der Gastherme einfach zu viel eingeatmet habe. Schon am Abend hatte ich mäßige Kopfschmerzen. Da aber das Gas abgedreht ist und die Badtür geschlossen war, kann es nicht wieder ausgetreten sein. Doch die Kopfschmerzen lassen mich um 2 Uhr nachts nicht wieder einschlafen. Also greife ich zu IBU-Lysin (Wirkeintritt innerhalb von 5–10 Minuten) und schlafe wieder ein wie ein Baby.

    Gegen 7:30 Uhr klingelt mein Wecker. Ich frühstücke noch schnell und mache mich auf den Weg zum Manipal Teaching Hospital. Der Versuch, mit dem Bus zu fahren, gestaltet sich äußerst schwierig. Es gibt von Lake Side keine direkte Busverbindung. Ich rufe mir über die InDrive-App ein Motorrad-Taxi und lasse mich bis vor die Tür bringen. Das Gebäude des Krankenhauses ist sehr groß und massiv gebaut – (fast) alle Departments unter einem Dach, wie es sich für ein Krankenhaus gehört. Mit 750 Betten ist es das größte in Pokhara und eines der größten in Nepal. Die Klinik hat auch eine Radiologie mit CT und MRT, was mein Herz als gelernter MTR höher schlagen lässt.

    Zuerst bin ich aber mit Jivnath Niure (im Bild links) verabredet. Er koordiniert die Famulanten aus aller Welt. Nach einigen Formalien händigt er mir mein Namensschild aus und bringt mich zu Prof. Dr. Maskey (im Bild rechts). Prof. Maskey ist der ärztliche Direktor. Er begrüßt mich, bietet mir einen Kaffee an, und wir quatschen ein wenig – erst über mich und dann über das Krankenhaus. Er reißt kurz die Geschichte des Hauses an und ist immer wieder stolz darauf, dass Famulanten aus der ganzen Welt hierherkommen, um zu lernen. Was er auch sagt, ist, dass die ärztlichen Mitarbeitenden und Studierenden vor Ort von uns lernen sollen. Für ihn bedeutet internationaler Austausch auch die Erweiterung des Wissens seiner Kolleginnen und Kollegen. Keine zwei Stunden später in der Notaufnahme werde ich noch hautnah miterleben, was er damit meinte.
    Wir sprechen rund 15 Minuten miteinander. Immer wieder fragt er, wie das Studium in Deutschland abläuft und wie es aufgebaut ist. Alles in allem ist es ein sehr herzliches und angenehmes Gespräch. Nachdem wir uns ausgetauscht haben, unterzeichnet er ein Schreiben mit meinem Namen und allen Daten, das Jivnath ihm hinhält, und damit bin ich offiziell als Famulant im Haus tätig.

    Ich werde von ihm zum Leiter der Notaufnahme gebracht. Hier werde ich die nächsten zwei Wochen verbringen. Vor der Notaufnahme steht ein Security-Mitarbeiter. Auch hier scheint das nötig zu sein. Ich werde durchgewunken und direkt zu Dr. Nav gebracht, einem kleinen, rüstigen Mann Ende 40. Auch er begrüßt mich sehr herzlich und steigt mit mir direkt in die Patientenversorgung ein.
    Die Notaufnahme besteht aus einem sehr großen Raum. In der Mitte steht eine Kanzel, und auf der einen Seite ist Platz für vier Patienten der Kategorie Grün (kein Notfall). Auf der anderen Seite gibt es drei Plätze für die Kategorien Gelb und Rot (Überwachung und absoluter Notfall). Zwischen den Tragen gibt es Vorhänge, die zugezogen werden können. Alles erinnert an eine amerikanische Emergency-Serie, zumindest was die Raumaufteilung betrifft.
    Da es in Nepal keinen Rettungsdienst – geschweige denn Notärzte – gibt wie bei uns, lässt der erste echte Notfall auch nicht lange auf sich warten. Es gibt zwar Krankenwagen, diese dienen aber lediglich dem Transport. Medizinisches Personal fährt nicht mit. Das Prinzip lautet hier „Load & Go“ (Einladen und ab ins Krankenhaus – in Deutschland haben wir zum Glück Rettungsdienst, Notärzte und das Prinzip „Stay & Play“). Erst hier im Krankenhaus beginnt die Suche nach dem Problem und im besten Fall die Behandlung.

    Plötzlich wird es hektisch. Ein bewusstloser Patient wird mit dem Krankenwagen gebracht. Laut Aussagen der Angehörigen soll dieser Zustand vor rund einer Stunde eingetreten sein. Nach wenigen Sekunden ist klar: Herz-Kreislauf-Stillstand. Dr. Nav beginnt mit der Reanimation. Die Nurses versuchen, einen Zugang zu legen, und die Interns fangen an, den Patienten zu beatmen. Mir fallen nach und nach immer mehr Dinge auf, die wir anders gelernt haben. Natürlich gehen in meinem Kopf alle Alarmglocken an, aber man muss sich in diesem Moment auch immer wieder sagen, dass man erstens Gast ist und zweitens die Ärzte und das Personal hier gar nicht unbedingt die Möglichkeiten haben, es so auszuführen, wie die Leitlinien in Deutschland es vorgeben.
    Als der erste Intern Dr. Nav bei der Kompression des Oberkörpers ablöst, traue ich meinen Augen kaum. Der Intern drückt mit beiden Händen fest auf der linken Seite des Brustkorbs, ungefähr auf Höhe der Brustwarze des Patienten. Auch Dr. Nav bemerkt das, korrigiert den Intern und fordert ihn auf, in der Mitte der Brust auf das Brustbein zu drücken. Immer wieder muss er Frequenz und Tiefe korrigieren. Als der Intern nach ein oder zwei Minuten sichtlich ins Schwitzen kommt, stelle ich mich zur Verfügung, um abzulösen. Wir tauschen durch, und ich starte so, wie ich es gelernt habe. Dr. Nav ist zufrieden und lobt mich: „This is a perfect technique, you see what Dr. Denis is doing“, sagt er in Richtung der Interns.
    Wenn Dr. Nav wüsste, dass ich in meinem Kopf ständig „Ha ha ha ha Stayin’ Alive“ von den BeeGees singe, wüsste er, warum ich zumindest bei der Frequenz recht gleichmäßig bin. Für alle Umstehenden besser, dass ich es nicht laut tue. Spätestens dann hätten wir noch mehr Notfälle.
    Nach knapp fünf Minuten Reanimation wird es zu einer Fortbildung. Weil der Patient wahrscheinlich so lange ohne Kreislauf war, sind die Chancen gleich null, dass er diesen Tag überlebt. Dr. Nav nutzt das Momentum, um den Interns praktische Fertigkeiten mitzugeben. Jeder von ihnen muss nochmal ran, und ich soll korrigieren. Für mich als Famulant ist das eine unangenehme Aufgabe. Ich bin mir aber sicher, dass Prof. Maskey genau das meinte, als er gesagt hat, dass seine Mitarbeiter auch von den Famulanten lernen können.

    Wir versuchen noch rund 15 Minuten, den Patienten zurückzubekommen – vergeblich. Todeszeitpunkt: 10:05 Uhr. Der 39-jährige Patient wird von der anwesenden Kriminalpolizei in die forensische Abteilung gebracht.

    Später, als ich schon auf dem Weg nach Hause bin, bekomme ich einen Anruf, ob ich bei der Obduktion dabei sein wolle. Ich weise meinen Fahrer direkt an, umzudrehen. Das lasse ich mir nicht entgehen.
    Die nächste Stunde verbringe ich dann in der Postmortem Hall. Ein kalter, gefliester Raum. In der Mitte steht ein silberner Tisch. Darauf erkenne ich den Patienten vom Morgen wieder. Zusammen mit dem Forensiker widmen wir uns dem leblosen Körper.
    Er zeigt mir, welche Schnitte ich machen soll. Dann nehme ich das Skalpell und schneide vom Kinn hinunter bis zum Schambein. Wir arbeiten uns bis zum Brustkorb gemeinsam durch. Mit einer Rosenschere (!) schneidet er durch die Rippenknorpel und hebt das Brustbein ab. Am Ende liegen alle inneren Organe neben dem Körper. Ein Assistent kümmert sich um den Kopf und entnimmt das Gehirn.
    Für mich ist das alles ziemlich neu. Im Studium hat jeder deutsche Student Körperspenden bearbeitet und den Geruch von Formalin noch gut in Erinnerung. Aber einen kürzlich Verstorbenen habe ich bisher noch nicht vor mir liegen gehabt – schon gar nicht mit dem Ziel, alle Organe zu entnehmen. Der Geruch, der einem in die Nase steigt, ist eine Mischung aus Metzgerei und frischem Blut. Bis der Darminhalt inspiziert wird. Darauf muss ich, glaube ich, nicht näher eingehen.

    Die Todesursache laut Forensiker: akutes Herzversagen (Herzkranzgefäße verkalkt).

    Damit endet mein erster Tag im Manipal Teaching Hospital um 17 Uhr. Ich freue mich auf das Abendessen mit Bina und Prakash. Am Abend gibt’s dann noch zwei wundervolle Telefonate in die Heimat, ehe ich mich jetzt erhole.
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  • Polytrauma

    17. desember 2024, Nepal ⋅ ☀️ 19 °C

    Mein zweiter Tag in der Notaufnahme begann dank Prakash (dem Gastvater) bereits deutlich entspannter als der erste. Großzügig stellte er mir sein Mofa zur Verfügung, damit ich die morgendliche Hektik im überfüllten Bus oder in einem Taxi umgehen konnte. Mit einem kühlen Fahrtwind im Gesicht und einer Prise Abenteuergefühl machte ich mich also auf den Weg zum Manipal Teaching Hospital. Die Fahrt durch Pokhara war eine Wohltat und Herausforderung zugleich: Vorbei an kleinen Teestuben, geschäftigen Straßenhändlern und im Hintergrund immer die majestätischen Silhouetten des Himalayas, inmitten eines Verkehrs, der keinen Regeln zu folgen scheint – ein Start in den Tag, der kaum besser und herausfordernder hätte sein können.

    Kaum angekommen, holte mich der Ernst der Notaufnahme allerdings schnell wieder in die Realität zurück. Ein schwer verletzter Patient wird eingeliefert – ein 18-jähriger Junge, der von einem Auto erfasst worden war. Schon auf den ersten Blick ist klar: Es geht ihm schlecht. Er war bleich, zitterte unkontrolliert und hatte vor Schmerzen die Augen geschlossen. Seine Kleidung war zerrissen, und sein Atem flach und schnell. Zu allem Überfluss hatte er bereits vor zwei Tagen einen gebrochenen Unterarm erlitten, der bereits im Gips lag. Wen einer einen schlechten Start in die Woche hatte, dann dieser junge Mann.

    Die Versorgung des Polytraumas war – gelinde gesagt – chaotisch. Ich beobachtete, wie es an Organisation und Struktur fehlte. Niemand hatte zu Beginn die Wirbelsäule immobilisiert, obwohl der Verdacht auf ernsthafte Verletzungen nahe lag. Auch ein Wärmemanagement gab es nicht. Der Junge zitterte so stark, dass seine ganze Liege vibrierte. Eine Decke war anfangs nirgends zu sehen, geschweige denn ein aktives Wärmesystem. Erst hier im Krankenhaus wird der Junge auf eine Spine-Board gelegt, eine Art Hartplastik-Trage, die verhindern soll, dass die Wirbelsäule belastet wird. Das hektische Treiben der Ärzte und Pfleger fühlte sich wie ein Durcheinander an, ohne klaren Plan oder Führung. Immer wieder führten Ärzte aus unterschiedlichen Fachrichtungen dieselben Untersuchungen durch: Abtasten des Bauches, Abhören der Lungen, Pupillenkontrollen – doch keiner koordinierte sich mit dem anderen. Der Patient wurde mehrmals unnötig hin und her bewegt, das Gesicht voller Schmerz, was mir innerlich die Luft abschnürte.
    Erst nach einer guten halben Stunde wurde ein Ultraschallgerät herbeigeschafft. Immerhin ein sehr modernes, welches der Chefarzt mit seinem Handy bedient. Bildqualität für den Moment ausreichend. Ich stand an der Seite und sah auf dem Handy, wie dunkle, unheilvolle Flächen sichtbar wurden: freie Flüssigkeit im Bauchraum. Ein eindeutiges Zeichen – der Junge hatte wahrscheinlich eine innere Blutung. Die Zeit lief gegen ihn, und erst jetzt wurde ein CT angefordert. Der gesamte Ablauf war geprägt von Unruhe, von Einzelaktionen ohne Zusammenspiel. In solchen Momenten wurde mir bewusst, wie wertvoll Leitlinien, Struktur und Protokolle in der Traumaversorgung sind. Hier in Nepal sah ich ein ganz anderes Bild.

    Inmitten dieses turbulenten Morgens wurde ich plötzlich überrascht: Die zwei deutschen PJlerinnen hatten von mir erfahren und suchten mich in der Notaufnahme auf. Pauli und Valerie, zwei Medizinstudentinnen aus München, begrüßten mich mit einem offenen Lächeln und stellten sich direkt vor. Wir kamen sofort ins Gespräch und teilten unsere Eindrücke vom Klinikalltag, von Nepal und dem Abenteuer Famulatur. Es tat gut, vertraute Stimmen zu hören, die ähnliche Erfahrungen machten wie ich. Spontan beschlossen wir, uns für den Abend zu verabreden – eine schöne Abwechslung.

    Den Nachmittag verbrachte ich schließlich im Bluesheep, einem gemütlichen Café in Lakeside. Mit einem guten Kaffee in der Hand und der Sonne im Gesicht ließ ich die Erlebnisse des Vormittags sacken. Die Atmosphäre hier war wie Balsam für die Seele – entspannt, unbeschwert und voller Leichtigkeit.

    Am Abend traf ich Pauli und Valerie wie geplant. Unser Ziel war das Open-Air-Kino, ein echter Geheimtipp in Pokhara. Mit Pizza und kühlen Getränken ließen wir den Tag ausgelassen ausklingen und genossen die besondere Atmosphäre unter dem Sternenhimmel. Der Film, Into the Wild, war ein emotionales Meisterwerk, das uns alle berührte. Die Geschichte eines Alleinreisenden, auf der Suche nach seinem Glück, weit weg von Freunden und Familie. Da blieb kein Auge trocken.

    So endete mein zweiter Tag in Pokhara – ein Tag voller Kontraste zwischen Chaos und Ruhe, zwischen Ernst und Leichtigkeit.
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