• Kopila Nepal

    December 26, 2024 in Nepal ⋅ ☀️ 20 °C

    Mein Tag startet mit einem schnellen Frühstück. Ich bin kein großer Frühstücksmensch. Mein Tag dürfte gerne auch ab 10 beginnen. Aber 7:30 ist nun mal gesetzt und um 8:30 bin ich in der Klinik. Wenn ich nicht wüsste, dass es der zweite Weihnachtstag ist, würde ich es unterwegs und im Krankenhaus gar nicht merken. Nur in LakeSide, dem Touristenviertel ist alles geschmückt und leuchtet.
    In den letzten Tagen habe ich einiges an Krankheitsbildern gesehen. Was durchaus häufiger vor kommt, sind Bissverletzungen. Vor allem die freilaufenden und wilden Hunde hier schnappen scheinbar gerne mal zu. Sie Streuner durch die ganze Stadt. Es gibt eine Menge von ihnen.
    Der Patient, der sich vorstellt, wurde von einem dieser Hunde gebissen. Leider ist es allerdings drei Tage her. Die Wunde hat sich massiv entzündet. Die Bisswunden sind einseitig zu erkennen. Beim Versuch seine Hand zu säubern und zu desinfizieren fangen die kleinen Löcher, die die spitzen Zähne hinterlassen haben erneut an zu bluten. Für den Mann ist die Prognose schwierig. Er ist Diabetiker, was auch dazu beiträgt, dass die Wunde nicht gut abheilt. Dazu nimmt er ASS100, ein Blutverdünner. Alles zusammen macht diesen Fall eben doch nicht so alltäglich.
    Der Patient wird mit Schutzimpfungen gegen Tetanus und auch gegen Tollwut versorgt. Anschließend geht’s zum Röntgen. Sollte dabei nichts heraus kommen wird er entlassen. In der Hoffnung, dass die Infektion abklingt. Ansonsten müssen die Chirurgen ran …

    Nach meiner Schicht, bin ich mit Bina, verabredet. Ich hatte ganz zu Beginn erwähnt, dass sie eine NGO gegründet hat. Ein Teil meiner Miete bei ihnen im Haus geht direkt in diese Organisation, was ich sehr gut finde. Sie hat mich eingeladen eines der Häuser zu sehen.
    Kopila Nepal wurde von Bina ins Leben gerufen um Kinder und Frauen, die Gewalt oder Misshandlung in der Familie erlebt haben einen sicheren Ort zu geben. Gleichzeit werden diese von Psychologen betreut. Ziel ist es, dass die Frauen und Kinder einen Weg in ihre Familien zurückfinden, mit mehr selbstbewusst sein, mit mehr Sicherheit und mit dem nötigen Respekt ihnen gegenüber.
    Ich treffe Bina in ihrem Büro. Ein einfach eingerichteter Raum mit zwei Arbeitsplätzen. An den Wänden hängen eine Menge Zertifikate und Auszeichnungen. Einige davon von der UN und der WHO. 2001 hat Bina diese NGO gegründet. Ich frage sie, ob es wirklich so nötig war, denn ich habe gedacht, dass die Menschen aufgrund des Hinduismus sehr friedlich leben. Der Buddhismus, auch als eine friedliche Religion bekannt, hat bei mir ähnliche Assoziationen ausgelöst. Bina allerdings sagt, dass Nepal nach außen und für Touristen als friedliches und friedliebendes Volk bekannt ist. Dieser Schein wird sehr intensiv aufrecht erhalten. Allerdings ist häusliche Gewalt und auch Gewalt in Schulen weit verbreitet und obwohl es seit einigen Jahren klare Gesetze gibt, wird es nicht gelebt. Das führt dazu, dass jede zweite Frau in Nepal einmal selbe körperliche oder sexuelle häusliche Gewalt selbst erlebt hat oder mitansehen musste. Besonders für Kinder ist dies sehr traumatisch. Ninas Mitarbeitende sind überwiegend Ehrenamtliche Menschen. Sie fahren in abgelegene Dörfer und klären Menschen auf. Sprechen mit Frauen und entscheiden zusammen mit den Behörden vor Ort wann es nötig ist Kinder oder Frauen anzubieten in die Obhut von Kopila Nepal mitzunehmen. Das Ziel ist es, die Kinder und Frauen mental zu stärken, aufzuklären und als mündige Frauen, die sich wehren zurück in die Familien zu integrieren falls das gewünscht ist. Wenn vor allem Frauen dies ablehnen hilft Kopila Nepal dabei, eine neue bleibe und ein neues Leben aufzubauen und Kontakte in einem neuen Umfeld zu knüpfen.
    In einem der Häuser, in dem ich heute zu Besuch bin leben vor allem Menschen mit psychischen Erkrankungen und geistig Behinderte. Viele Familien stoßen diese aus der Familie aus oder wollen nicht, dass diese gesehen werden. Hier werden sie betreut, gepflegt und therapiert. Neben den Psychotherapien die wöchentlich stattfinden existiert eine Bibliothek, eine Nähstube, eine Gemeinschaftsküche und eine Computer Ecke. Denn die Bewohner gehen auch zur Schule oder machen eine Ausbildung.
    Eine der Bewohnerinnen spricht mich an. Es ist eine ältere Dame. Sie hat lange in Amerika gelebt und kommt aus gutem Hause. Als sie psychisch erkrankt ist, hat sie den Alltag nicht mehr geschafft. Sie war überfordert und auch die Familie hatte keine Kapazität sie den ganzen Tag zu betreuen. Hier im shelter fühlt sie sich wohl. Alles ist ruhig und geordnet. Nicht so wie das Leben draußen sagt sie. Bina verrät mir, dass diese Dane seit 4 Jahren hier lebt und eine Rückführung in die Familie mehrfach gescheitert ist. Man muss dazu wissen, das psychische Erkrankungen in Nepal keine Rolle spielen. Die meisten Menschen sehen es nicht ein, dass psychische Erkrankungen existieren. Demnach gibt es kaum Anlaufstellen für diese Menschen.
    Angefangen mit zwei Schulen für Familien, die sich die Schulgebühren nicht leisten konnten, bis hin zu 4 Sheltern in denen verschiedene Schwerpunkte behandelt werden hat Bina seit 2001 tolle Arbeit geleistet. Ein wirklich spannendes Projekt. Die Finanzierung durch die UN läuft Ende dieses Jahres leider aus. Wer also noch Buße tun will, ich stell gern den Kontakt her 😌
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