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  • Day 22

    Fahrt in die Wüste - Erg Chebbi

    September 10, 2023 in Morocco ⋅ ☀️ 46 °C

    Da wir endlich Mal einen vollen Tag Pisten fahren wollten, entschieden wir uns dazu, statt der 80km Straße, nach dem Ziz-Tal auf die alte Piste nach Boudnib abzubiegen. Diese führt ein gutes Stück Richtung Osten, umfährt eine steile Schlucht und führt im Süden wieder zurück nach Westen, um anschließend an der Erg Chebbi vorbei nach Merzouga zu führen. Also packten wir uns ausreichend Wasser und ein paar Schokoriegel für den Mittag ein und starteten auf die 120 km lange Strecke.

    Die ersten 90 km Piste führten durch die entlegene Hammada mit gelegentlichen Sand-Pits, welche wir bis auf ein, zwei Umfaller ohne größere Probleme meisterten.
    Auf dem Weg trafen wir zufällig, zwei französische Pärchen mit einem Landcruiser und einem Toyota Hilux. Da wir durch Fotos und Trinkpausen ähnlich schnell voran kamen, fuhren wir einen Großteil der Strecke miteinander.

    Als dann nach 60 km unser GPS ausstieg, da die angesagte Temperatur für Merzouga nochmal um solide 8°C übertroffen wurde (38°/46°), begann es etwas ungemütlich zu werden. So mussten wir alle 1-2 km anhalten zu überprüfen, ob die Piste noch die Richtige war, da es eine Vielzahl einzelner Pisten gibt, die dort lang führen. Aufgrund unserer höheren Geschwindigkeiten auf Schotterpassagen fuhren wir vor den Franzosen und sie folgten uns. So hatten wir, bis auf die letzten 20 km, wo die Franzosen mit ihren Jeeps in die Wüste abbiegen wollten, um dort zu Übernachten, die gleiche Route angepeilt.

    Die Strecke bis zu diesem Punkt war zwar anspruchsvoll und vor allem durch Sonne, Wind, Hitze und Sand ziemlich ermüdend aber stellte noch kein größeres Problem dar. Wirklich schwierig wurde es erst, als wir nach einem kurzen Verabschieden von den Franzosen, unsere Piste verpassten, da durch den starken Wind die Abzweigung verweht war. Da wir jedoch unsere Route nicht kontinuierlich auf dem GPS verfolgen konnten, bemerkten wir den Fehler erst als der Sand begann immer tiefer zu werden und die Franzosen uns immer noch folgten.

    Nach einem weiteren Stopp und Rücksprache mit den Franzosen, waren alle der Meinung auf der korrekten Route zu sein, da niemand die abgehende Piste gesehen hatte. So fuhren wir immer weiter in Dünenfeld rein, bis wir außer Stürzen oder Schrittgeschwindigkeit durch den Sandgraben kaum noch voran kamen. Da Tim und ich beide der vollkommenen Erschöpfung nah waren, boten die Franzosen an uns mit den Maschinen aus dem Dünenfeld zu geleiten und uns bis nach Merzouga zu begleiten, da sich auch unsere Wasservorräte (6l / Person!) dem Ende neigten. Da wir aber schon so Tief in dem Dünenfeld steckten (~4km), kostete uns der Weg dort raus die letzten Kräfte. Auch hatten wir im Dünenfeld festgestellt, dass wir definitiv auf der verkehrten Piste sein mussten, so dass Olivier mit seiner Frau Valerie in ihrem Toyota vor fuhren und begannen die eigentliche Piste zu suchen. Nachdem eine weitere halbe Stunde zu keinen Ergebnissen führte, sich bei mir und Tim immer mehr die Erschöpfung breit machte und wir mittlerweile seit knapp 7 Stunden unterwegs waren, beschlossen wir es für diesen Tag gut sein zu lassen, da sich lediglich unsere Stürze häuften und es nur eine Frage der Zeit war bis sich jemand ernsthaft verletzen oder etwas an den Motorrädern kaputt gehen würde.

    Von unserem Standpunkt bis zur nächsten Straße waren es an dieser Stelle lediglich 15 km, was erstmal vollkommen lächerlich erscheint. Ohne eingefahrene Piste und mit tiefem Sand, werden 15 km aber plötzlich zu gefühlten 150 km...

    Die Frage war nun jedoch, wie machen wir weiter? Aufgrund unserer aufgebrachten Wasservorräte schien uns eine Übernachtung in der Wüste ein Ding der Unmöglichkeit, zum Laufen war es zu weit und (zumindests dachten wir das zu dem Zeitpunkt) weit und breit kein Mensch. Da uns die Franzosen, schon angeboten hatten uns bis nach Merzouga zu begleiten, es gab dort so erfuhren wir im Nachhinein wohl eine Rege Diskussion ob man nicht doch lieber in einem Hotel in Merzouga schlafen soll anstatt in der Wüste zu übernachten, fragten wir kurzerhand ob sie uns ohne Motorräder bis nach Merzouga fahren würden, so dass wir uns am nächsten Tag mit Guide wieder in die Wüste hätten fahren lassen können, um erholt den letzten Rest raus zu fahren.

    So parkten wir schweren Herzens die beiden Teneres an einem Busch, packten unser Gepäck in den Defender, speicherten zur Sicherheit die GPS Koordinaten und wollten losfahren. Durch den tiefen, warmen Sand hatte sich der Hilux jedoch festgefahren und kam nicht mehr vom Fleck. Also Sandbretter runter, Abschleppseil angebracht und schaufeln.

    10 Minuten später war der Hilux aus dem Sand befreit. Beim raus fahren wickelte sich jedoch das Abschleppseil mehrmals um die Vorderachse und riss dabei Stahlleitung des linken Vorderradbremssattels ab.... Nun standen wir da. Ohne Bremse in dem langsamen Gelände fahren, wäre erstmal kein Problem gewesen, wenn nicht die Kupplung ebenfalls mit der gleichen Hydraulikflüssigkeit betrieben werden würde und ohne schalten lässt es sich ziemlich schlecht im Gelände fahren.
    So verbrachten wir die folgenden 2 Stunden damit, alle erdenklichen Schläuche/Klammern/Schrauben usw. aus den Motorrädern und Autos zu holen, um einen improvisierten stopfen für die Bremsleitungen zu bauen, während immer jemand seinen Finger auf die abgerissene Bremsleitung drückte, um zu verhindern, dass zu viel Flüssigkeit verloren geht.

    Während des Umladens hatte sich im übrigen, in aller Seelenruhe, ein Berber zu uns gesellt und half uns beim Freigraben des Jeeps aus dem Sand. Der Kollege kam ganz entspannt mit seinem 50er mopped durch die Dünen gezuckert... Da standen wir mit unseren voll beladenen, modernen Teneres doch etwas dumm da 😂

    Außerdem erfuhren wir im Nachhinein bei anderen Wüstentouren, das die ganze Wüste, vor allem um Merzouga, voller Berber ist und man selbst an dem vermeintlich verlassensten Orten, früher oder später jemandem über den Weg läuft bzw. ein gelangweilter Berber schaut was da so in seinem Vorgarten passiert.

    Während wir also versuchten den Jeep wieder fahrbereit zu bekommen, zückte der Berber sein Satellitentelefon (was auch sonst?!) und telefonierte (wahrscheinlich mit dem Cousin seines Cousins) nach Merzouga. So tauchte, kurz nachdem wir eine Lösung für das Bremsproblem gefunden hatten, Ali mit seinem Toyota auf und begrüßte uns mit einem "ahhh I see, no problem, just follow me".

    Er erklärte uns dann, dass die Piste die wir gesucht hatten (nach marokkanischen Maßstäben - also am besten alles mit Faktor 4 multiplizieren / teilen, je nachdem was dem schlechteren Fall entspricht) nur hundert Meter weg sei und wir in 20 min auf der Straße sein. Wir sollen ihm einfach folgen.

    Gesagt getan, folgten wir ihm durch doch eher 500-600 m tiefen Sand auf die eigentliche Piste, welche auch aus ausreichend Sand bestand ;-). Nach 40 min Fahrt kamen wir dann endlich an der Straße an und konnten die Fahrt zur nächsten Werkstatt antreten. Dort angekommen, schaute der Mechaniker gar nicht erst nach dem Fahrzeugmodell oder irgendwelchen Typenschlüsseln, sondern machte ein Foto von dem defekten Teil und sendete es per WhatsApp wer weiß wohin. 10 Minuten später kam er zurück und sagte uns, dass das Teil morgen früh um 10 Uhr verfügbar sei. In Marokko funktioniert eben alles ein wenig anders...

    In der Zwischenzeit klärte ich mit dem Kollegen, welcher uns aus der Wüste gefahren hatte, dass er mit uns am nächsten Tag wieder zu den Motorrädern zurück fahren würde. So kamen wir zu unserem Guide Ali.

    Da wir alle nach dem Tag ziemlich erledigt waren, buchten wir uns kurzerhand ein Riad in Merzouga und verbrachten dort den restlichen Abend bei Wein (die Franzosen hatten natürlich literweise Wein dabei ;-) ), marokkanischem Essen und ließen den Tag Revue passieren und lernten bei der letzten Zigarette des Tages noch Christoph und Angi kennen, welche uns noch einige Zeit auf unserer Reise begleiten sollten ;-)
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