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  • Day 360

    Prince Edward Island

    August 21, 2019 in Canada ⋅ ⛅ 25 °C

    Ein monumentales torbogenartiges Brückenkonstrukt führt uns von New Brunswick augenscheinlich ins Nichts. Das Nichts liegt aber nur 12,5 km entfernt und heißt Prince Edward Island (oder wie die Kanadier es sprachsparend abkürzen: PEI).

    PEI ist die kleinste Provinz des Landes, aber die mit der höchsten Populationsdichte. Hier versammelt sich ein beachtlicher Teil der kanadischen Farmwirtschaft. Zum Beispiel kommen 1/3 aller kanadischen Kartoffeln aus Prince Edward Island. Sportlich, wenn man bedenkt, wie leidenschaftlich man hier Poutine und Pommes isst. 

    Aber auch Muscheln, Hummer und Austern spielen eine wichtige wirtschaftliche und kulinarische Rolle. Klar. Ist ja auch ringsum von Wasser umgeben. Deswegen haben wir unseren ersten Tag hier damit verbracht, was man auf Prince Edward Island eben ziemlich gut kann: sich am längsten Strand der Insel eine bequeme Kule für den Po graben und Austern essen. 

    Keiner von uns beiden hat vorher schon mal Austern probiert. Aber direkt vom Meer auf den Teller war ziemlich verlockend. Und so haben wir in der Melpaque Oyster Barn, einem urigen und kleinstmöglichen Restaurant, ein halbes Dutzend Austern bestellt. Auf Eis, mit Zitrone und scharfer Soße. Auf unsere vorsichtige Frage an den Kellner, wie man sie denn nun eigentlich isst (Raus pulen? Schlürfen? In kleinen Häppchen?), schien dieser unser weltfremdes Anliegen aber nicht so recht zu verstehen und erklärte uns nur seine Lieblings-ditsch-Reihenfolge. Na gut. In Filmen mit reichen Menschen nuckelt man den Inhalt immer elegant aus der Schale. Also vorher noch mal mit der Gabel anpieksen, ob der Inhalt noch mit der Muschel verbunden ist - ist er nicht - ansetzen und genießen. 

    Und es sich ausgibig auf der Zunge zergehen lassen. Hm. Wenn das Meer eine feste (oder wabbelige) Geschmackskonsistenz hätte, dann wäre es eine Auster. Noch ein Versuch, diesmal mit Zitrone. Ja, Austern schmecken einfach wie Meer in glibberig. Der Geschmack ist sehr außergewöhnlich und schwer zu vergleichen. Und übrigens auch sehr nachhaltig. Aber lecker. Und angenehmer als Hummer. Jedenfalls fühlen wir uns jetzt bestens darauf vorbereitet, spontan reich zu werden. 

    Abends gab es noch eine Packung Retro-Charme. Im etwas abgelegenen Brackley Drive-In Autokino haben wir Tonis Sitze zurück geklappt und uns in dieses wunderbare 50er-Jahre-Flair fallen lassen. Ein echt phänomenales Erlebnis.

    Man möchte sich direkt Pomade in die kecke Elvis-Locke schmieren, das Petticoat zurecht rücken und schüchtern den Arm um den anderen legen wie beim ersten Date. Kichernd Käse-Nachos teilen und anschließend einen frechen Kuss auf die Wange vor der elterlichen Haustür stibitzen. Oder so ähnlich. 

    Die Realität war dann aber doch ein bisschen weniger kitschig. "Angry Birds 2“ und der gefühlt 36. Spiderman-Teil waren zwar nicht unbedingt die Meilensteine klassischer Filmkunst, aber trotzdem und wider Erwarten ziemlich unterhaltsam. Da immer zwei Filme nacheinander laufen und es frei gestellt bleibt, auch beide zu bleiben, hatten wir nach vier Stunden zwar wunde Augen, aber man konnte sich auch nicht so richtig satt genießen an der Atmosphäre, die so ein Autokino ausstrahlt. Vor der Leinwand sammeln sich Kinder, die in Pyjamas und flauschige Decken eingemümmelt sind, dahinter die Eltern im Campingstuhl. 

    In den Reihen dahinter die Autos, in oder auf denen die Leute es sich gemütlich gemacht haben. Hier und da brummelt immer mal ein Motor auf oder verirrt sich ein erschrockenes Scheinwerferlicht über den Platz. Und um uns rum zirpt die laue Sommernacht. Schön. Einfach schön.
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