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  • Day 387

    Winterschlaf & Kaffeebohnen

    September 17, 2019 in Canada ⋅ 🌧 3 °C

    Nach einem schenkelkonservierenden Schontag sind wir wieder in unsere Bergtreter geschlüpft, um eine der schönsten Wanderungen Albertas zu erstiefeln. Sie startet am Hafen in Waterton. Waterton ist ähnlich wie Banff: eine kleine Stadt, in der jeder jeden kennt, oder mit jedem verwandt ist. Ein Fleckchen akkumulierter Freundlichkeit, umgeben von Bergen. Allerdings fällt sie bereits im September in den Winterschlaf. Hochgeklappte Bordsteine und eingerollte Speisekarten. Aber nach dem wuseligen Amerika freuen wir uns über diese vor sich hin dösende Kleinstadtidylle. 

    Wir juckeln also mit etwa 30 weiteren, wetterresistenten Wanderern bei Nieselgeplätscher und einem sympathischen Kapitän auf die kleine Insel, auf der die Wanderung zum Crypt Lake los geht. 
    Früher gab es hier mal zwei Campingplätze. Dann kam eine Gruppe Pfadfinder, die ihren gesammelten Müll liegen ließ. Den Park hat es geärgert, die Bären gefreut. Die haben sich durch die Reste gewühlt und sich noch den ein oder anderen Schmaus raus gefischt. Da Bären aber nun den Geruch von Menschen mit reichlich Leckerem verbunden haben, kam es vermehrt zu Überfallen auf Wandernde. Viele Bären mussten betäubt und woanders hingebracht werden. Ein langer, zäher Lernprozess folgte. 
    Irgendwann hat man zudem eingesehen, dass eine Insel, die nur eine Eintageswandertour füllt, keine Campingplätze braucht. Und man hat beschlossen, Natur Natur sein zu lassen. 

    Wir wurden an einem kleinen Steg ausgespuckt und liefen in geordneter Schlange den Pfad ab. Erst allmählich lockerte die sich ungewohnt ungemütliche Häufchenprozession auf. 
    Über einen grünen Waldpfad ging es vorbei an üppigen Bäumen, kleinen Stegen, die über Bächlein führten und Serpentinen, die sich den Berg hinauf schlängeln. Vorbei an einer minimalistischen Metallleiter, mit eingezogen Kopf durch einen Tunnel und ein paar Meter enge Bergpfade. Alles bei schönster, wenn auch trüber Aussicht. 

    Und da war er auch schon. Viel früher, als gedacht. Also ein Ründchen um unser Ziel, den Crypt Lake gedreht, ein Päuschen, ein bisschen oh, ein bisschen ah. Und wieder zurück. 

    In einem rekordbrechendem Tempo waren wir auf dem Berg und wieder unten. Rekordbrechendend langsam. Denn das Boot, das uns zurück nach Waterton bringt, hält nur zwei Mal am Tag. Ein Mal früh, um die Passagiere abzuladen. Und ein Mal nachmittags, um sie wieder einzusammeln. Was in dekadenten 8 Stunden Zeit für eine überschaubare 18 km Wanderung endet. Aus dekadent wurde bald zäh. Aber durch wohl proportionierte, zeitschlachtende Schritte und Pausen haben wir dann doch noch genügend Zeit raus schinden können, um nur 10 Minuten zu warten. 

    Jetzt gönnen wir uns noch einen kalorienhaltigen Burger. Wie man das so macht, bevor es in den Winterschlaf geht.
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