• Rymättylä- die Bucht der Schmuggler

    24 Mei, Finlandia ⋅ ☁️ 11 °C

    Aus dem Hafenhandbuch haben wir über Rymättyläs Geschichte gelesen und sind neugierig geworden. Die Geschichte besagt, dass es auf Rymättylä während der finnischen Prohibition kein Haus gab, in dem nicht von Schnapshandel die Rede war. Schmuggler galten damals in den Augen der Bevölkerung eher als Wohltäter denn als Kriminelle. Schließlich erhielten die Einheimischen ihren Anteil an den Schmuggelgewinnen, in Naturalien, sprich den so wertvollen Alkohol. Da die Gemeinde praktisch ihr gesamtes Einkommen lediglich aus der Fischerei bezog, war jede zusätzliche Einnahme willkommen. Schnaps wurde fast überall versteckt: im Meer als Torpedos, unter Heringsladungen, unter Scheunen und auf Dachböden. Zu verschiedenen Jahreszeiten gab es verschiedenfarbige Kanister, die in Rymättylä als „Kekku“ bekannt waren. Der heutige Ausdruck „olla kekkulissa“ (wörtlich: „in Kekku sein“), der „betrunken sein“ bedeutet, könnte daher stammen. Die Winkeleisen für die Schmuggel-Torpedos wurden im Geschäft „Wiklund“ in Turku gekauft, dessen Verkäufer die benötigte Anzahl für die speziellen Torpedos genau kannten. Es blieb nur noch, einen Draht durch den Kiel des Schleppbootes zu spannen und die Torpedos mit Gewichten am Meeresboden zu halten. Später wurden ein Korken und ein Beutel Salz an einem Seil befestigt, um die Position des Torpedos anzuzeigen. Der Schwimmer blieb am Boden, bis sich das Salz aufgelöst hatte.

    Erwischt zu werden war ein schmerzlicher Verlust. Der Staat konfiszierte sämtliche Ausrüstung: Boote, Pferde und Schlitten, Autos, praktisch alles, was beim Schmuggel dabei gewesen sein könnte. Der Täter erhielt eine hohe Geldstrafe oder wurde inhaftiert. Gerichtsunterlagen belegen, dass Rymättylä ein Schmugglerdorf war. 160 Menschen wurden gefasst. Wie viele weitere am Schmuggel beteiligt waren, ist unbekannt. Wie die Einheimischen zu sagen pflegen: „Ei täst oikke bruukat puhu.“ (= Darüber reden wir nicht.)

    Auch für uns war es sehr abenteuerlich, nach Rymättylä zu fahren. Nicht wegen dem Alkohol an Bord. Der ist in Finnland mittlerweile legal. Vielmehr, weil das Fahrwasser verwinkelt und eng ist. Landschaftlich absolut sehenswert. Der Hafen jedoch bekommt nur 1 von 5 Sternen und den auch nur, weil der Supermarkt so nah und die Umgebung so idyllisch ist. Man liegt nahe an der Straße, der Landstrom besteht aus 4 Schuko-Steckdosen. Wenn man die Kabeltrommel mit der Salatschüssel als Regenschutz überhaupt Landstrom nennen möchte. Über die Toiletten brauchen wir gar nicht sprechen. Allerdings haben wir auch kein Hafengeld bezahlt. 24 Stunden darf man in Rymättylä kostenlos liegen. Festgemacht an der Heckboje fühlte es sich fast so an wie beim Ankern. Man schwoit sanft hin und her, und wir waren ganz alleine. Schon am nächsten Tag sind wir aufgebrochen, um zu unserem ersten Etappenziel Turku zu segeln. Nach der vielen Natur etwas Stadtleben schnuppern, Bouldern gehen, einkaufen, Yogastunden genießen und unsere Tochter Mara an Bord nehmen.
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