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  • Day 99

    Gefahr durch Skylla und Charybdis

    October 3, 2023 in Italy ⋅ ☀️ 24 °C

    Nach unserer 2 Tage und 2 Nächte dauernden Überfahrt vom Peloppones Richtung Süditalien strebten wir nach der Ausfahrt aus der engen Strasse von Messina einen ruhigen Ankerplatz vor Scilla an. Wir machten bei 10 Meter Tiefe auf schönem sandigem Untergrund mit Blick auf den Ort, der sich malerisch den Berghang hochzieht, fest. Endlich mal wieder komplette Ruhe auf dem Boot, nicht mehr Festhalten bei jedem Schritt, wie man es sich bei der Überfahrt mit echt hohem Wellengang schon angewöhnt hatte.
    Skylla und Charybdis, wer kennt sie nicht die Geschichte von den Irrfahrten des Odysseus aus der Feder von Homer?

    Zurück aus den Gefilden des Hades schiffte Odysseus mit seinen Mannen in Richtung der Meerenge zwischen Sizilien und italienischem Festland: Rechts drohte Skylla, ein menschenfressendes Seeungeheuer mit 6 Köpfen und 12 Armen, links Charybdis, die wasserstrudelnde Göttin, die jedes Schiff zerschellen ließ, indem sie Wasser in großen Mengen einsog und wieder ausspie. Odysseus machte einen Bogen um die Strudel und ließ seine Gefährten Rudern was das Zeug hält, dicht am Rachen der Menschfresserin vorbei. Sechs von ihnen verschlang sie trotzdem, die übrigen entkamen.

    Die Redewendung „sich zwischen Skylla und Charybdis befinden“ bedeutet eine Dilemma-Situation, in der man zwischen zwei Gefahren wählen muss, wobei man unweigerlich nur mit Schaden herausgehen kann.

    Auch wir haben strudelndes Wasser in der Meerenge von Messina gesehen und hatten bei unserer Durchfahrt 1,7 kn Gegenströmung. Da es heutzutage jedoch - im Gegensatz zur Antike - online Wetter- und Strömungsvorhersagen gibt, haben die mythologischen Gefahren an Schrecken verloren, denn man kann die Passagezeit entsprechend dieser Vorgaben wählen. Aber berührt hat es uns trotzdem, Naturgewalten zu beobachten, die schon vor 5000 Jahren in der Seefahrt berüchtigt waren und Homer’s Phantasie angeregt haben.
    Durch die Legenden bekam das heutige Skilla seinen Namen. Es ist ein sehr beschaulicher und ruhiger Ort im Süden Kalabriens mit etwa 5000 Einwohnern. Er wird überragt vom Kastell der Familie Ruffo, die vom 16. bis Anfang des 19. Jahrhunderts über die Stadt herrschte.
    Das Fischerviertel Chianalea befindet sich direkt unterhalb des Castells und wird durch den Felsen von den restlichen Stadtteilen regelrecht abgeschnitten.
    Das nachmittägliche Schlendern durch die sehr engen Gassen führte uns an Häusern direkt am Wasser vorbei, wo die Fischer direkt davor oder daneben ihre Boote „parken“ können. Für die engen Durchfahrten eignen sich am besten Motorräder oder ganz kleine Autos, die hier auch tatsächlich im Straßenbild überwiegen. Schon wenn Mopeds durchbrausen - italienischer Fahrstil 😱 - muss man ganz an die Seite springen.
    Leider war gerade nicht die Saison des berühmten Schwertfischfanges in der Meerenge von Messina. Dies ist eine Tradition seit Tausenden von Jahren, wobei die Fischer auf ihren Booten von Ausguckern auf hohen Türmen der Boote zu den Großfischen geführt werden. Ein solches Boot lag tatsächlich in dem kleinen Hafen zum Bestaunen.
    Trotzdem durfte auch Schwertfisch auf der Speisekarte des Restaurants „Il Casato“nicht fehlen, und ich ließ ihn mir schmecken. Wunderbar! Eine zweite Spezialität der Region, das Tartuffo, ließen wir uns auch nicht entgehen: Es hat nichts mit Trüffel zu tun, sondern ist eine große Eiskugel, bepudert mit Kakao und gefüllt mit flüssiger Schokolade. Man hätte durchaus eine zweite Portion verputzen können.
    Im Dunkeln brachte uns unser braves Dinghi schließlich an Bord zurück.
    Hier entdeckte Uwe so nebenbei noch ein kleines Gasleck einer älteren angerosteten Gaskartusche für den Gasgrill, die unter dem Sitz gelagert war. Weg mit den alten Dingern! Durch unsere verlegte Gasleitung vom großen Gasvorrat zum Grill sind sie auch gar nicht mehr nötig.
    Auf einem Boot ist man vor - unangenehmen - Überraschungen nie sicher. Man hat es heutzutage allerdings eher weniger mit Meeresscheusalen, sondern mehr mit den Gefahren der Neuzeit zu tun.
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