• Tag der Entscheidung

    28 października 2023, Tyrrhenian Sea ⋅ ☀️ 23 °C

    Als ich heute Morgen aufwachte ging, entgegen meiner sonstigen Angewohnheit, der Griff nicht zum Handy, ich drehte mich lieber noch einmal um und versuchte noch eine Runde zu schlafen, bis der Wecker klingelte. Eine gewisse Nervosität hatte mich befallen. Was war der Grund?
    Seit Tagen stand mir eine Entscheidung bevor, und heute Sonnabend musste ich sie fällen. Wir müssen ja zügig weiterkommen Richtung Westen, Richtung Balearen und schließlich Gibraltar. Das Problem ist der Wind. Seit einer Woche studierte ich täglich die Windprognosen. Da war ein Wetterfenster von Sonntag bis Dienstag: schöner segelbarer Wind, nicht zu stark, kaum Wellen. Der Plan kristallisierte sich heraus, wir mußten zurücksegeln aus dem nördlichen Maddalena Archipel, um am Freitag im Süden Sardiniens zu sein, und dann Start frei! Aber je näher der Termin kam, umso schlechter wurden die Prognosen. Der Wind wehte nicht mehr so schön aus der gewünschten Richtung, und das Fenster wurde auch kleiner, es schien schließlich schon beinahe unmöglich unseren Plan umzusetzen.
    Heute Morgen musste ich nun zusammen mit Doris eine Entscheidung fällen, eine Entscheidung mit vielleicht weitreichenden Folgen. Falls wir nicht bald weiterkamen, mußten wir uns irgendwann damit abfinden, noch länger im Mittelmeer zu bleiben und unsere Weltreise um ein Jahr zu verschieben.
    Zu unserer letztendlichen Beschlußfassung trug dann vielleicht unser gestriger Segeltag bei. Wir hatten sehr stark wechselnde Winde von 10 -30 Ktn. Letztendlich war aber alles gut beherrschbar mit entsprechend gerefften Segeln. Mein abendlicher Besuch auf dem Boot eines Seglers in derselben Ankerbucht, mit dem wir uns ein Segel-Fernduell geliefert hatten, gab dann vielleicht noch den entscheidenden Ausschlag. Er selbst sei schon seit fünf Jahren überwiegend als Einhandsegler unterwegs und meinte: „ Wenn du mit diesen stark wechselnden Winden heute so gut zurecht gekommen bist, dann schaffst du die Passage“.
    Nach dem Aufstehen habe ich mir dann doch noch die Wettermodelle angesehen. Da war sie, eine Möglichkeit, sehr knapp aber machbar. Dies bedeutete aber sofortigen Aufbruch ohne weiteres Zögern. Nach diesem inneren Schritt nach vorn ging es mir auch langsam wieder besser.
    Wir brachen 8:30 Uhr auf, die Sonne war aufgegangen und es herrschte ein strahlendes Wetter. Die Bucht war noch leicht im Schlaf, das Wasser komplett ruhig. Der Anker war schnell eingeholt und es ging endlich Richtung Westen.
    Oben am Kap standen Wind und Welle erst einmal gegen uns. Die Welle war anfangs noch recht hoch, aber der Wind blies schwach. Ich verbarg mich etwas in der Bucht von Cagliari, da hier etwas weniger Wind von vorn vorhergesagt war. Als wir die Bucht überquert hatten, musste ich dann etwas anluven, danach kam dann der Wind mehr von vorn und nahm merklich zu. In der Spitze hatten wir um die 20 Ktn. Die Wellen wuchsen auch weiter. Von da an hatten wir den Wind lange Zeit auf die Nase, was durchgehende Motorfahrt bedeutete.
    Das ging so weiter bis zum Capo Teulada ganz im Südwesten Sardiniens. Hier konnte ich zwar etwas abfallen, es reichte aber leider noch nicht zum Segeln ohne Motor. Auch wenn der Wind nicht richtig passte, so hatten wir doch traumhaftes Wetter. Die Sonne schien den ganzen Tag warm und versank als roter Feuerball im Meer. Kurz darauf wurde der Mond kreisrund am Horizont sichtbar. Der Vollmond verbreitete so viel silbernes Licht, dass die Segel richtig in der Dunkelheit leuchteten. Dazu kam noch eine partielle Mondfinsternis, die wir komplett verfolgen konnten.
    Es war nun aber langsam Zeit für das Abendessen. Bei dem Wellengang keine leichte Angelegenheit. Wir machten uns Pasta asciutta warm und kochten frische Spagetti dazu.
    Doris übernahm dann die erste Nachtwache, und ich legte mich bis Mitternacht Schlafen.
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