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  • Day 346

    Bai den Trachtenträgerinnen

    September 20, 2023 in China ⋅ ☁️ 21 °C

    Nach einer Nacht, in der wir an einer einsamen Passstraße wild gezeltet haben, sausen wir im Morgennebel vorbei an Ziegenhirten und Frauen, die die Rettichernte einbringen, wieder hinab ins nächste Tal. Dort ist plötzlich wieder viel Betrieb, viele Menschen strömen zu einer schmalen Gasse. Wir halten an und uns fällt auf, dass wir von lauter älteren Frauen mit großen Mao-Schiebermütze, dunkelroten Westen über weißen Hemden und den schon bekannten Rucksack-Körben umgeben sind. Man könnte denken, dass hier eine Art Oktoberfest-Variante mit lokalen Trachten gefeiert wird, doch dies ist tatsächlich die Alltagskleidung der älteren Generation. In Yunnan leben neben den Han-Chines:innen nämlich insgesamt 15 ethnische Minderheiten. Gerade sind wir zu Gast bei den Bai, die ihre Kultur augenscheinlich im Alltag zelebrieren.

    Wir sind also nicht auf einem Fest, sondern auf einem ganz normalen Wochenmarkt gelandet. Und dieser hat es in sich: Hinter der ersten großen Markthalle verbergen sich noch drei weitere, in denen Fleisch, Obst, Gemüse, Gewürze, Öle, Haushaltswaren und allerlei Weiteres angeboten werden. Mitten drin sind Garküchen, die aus den frischen Zutaten laufend neue Gerichte zaubern. Als wäre das nicht genug, tut sich hinter dem ersten Markt ein großer Viehmarkt auf. Hier stehen Rinder, Pferde, Kühe, Ziegen, Schafe sowie Hühner, Gänse und Enten zum Verkauf. Aus Steinen und großen Planen wurden zudem Wasserbecken angelegt, in denen sich lebendige Fische und Flusskrebse tummeln. Wir beobachten das Schauspiel eine Weile und essen uns an den frischen chinesischen Gerichten satt.

    Später, am selben Tag, machen wir Rast im Stadtpark der Kleinstadt Heqing. Auch hier sind außer uns hauptsächlich ältere Frauen in besagter Montur unterwegs. Als wir uns auf der Parkbank einen Kaffee kochen, packt eine Gruppe Damen von der Nachbarbank ihren Ghettoblaster aus und beginnt mit einer eingeübten Tanzperformance zu traditionellen Klängen. Als die Damen anschließend aufbrechen wollen, bitten wir Sie noch um ein gemeinsames Foto: Sofort brechen große Freude und Heiterkeit aus - eine Dame ruft aufgeregt "Selfie, Selfie!" und so entstehen diverse Fotos in sämtlichen Konstellationen.

    Kurz bevor wir das Gebiet der Bai verlassen, landen wir am nächsten Morgen noch einmal bei einer Gruppe von Damen, die durch besonders schöne, filigrane Hüte auffallen und auf einem Dorfplatz gemeinsam kochen. Wollten wir eigentlich nur einen Blick auf den See hinter ihnen werfen, winken sie uns schnell zu sich heran und drücken uns einen frittierten, bis zum Rand mit Zucker gefüllten Pfannkuchen in die Hand. Freudig aufgeregt sitzen wir in ihrer Runde und erklären ihnen mit Händen und Füßen unsere Reiseroute. Die Einladung zum späteren Mittagessen müssen wir leider ausschlagen, denn für uns geht es weiter, ins Gebiet der Naxi.
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