• Radrennen ohne Krafteinsatz

    5.–9. nov. 2023, Japan ⋅ ☀️ 26 °C

    Wir folgen ruhigen Küstenstraßen mit stets wechselnden Blicken auf die vorgelagerten Inseln, verzweigte Halbinseln und tief ins Landesinnere vordringende Buchten. Abends suchen wir Parks, kleine Häfen oder Shinto-Schreine mit Meerblick auf, an denen wir unser Zelt für eine Nacht aufstellen können.

    Unser erstes größeres Ziel in Kyushu ist die Großstadt Nagasaki. Für die Amerikaner war sie das zweite Ziel: Hier wurde am 9. August die zweite - und glücklicherweise bislang letzte - Atombombe in einem Krieg abgeworfen. Im Umkreis von einem Kilometer um den Detonationspunkt blieb kein Stein auf dem anderen - mehr als 20.000 Menschen starben unmittelbar nach der Explosion der Bombe. Eigentlich sollte eine andere Stadt an diesem Tag Ziel der Bombe werden, doch weil es dort bewölkt war, steuerte der Bomber kurzerhand das Alternativziel Nagasaki an und fand dort um 11:02 die folgenschwere Wolkenlücke.

    Der Stadt merkt man das Ausmaß der damaligen Zerstörung heute kaum noch an. Weite Teile ähneln deutschen Industriestädten - nach Kriegsende in Eile und mit wenig Geschmack wiederaufgebaut. Nur um den Ort, über dem die Bombe explodierte, wurde ein Park angelegt, in dem Denkmäler zum Frieden zwischen den Völkern aufrufen. Daneben ist Nagasaki auch als einstmals einziger internationaler Hafen im ansonsten abgeschotteten Japan bekannt. Eine französische Kirche und einige wenige weitere Gebäude im europäischen Stil zeugen davon.

    Hinter der Großstadt Kumamoto übernachten wir bei Attila und Sayuri, einem ungarisch-japanischen Pärchen, das Attilas französischen Sohn Ben aufzieht. Der Neunjährige ist seit einem Jahr in Japan und spricht, soweit wir das einschätzen können, bereits ziemlich gut Japanisch. Attila hat in Frankreich in der Fremdenlegion gedient und als Busfahrer gearbeitet, vor kurzem aber Sayuri kennengelernt und seine Liebe zu Brettspielen entdeckt. Nun ist er ihr nach Japan gefolgt und hat hier prompt ein Brettspielecafé eröffnet. Noch fremdeln die meisten Bewohner:innen der japanischen Provinz mit diesem Konzept, doch als wir uns gerade auf ein gemeinsames Spiel vorbereiten, kommt ein Nachbar vorbei, der im Ruhestand Englisch lernt und seit kurzem ebenfalls begeisterter Brettspieler geworden ist.

    Auch wenn wir es nicht aktiv vermisst haben, macht es auf Anhieb wieder Spaß, Fantasiestädte zu bauen und den Abendverlauf in die Hand der Spielkarten zu legen. Wir entdecken sogar ein Spiel mit Fahrrädern und radeln ganz anstrengungslos ein bisschen um die Wette. Dazu gibt es französische Crêpes mit Kaffee und Abends kochen wir für alle Kartoffeln mit Ratatouille und Spiegelei.
    Læs mere