• Heilige Rehe und Papierkraniche

    12–14 de nov. 2023, Japão ⋅ ⛅ 13 °C

    Nach der kurzen Runde durch Kyushu bringt uns eine Fähre auf die größte Insel Japans, Honshu. Landschaftlich ist diese zunächst recht ähnlich, sobald wir allerdings nicht mehr direkt an der Küste fahren, führt uns der Weg durch dichte Bambuswälder, deren riesige Halme am Wegesrand Richtung Himmel ragen.

    Wir nehmen Kurs auf Hiroshima, doch schon kurz vor der Stadt wartet eine Sehenswürdigkeit auf uns, die die Titelseite so manches Japan-Reiseführers ziert: Der Itsukushima-Schrein mit seinem berühmten Tor, das vor der Insel im Wasser steht. Das imposante Tor mit der leuchtend roten Farbe ist ein echter Hingucker und zieht tagsüber sehr viele Tourist:innen an. Auch andere Shintoschreine leuchten in dem gleichen Farbton "Japanrot", der extra von der Firma Osmo in Warendorf im Münsterland hergestellt wird.

    Der Schrein steht auf (bzw. vor) der Insel Miyajima, auf der neben den rund 2000 Einwohner:innen auch beinahe genau so viele Rehe leben. Diese galten einst als Boten der Götter. Wir haben einen Tipp bekommen und fahren hinter dem Schrein über einen Trampelpfad auf eine kleine Landzunge. Dort sind wir alleine und können in aller Ruhe das Tor und die Menschen, die sich dahinter gruppieren, bestaunen. Als wir dort am nächsten Morgen aufwachen, wird das Zelt schon von neugierigen Rehen beäugt. Dankenswerterweise lassen sie uns und unsere Vorräte unbehelligt. Gegen den Strom der ankommenden Tagesausflügler:innen machen wir uns auf dem Weg zur Fähre zurück ans Festland.

    In Hiroshima gibt es, ähnlich wie bereits in Nagasaki, viel Raum zum Andenken an die Expolsion der Atombombe. Im Friedenspark wirkt die berühmte Kuppel einer ehemaligen Fabrikhalle nahe des Einschlagsortes auch bei schönstem Wetter düster. Das Gebäude blieb als eines der wenigen in der Stadt stehen, da die Bombe fast senkrecht über ihm explodierte und die Mauern die vertikale Energie abfedern konnten. Das Museum selbst erfreut sich größten Andrangs - wir stehen in langen Schlangen vor den Exponaten, die eindrücklich veranschaulichen, wie die Bombe die Stadt komplett zerstörte und zehntausende Menschen entweder direkt tötete, verbrannte oder so verstrahlte, dass sie innerhalb der nächsten Wochen, Monate und Jahre starben.

    Berühmt ist besonders die Geschichte von Sadako Sasaki, die erst 1955 an Leukämie erkrankte und, in der Hoffnung auf Genesung einer alten Legende folgend, 1000 Origami-Kraniche faltete. Ihr persönlich haben die Kraniche leider nicht nachhaltig geholfen, sie erlag ihrer Krankheit noch im selben Jahr im Alter von 12 Jahren. Doch durch ihren Einsatz hat sie mit den Kranichen ein Symbol für die Hoffnung auf Frieden geschaffen, das bis heute berührt und weltweit wirkt.

    Doch der Tag in Hiroshima hat für uns auch frohsinnigere Seiten zu bieten: Wir finden endlich ein passendes Hinterrad für Rebeccas Fahrrad, das dann schnell eingebaut wird, bevor es für uns wieder aus der Stadt herausgeht. Mit der letzten Fähre setzen wir auf die vorgelagerte Insel Etajima über. Dort entkommen wir schlagartig dem Trubel der Stadt und können unser Zelt - mal wieder - an einem einsamen Strand aufschlagen.
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