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  • Day 145–150

    Armin von der Straße

    December 8, 2023 in Armenia ⋅ ⛅ 8 °C

    Früh Morgens machen wir uns auf den Weg weiter an den Sewan-See entlang nach Sevan. Vorher schnell noch Haferflocken mit Obst zum Frühstück und Tee für die Fahrt.

    Wir befinden uns gerade auf über 1300 Meter im Dezember, die Luft ist klar und frisch und es sind Temperaturen um den Gefrierpunkt. Aus der Ferne blinzeln die schneebedeckten Spitzen der Berge 🏔️.

    Dilijan liegt im Tal komplett umschlossen 2000-3000 Felsmassiven, man fühlt sich klein. Dabei wechseln sich Wälder mit Eichen, Buchen und Fichten mit kahlen Steinformationen und grüngelblichen Gras und Stäuchern ab.

    In Sevan fährt ein Bus immer im Kreis, weil der Ort sich über mehrere Kilometer zieht. Der Bus fährt alle 30 Minuten und wir warten zusammen mit weiteren und hoffen, dass der letzte Bus vor 30 Minuten kam (es gibt keine Pläne). Wir quetschen uns mit unseren sperrigen Rucksäcken zwischen Berufspendler:innen und Schüler:innen. Angekommen müssen wir für den Kleintransporter ein Ticket kaufen, welches handschriftlich im Buch notiert und uns mit einem Schnipsel bestätigt wird, einfach und überschaubar. Leider ist der erste Matruschka (Mini-Bus) ausgebucht und wir trampen auf gut Glück.

    Sofort hält Gamel an, ein Handwerker mit Leiter, Schaufel und Gipssäcken im Auto. Die Gastfreundschaft ist einfach riesig, als wir ihm beim Stop an einer Raststätte auf ein Kaffee einladen wollen, wird er sauer und besteht drauf das er uns einlädt. Später hält er für uns noch an einem Aussichtspunkt. Um, nachdem er uns rauslässt, mit Blick auf die Uhr mit quietschenden Reifen losdüst.

    Sevan‘s Anblick passt zum Wetter am Morgen, es ist erst 10 Uhr (Armenien ist so klein wie Hessen) und noch liegt Feuchte und Nebel über der Stadt. Es ist ein grau in grau: farblose Häuser, alte verlassene Industrieruinen, nackte Hochhausblöcke aus der Sowjetzeit, rauchende dunkelgekleidete Männergruppen (wenig Arbeit und sehr viele Taxifahrer), streunende Hunderudel und kaputte Straße und Gehwege. Dafür ist Nina unsere Vermietern umso wärmer und sammelt uns ein, weil die Adresse falsch angegeben ist. Da wir keine SIM-Karte gekauft haben, helfen uns meist Leute auf der Straße weiter, die kennen sich eigentlich immer. Was für eine gute Gemeinschaft und wenig Veränderung steht.

    Da kein Bus zu der kleinen Käsefarm am See fährt, welche uns Dimitri im Nachtzug von Tiflis nach Jerewan empfohlen hat, trampen wir wieder. Erst nimmt uns ein alter Herr mit und anschließend ein junger Armenier, der sich fragt was wir in dem anspannenden Ort wollen. Die Farm ist großartig, ein Pärchen aus Finanzanalyst und Chemikerin kreiert seit acht Jahren Käse. Milchkäse mit Rotwein, CognacKäse der 180 Tage täglich eingerieben wird, Tonfasskäse mit Bergkräutern und ein paar mehr.

    Auf dem Rückweg treffen wir noch ein Deutsch-Französisches Paar aus Berlin mit Hund Achim, den sie auf der Straße gefunden und adoptiert haben. Zum Abschluss des Tages sitzen wir im gemütlichen Wohnzimmer bei Nina und Yura mit bestem Congnac, tauschen Bilder und Familiengeschichten aus (so gut der Translator es zulässt) und prallen bei Politik auf eine andere Welt. Eine Welt aus alten Zeiten vom russischen Fernsehen geprägt und mit einer ordentlichen Portion Hass gegenüber Aserbaidschan.

    Am nächsten Morgen fahren wir weiter bis nach Garni, um dort einen römischen Tempel, wunderschöne Basaltsäulen und ein abgelegenes historisches Kloster zu bestaunen. Auf dem Weg begegnen wir sehr gastfreundlichen Menschen, die noch traditionell und einfach auf dem Land leben. Ein toller und intensiver Einblick.

    In Tatev wird dieses Eintauchen noch intensiver. Unsere Vermietern hat uns am Abend zum Essen eingeladen. Es sind auch Freunde gekommen und es gibt deftige und solide Küche und viel Wein und Cognac. Später zocken uns die Freunde beim Bingo unser letztes Kleingeld ab und wir haben einen wundervollen und sehr herzlichen Abend zusammen. Tatev ist klein und versteckt in den Bergen gelegen und von diesen umschlossen.

    Wir wandern hier ein wenig, fahren mit einer der längsten Seilbahnen der Welt und erkunden die alte Klosteranlage von Tatev. Ganz alleine und ohne weitere Touristen, es ist auch neblig, kalt und Nebensaison.

    Armenien hat uns total überrascht mit seiner Ehrlichkeit, seinem Nationalstolz, seiner bewegenden Vergangenheit, seiner künstlerischen Ader und vor Allem mit super sympathischen Menschen. Seine versteckte Lage und unbekannte Schönheit macht ein ganz anderes Erleben möglich für uns.
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