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  • Day 187–191

    Duschanbe – Olé

    January 19 in Tajikistan ⋅ ☁️ 3 °C

    Jens und ich laufen über die Brücke von Kunduz in Afghanistan nach Tadschikistan (die usbekische Grenze ist geschlossen). Es war eine wilde Fahrt über den Hindukusch von Kabul aus und die Grenzkontrolle auf der afghanischen Seite ist die bisher heftigste – zumindest, was das Durchsuchen angeht. Ich bin gerade richtig in Fahrt, mich über die unverschämte Zollbeamtin aufzuregen, da treffen wir auf der anderen Seite des Amudarja Flusses auf den ersten tadschikischen Grenzbeamten. Und auf meine Frage, ob ich in diesem Land noch mein Kopftuch tragen müsse (es ist schließlich auch ein muslimisches Land), sagt der Mann die wunderbaren Worte:

    „You can wear anything you want, Miss.“

    Ich kann anziehen, was ich will. Dafür würde ich ihn am liebsten umarmen und herzen. Doch das lass ich dann doch lieber. Denn auch hier ist die Grenzkontrolle strenger als bisher, was vor allem an der Angst vor Drogenschmuggel liegt.

    Mit uns versucht eine Familie mit drei Kindern auszureisen. Der Vater ist sichtlich ergriffen von dem Moment. Er hatte ein gut laufendes Unternehmen mit medizinischen Geräten in Afghanistan. Doch seit die Taliban an der Macht sind, geht nichts mehr. Und er will eine bessere Zukunft für seine Kinder. Sie stehen ganz am Anfang eines langen Weges…und obwohl wir direkt nach der Grenze über zwei Stunden auf die Abfahrt des Sammeltaxis warten, sehen wir die Familie nicht mehr.

    Gerne würde ich mehr erzählen über das kleine Land mit den knapp 10 Mio. Einwohnern, die seit 1994 von einem Präsidenten regiert werden, der heißt wie ein wütendes Pokémon. Rahmanov regiert hier mit harter Hand. Sein Konterfei thront in jedem Ort dieses Landes und seine Selbstverliebtheit und Größenwahn sind überall zu spüren. Seine Nachfolge ist auch bereits geklärt, es wird sein Sohn...

    Eine nur kleine Wirtschaft mit wenig kostbare Bodenschätze führt dazu, dass jeder Dritte (natürlich vorwiegend Männer) der Bevölkerung als Gastarbeiter in Russland oder einem der Arabischen Emirate tätig ist.
    Hier gibt es fruchtbare Ebenen, die Hälfte des Landes liegt über 3000m hoch, man kann wunderbar wandern und in der Hauptstadt Duschanbe hat der Präsident sich nicht nur den derzeit höchsten Flaggenmast errichten lassen, auch sonst protzt und prunkt es überall: Freitagsmoschee (bis vor Kurzem die größte in Mittelasien), Nationalbibliothek, Navruzpalast und der gigantische Unabhängigkeitsturm sind nur ein paar der monumentalen Gebäude, die hier in den letzten Jahren entstanden sind.

    Doch von all dem bekomme wir nicht viel mit. Die meiste Zeit verbringe ich damit, mich und alles zu waschen…und gemeinsam verarbeiten wir, was wir in den letzten Wochen erlebt haben.

    Ich kann das alles nicht fassen.
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